Rache ist ein Gericht, das am besten bayrisch serviert wird. Der Last-Minute-Siegestreffer von Letztjahres-Buhmann Robben ausgerechnet gegen Erzfeind Dortmund im Champions-League-Finale, sowie der Last-Minute-Ausgleich mit Elfmeter-K.O.-Sieg gegen Letztjahres-Trauma Chelsea im Supercup lassen alle Bayern-Fans wieder an einen Fußballgott glauben -- und den Rest der Fußballbegeisterten an den Herrn der Finsternis. Auf jeden Fall darf sich die Bundesliga mit diesem rein deutschen Finale im Konzert der großen vier Ligen und der UEFA Champions League wieder als jemand fühlen. Das wird sich doch sicher in Konamis neuester Fußballsimulation, Pro Evolution Soccer 2014, wiederspiegeln, oder?
Doch Pustekuchen: Kloppos Dortmunder gibt es wie 15 andere Bundesliga-Temas gleich gar nicht, stattdessen wenigstens Schalke 04 und Bayer Leverkusen, über deren mittelprächtige Bewertungen sich immerhin trefflich streiten lässt. Ein Blick in den Kader der obligatorischen Bayern sorgt dagegen für Stirnrunzeln. Gut, im Schnitt sind sie tatsächlich stärker geworden. Aber kann es mit rechten Dingen zugehen, wenn die Bankdrücker wie Pizarro (88) und van Buyten (87) Spieler wie Lahm (85), Müller (82) oder Dante (82) an Gesamtspielstärke übertrumpfen und Ribery (92) gegenüber dem Vorjahr etwas abgewertet wird?
So gänzlich klappt uns dann die Kinnlade runter, wenn wir beispielsweise den Kader von Juventus Turin untersuchen. Zur Erinnerung: Der FCB hatte die Italiener im letzten Champions-League-Viertelfinale in der Summe mit 0:4 abgefertigt. Und doch ist die alte Dame quer durch die Bank im Schnitt mehrere Punkte über den Bayern angesetzt. Und das seit 2010 eher dahin siechende Inter Mailand darf sich über satte 92 Punkte für den lahmenden Diego Milito freuen. Vor diesem Hintergrund darf man dann die Wertungen für Schalke und Bayer schon fast als Frechheit sehen. Wie seit Jahren werden vor allem die italienischen Clubs nahezu grotesk überbewertet.
Fox-befeuert
Die Stärken-Problematik ist eine schlechte Tradition der Serie, erfreulicherweise werden aber auch gute bei PES 2014 fortgesetzt. PES wird seit dem 2010er Arcade-Ausrutscher Jahr für Jahr wieder realistischer. Und das ändert sich auch in diesem Jahr nicht. Das liegt vor allem an der neuen Engine, denn unter der Haube werkelt die von Hideo Kojima mitentwickelte Fox-Engine. Dieses Jahr wirkt der Spielfluss wieder einen Tick gedrosselter, die Spieler haben so mehr taktische Möglichkeiten und das Ganze wirkt so mehr wie auf echten Fußballplätzen. An vielen kleinen Stellschrauben hat Konami auch die Steuerung der elf Kicker verbessert.
So dürfen wir die Sprinttaste im Gegensatz zum Vorgänger nur noch sehr dosiert anwenden, da ansonsten der Ball unerreichbar verspringt. Die strengeren Timings bei Ballannahme, Dribbling, Zweikampf und Schuss verlangen zudem mehr Übung. Und mit dem rechten Stick können wir nun Körperbewegungen durchführen wie Antäuschen oder Schulterrempeln. Das klappt flüssig und gut, setzt aber genaues Timing voraus, denn ein Rempler neben den allein aufs Tor zulaufenden Gegenspieler kann katastrophale Folgen haben.
Die aus der 2013er-Version bekannte und viel genutzte Off-the-Ball-Steuerung gibt es zum Glück aber immer noch, wir müssen lediglich zusätzlich den linken Trigger halten. Einsteiger freuen sich hingegen über auf Wunsch zuschaltbare Hilfen wie Flugbahnprojektionen bei Standardsituationen oder Pass- und Zielhilfen. Aber auch mit Helferlein muss jede Aktion korrekt ausgeführt werden, nichts geht vollautomatisch, das macht diese Hilfen zwar nützlich, aber nicht übermächtig - bei einem perfekt ausgeführten Freistoß mit Zielhilfen klingelt es also nicht automatisch im Kasten. Und den Fußballgöttern sei Dank: Konami scheint die Superstars wieder etwas entschärft zu haben.
Vor allem beliebte Exploits wie Flatterballfreistöße aus 50+ Metern von Stars wie Ronaldo, Ibrahimovic oder Pirlo dürften in der Form kaum noch fallen. Auch der Anstoss-Hoher-Steilpass-Trick funktionierte in unserem Test nicht mehr. Für Steilpässe gibt's jetzt übrigens eine neue (abschaltbare) Anzeige, die erkennen lässt, in welchen Bereich die Kulle gespielt wird.
Taktische Finessen und KI-Aussetzer
Auf taktischer Ebene bietet Pro Evolution Soccer 2014 ebenfalls eine hübsche Neuerung. Wir können für drei von elf vorgegebenen Spielfeldzonen Standardkombinationen festlegen (vom einfach Kreuzen bis zu komplexeren Manövern), die wir im Spiel durch zweifaches Tippen des linken Triggers jederzeit auslösen können. Angehende Trainer in der DFB-Ausbildung oder Profitaktik-Blogger wie Spielverlagerung.de dürften über die Auswahl zwar nur müde lächeln, aber so können wir immerhin über die Off-the-Ball-Steuerung hinaus weiter Einfluss auf das Verhalten unser KI-Mitspieler nehmen.
Denn wie bereits im Vorgänger - und hiermit wären wir wieder bei den schlechten Traditionen - ist weniger die gut abgestufte Gegner-KI ein Problem, sondern eher die der eigenen Mitspieler. Immer wieder kommt es zu kleinen und oft unerklärbaren Patzern.
So dreht eine komplette Viererkette sich schon mal vom Spielgeschehen ab, nur weil der eigene Torwart bereits herausstürmt. Dass dieser aber gerne mal patzt und so einem gegnerischen Stürmer das Tor auf dem Silbertablett serviert, scheint in den Überlegungen der Abwehrspieler keine Rolle zu spielen. Und Spieler, die sich nicht komplett auf das manuelle Passen verlegen, wundern sich immer wieder mal über von der Passautomatik fehlgeleitete Pässe oder ungünstige Laufwege der Anspielpartner.
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