Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen: Im Oktober 1999 liege ich auf meinem Bett und schaue gebannt auf den graugrünen Bildschirm meines Game Boy, im Modulschacht steckt seit Tagen ununterbrochen Pokémon Rot.
Täglich verharre ich stundenlang in unbequemer Bauchlage, doch die suchterregende Jagd nach den Taschenmonstern lindert jegliche Nackenschmerzen. Das ist nun schon 17 Jahre her - und wenn wir ehrlich sind, hat sich die Pokémon-Serie seitdem zwar kontinuierlich weiterentwickelt, die Grundformel blieb jedoch unangetastet.
Auch in Pokémon Sonne & Mond starte ich als junger Trainer, mache erste Erfahrungen im hohen Gras, kämpfe ständig gegen einen Nachbarn aus dem Heimatdorf und besiege nebenbei Arenaleiter, um der »Allerbeste« zu werden. Das ist das Fundament, auf dem jedes Pokémon-Spiel fußt.
Die zwei Editionen
Pokémon Sonne und Mond unterscheiden sich nur in Nuancen voneinander, etwa im Vorkommen einzelner Pokémon. Der größte Unterschied ist die Zeitverschiebung: Während in Pokémon Sonne tagsüber tatsächlich die Sonne scheint und abends die Nacht einbricht, ist es bei Pokémon Mond umgekehrt. Am Tag spielt ihr bei der Mond-Version also im virtuellen Dunkeln. Für den Test haben wir Pokémon Sonne gespielt.
In den bisher erschienenen Serienteilen gab's immer mal wieder kleine und größere Neuerungen wie einen Challenge-Modus, dauerhafte TMs oder die Mega-Evolutionen, doch erst Pokémon Sonne & Mond spinnt all diese Ideen zu einem harmonischen Ganzen zusammen - und erreicht somit endlich die nächste Entwicklungsstufe.
Auch erzählerisch stark
Obwohl die Rahmenhandlung eines Pokémon-Spiels normalerweise auf den Zehennagel von Pikachu passt und daher keiner Erwähnung bedarf, muss ich gestehen, dass die Geschichte von Pokémon Sonne & Mond überraschend neugierig macht.
Auf Mele-Mele, der ersten von vier Inseln der neuen Alola-Region, treffe ich nämlich auf die geheimnisvolle Lilly, die ein seltsames Pokémon in ihrer Sporttasche versteckt und, wie sie mir später erzählt, ohne Erinnerungen angespült am Strand gefunden wurde.
Interessant:Pokémon Sonne & Mond für Nintendo Switch
Als Assistentin begleitet sie mich durch das gesamte Spiel, wobei sie hin und wieder Teile ihrer Hintergrundgeschichte preisgibt. Neben der typischen Sammeljagd-Suchtspirale spiele ich allein deshalb weiter, weil ich wissen will, was es mit Lilly und ihrem Geheimnis auf sich hat - was ich nie von einem Pokémon-Spiel gedacht hätte.
Auch den neuen, deutlich jüngeren Professor Kukui habe ich in mein Herz geschlossen, ebenso wie Kali, den zweiten Trainer aus dem Startgebiet - eine Frohnatur, die selbst dann noch vor Freude strahlt, wenn ich zum zehnten Mal seine Taschenmonster besiegt habe.
Die drei pöbelnden Mitglieder von Team Skull, die in Pokémon Sonne & Mond das erste Mal als Gegenspieler auftauchen, sind hingegen Geschmackssache. Die pseudocoolen »Yo, Bro«-Sprüche kann man zwar affig finden, ich sehe sie hingegen als ironisch überzeichnete Form heutiger »Schulhof-Gangster« und konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Ob man sie nun aber mag oder nicht: Viele Figuren sind so markant, dass sie sich deutlich von den NPC-Abziehbildern anderer Teile abheben.
Die Arenen haben ausgedient
Dass so viel mehr Charakter im neuen Pokémon steckt, ist aber auch den Arenaleitern zu verdanken. Wobei Arenaleiter eigentlich das falsche Wort ist, weil es keine Arenen mehr gibt. Die Entwickler haben die »Gyms« komplett gestrichen und durch die neuen Inselprüfungen ersetzt.
Auf den Inseln Akala, Ula-Ula und Poni gibt es mehrere dieser Herausforderungen, die mir mal am Strand, mal im Wald und mal in einer Mine mein Geschick in Gefechten, Rätseln und Minispielen abverlangen. Da suche ich beispielsweise Zutaten, um ein Pokémon anzulocken, vertreibe Digdas aus einer Höhle, knipse Bilder mit meiner Kamera oder »dirigiere« einen Knogga-Tanz.
Am Ende dieser Tests wartet noch ein besonders knackiger Kampf gegen ein sogenanntes Herrscher-Pokémon. Spannend: Diese »Bossgegegner« können jederzeit ein weiteres Pokémon als Verstärkung rufen, was in einem 1vs2- oder gar 2vs2-Gefecht resultiert.
Die Inselprüfungen sind jedoch nur ein kleiner Vorgeschmack auf die große Prüfung, bei der ich gegen den Insel-Anführer persönlich antrete, um anschließend ein Stempel in meinen Trainer-Pass gedrückt sowie die Erlaubnis zu bekommen, zum nächsten Eiland zu schippern.
So kloppe ich mich motiviert durch Wälder und Friedhöfe, erklimme Vulkanberge und Wiesenhügel, schwimme durch Seen und Tümpel. Die wunderschönen neuen Alola-Regionen, die erstmals in richtigem 3D gestaltet sind, sorgen zusammen mit den neuen Prüfungen wie eine frische Meeresbrise - ein Fundament, auf das Game Freak in Zukunft gerne aufbauen darf.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.