Monster! Umzingelt von Monstern! Geisterhafte Gestalten kreisen um unseren Helden Kagachi: wabernde Nachtfalter, Pinguine mit Kristallen auf dem Kopf und glühende Käfer. Als Wächter muss Kagachi diese Kreaturen neutralisieren. Sie stören das Gleichgewicht zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Also metzelt sich Kagachi durch Gegnermassen, und zwar in beiden Welten, denn als Wächter kann er zwischen ihnen wechseln.
Gleichzeitig ist es seine Aufgabe, verlorene Seelen zu retten, die den nächsten Schritt zur Wiedergeburt nicht schaffen. Das macht er mit sorgsam gewählten Worten in Dialogen mit den Geistern. Dieser Kontrast zwischen Hack'n'Slay und nachdenklicher Geschichte macht Oninaki zu einem sonderbaren Action-JRPG.
Schwere Kost
Trauer, Suizid und Nekromantie -- bereits ab der ersten Minute ist unmissverständlich klar: Das Kernthema von Oninaki ist der Tod. Die Bewohner von Kagachis Welt wissen von der Wiedergeburt, aber können nicht wirklich damit umgehen. Mehrere Parteien stiften obendrein Verunsicherung: Die Politik nutzt zum Beispiel die Angst vor einem unerfüllten Leben aus und setzt scharfe Gesetze durch. Gleichzeitig bilden sich Selbstmord-Sekten, die auch ahnungslose Kinder in den Tod reißen. Ja, das ist starker Tobak. Optisch sieht Oninaki zwar wie ein leichtfüßiges JRPG aus, aber das täuscht gewaltig.
Lobenswert: Die Autoren gehen respektvoll mit den schwierigen Themen um. Keine Effekthascherei, keine expliziten Gewaltszenen, aber auch keine Scheu vor unangenehmen Fragen. Inspiriert ist das Spiel vom japanischen Obon-Fest zur Ehrung der Verstorbenen. Daher erinnert das Jenseits mit seinen fluoreszierenden Farben an die Laternen des Festes. Auch wenn viele Nebencharaktere blass bleiben, ist die tolle Geschichte die größte Stärke von Oninaki. Sie ist zunächst episodenhaft aufgebaut, schlägt nach einer Zeit aber einen großen Bogen.
Besessen von Daemonen
Kämpfe machen jedoch den Großteil des Spiels aus. Kagachi kann auf die Hilfe von sogenannten Dämonen zurückgreifen. Das sind wiedererweckte Seelen, die dem Wächter ihre Kräfte leihen. Wird Kagachi von einem Dämon besessen, übernimmt er dessen Waffen, Fertigkeiten und körperliche Eigenschaften. Das klingt abgefahren, fühlt sich aber prinzipiell wie das rollenspiel-ttypische Anlegen von Ausrüstung an.
Das gilt auch für die Talentbäume der Dämonen, von denen jeder einen eigenen hat. Dort schaltet man Sonderfertigkeiten (Wirbelangriff, Sprintattacke etc.) frei, von denen man sich vier auf die Tasten des Controllers legen kann. Außerdem verbergen sich dort Erinnerungssequenzen an das vergangene Leben der Dämonen. Das gibt ihnen Persönlichkeit und sie sind dadurch doch etwas mehr als bloße Ausrüstung. Denn viele ihrer Geschichten sind berührend, auch wenn das eine oder andere Klischee nicht ausbleibt.
Bis zu vier Daemonen holt Kagachi sich in die Party, zwischen denen man jederzeit während des Kampfgeschehens wechseln kann. Im Laufe des gut 35 Stunden langen Abenteuers schließen sich weitere an, die sich allesamt sehr unterschiedlich spielen. Die adelige Dio bringt zum Beispiel zwei Schusswaffen mit.
Mit ihr kämpft es sich besser aus der Distanz. Ihr gegenüber steht der jugendliche Wil, der Monster aus direkter Nähe mit der schweren Axt zertrümmert. Durch ihn wird Kagachi allerdings langsamer und braucht lange zum Ausholen. Steckt Kagachi Treffer ein, fühlt sich eine Anzeige für einen Rage-Modus. Einmal aktiviert ist er für ein paar Sekunden stärker.
Wechselspiel
Neben der Massenklopper-Action in weitläufigen, aber abgegrenzten Arealen gibt es Adventure-Sequenzen. Die in sich geschlossenen Handlungsorte erreicht man über eine Landkarte, wobei sich die meisten NPCs in der Hauptstadt tummeln. Nicht jeder davon lebt, um mit den Toten zu sprechen, muss Kagachi ins Jenseits wechseln. Das ist ohnehin öfter nötig, weil kleine Hindernisse im Weg stehen. Abgründe oder versperrte Wege in der Welt der Lebenden lassen sich auf diese Weise überwinden.
Besondere Puzzles gibt es in den linearen Arealen aber nicht, womit die Wechsel-Mechanik ziemlich brach liegt. Man läuft einen Weg entlang und haut auf dem alles um. Ab und zu gibt's eine Schatzkiste. Mehr Erkundung geben die Gebiete nicht her.
Schwerfällig und träge
Der größte Stolperstein ist die Steuerung: Eingaben übernimmt das Spiel nur verzögert, für viele Aktionen müssen andere Animationsphasen erst vollständig beendet sein. Nach jedem Ausweichen und nach jeder Attacke gibt es eine kleine Pause, in der Kagachi nicht reagiert. Wolf-Dämon Zephyr friert nach einen Hechtsprung zum Beispiel für einen Moment ein - solche Stopper nehmen das Momentum aus den Kämpfen.
Das bessert sich allerdings, je mehr man aus dem Talentbaum freischaltet. Hochgezüchtete Dämonen machen sogar Spaß, vor allem weil das Trefferfeedback der Waffen stimmt. Aber dazu muss man erst eine anfängliche Durststrecke hinnehmen. Die wiederholt sich mit jedem neu gefundenen Dämon, was einen Tausch im späteren Spiel nicht gerade motivierend macht. Die träge Steuerung ist also eine bewusste Gamedesign-Entscheidung -- aber eine recht unglückliche.
Da sich einige Dungeons wiederholen, die Gegner nur Frontalangriffe kennen und es in der Umgebung nicht viel zu entdecken gibt, drohen im späteren Spiel öde Passagen. Durch die beißt man sich dann nur wegen der tollen Geschichte und starken Atmosphäre durch. Die Bosskämpfe sind immerhin ein Lichtblick: Es gibt alle zwei bis drei Stunden einen großen Kampf und visuell sind sie toll inszeniert. Vor allem gegen Ende ist viel Geschick nötig, um sie zu besiegen. Sollte Oninaki also wiedergeboren werden, wären zusätzlich zu den vorhandenen Tugenden wie Story und Atmosphäre mehr Abwechslung und besserer Spielfluss ein guter Vorsatz.
Unterschiede zwischen den Versionen
Technisch sind die Unterschiede nicht groß. Auf der Playstation 4 sieht Oninaki etwas schärfer aus als auf der Switch, aber auf beiden Plattformen läuft es stabil mit 30fps. Im Handheld-Modus der Switch ruckelt es nur selten. Ausnahme ist die Hauptstadt: Dort bricht die Framerate auf der Switch spürbar ein, sogar im Docked-Modus. Ärgerlich auf allen Konsolen: Beim Wechsel ins Jenseits gibt es manchmal eine Ladepause von einer Sekunde. 60 Bilder pro Sekunde und 4K gibt es unverständlicherweise nur auf dem PC.
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