Alles an Onimusha: Warlords wirkt alt. Die Grafik, die Steuerung, sogar die Rollenbilder. Natürlich, denn das Spiel erschien schließlich im Jahr 2001, als Capcom sein Survival-Horror-Imperium ausbreiten wollte. Damals feierte der Publisher große Erfolge mit Resident Evil. Aber wohin könnte man Horror noch verlagern, fragte man sich? Mit Dino Crisis ließ man bereits die Dinosaurier auferstehen. In Produktion befand sich auch Clock Tower 3, ein Horrorspiel mit starkem Fantasy-Einschlag.
Das nächste große Capcom-Spiel sollte uns aber ins feudale Japan entführen. Weg mit den Schusswaffen, her mit den Schwertern! Statt Zombies gibt es Dämonen. Die drohen nicht nur Japan zu überrennen, sondern entführen auch noch Prinzessin Yuki. Man schlüpft in die Rolle von Samurai Samanosuke, um die Dame aus der Gewalt der Monster zu retten.
Wieder greift Capcom auf vorgerenderte Hintergründe mit festen Kameraperspektiven zurück. Wieder gibt es ein großes Anwesen zum Erforschen, inklusive vieler Kämpfe und vertrackter Rätsel. Es ist diese narrensichere Mischung, die die goldene Ära des Survival-Horror bis Mitte der 2000er so reizvoll gemacht hat.
Ein gruseliges japanisches Schloss
Die Erforschung der Umgebung macht heute noch Spaß. Das liegt an der tollen Atmosphäre: Wie aus dem Nichts haben die dämonischen Monster das Schloss von Yuki überfallen. Samanosuke kommt aber zu spät und findet ein Blutbad vor. Überall liegen Leichen von Hausdienern und Leibwächtern herum. Die Spur der Zerstörung zeigt sich durch zerschmetterte Tore und Treppen.
Frei über das Gelände bewegen kann sich Samanosuke deshalb nicht. Er geht Umwege über Geheimgänge, Hinterhöfe und unterirdische Höhlen. In denen wird auch klar, dass die Dämonen bereits eine ganze Weile aktiv waren - heimlich und unentdeckt. Deshalb hat man immer das Gefühl, einem Mysterium auf der Spur zu sein. Ob Eingangshalle, Bibliothek oder Folterkammer: Jeder Raum hat seine eigene kleine Geschichte, die er rein über die Gestaltung erzählt.
Die Dämonen haben es sich zum Beispiel in einigen Bereichen schön gemütlich gemacht. Wände und Decken sind dort voll von glibberigem Schleim. Der versperrt sogar einige Türen. Samanosuke kann sie nur mithilfe von magischen Schwertern öffnen, die er im Laufe des Abenteuers erhält und gleichzeitig als Waffe nutzen kann. Sie ersetzen die klassischen Schlüssel. Versperrte Türen und Wege leiten den Spieler (indirekt) durch die Spielwelt, da er zu einem späteren Zeitpunkt mit dem richtigen Gegenstand zurückkehren muss.
Karten gibt es zwar, aber die sind nicht nötig, weil man die Umgebung auf organische Weise kennenlernt. Die Spielwelt von Onimusha: Warlords wirkt deshalb plausibel und nachvollziehbar.
Angriff aus dem toten Winkel
Hilfreich beim Lernen sind auch die einprägsamen Kameraperspektiven. Aber gleichzeitig bereiten sie einem wichtigen Spielelement Probleme: dem Nahkampf. Pfeil und Bogen, ja, sogar ein Gewehr gibt es, aber die Munition ist sehr knapp. Daher geht es den vielseitigen Dämonen hauptsächlich mit dem Schwert an den Kragen. Die meisten von ihnen tragen selbst Hiebwaffen, manche peitschen auch mit Tentakeln.
Allerdings geben sie vor ihrem Angriff keinen Laut von sich, um sich dem Spieler anzukündigen. Kein Kampfschrei, kein Grunzen, einfach Nichts. Das ist bei vielen Actionspielen eigentlich üblich, um neben einer einleitenden Animation ein akustisches Signal zu geben. Wenn also ein Gegner gerade nicht im Bild sichtbar ist, kann ein Hieb trotzdem ohne Vorwarnung treffen.
Das passiert meist bei Nahaufnahmen und ist frustrierend. Vor allem auf höheren Schwierigkeitsstufen, wenn selbst einfache Monster viel Schaden verursachen können. Also bleibt nichts weiter übrig, als beim Betreten eines neuen Bildes direkt in Abwehrstellung zu gehen. Samanosuke kann glücklicherweise die meisten Angriffe blocken.
Davon abgesehen funktioniert die Steuerung eigentlich wunderbar: Feinde lassen sich anvisieren und es gibt eine Seitwärtsbewegung, um sie zu umkreisen. Auch einen Satz nach hinten kann Samanosuke machen, um schweren Angriffen auszuweichen. Solange man alles durch eine günstige Kameraansicht im Blick hat, geht das super von der Hand. Vor allem, da man auf zwei Steuerungsvarianten Zugriff hat, ohne ins Optionsmenü gehen zu müssen.
Auf dem Digikreuz ist die klassische "Panzersteuerung" untergebracht: Ein Druck nach oben lässt den Charakter in die mit links und rechts gewählte Richtung laufen. Über den Analogstick wird Samanosukes Laufrichtung hingegen direkt von der aktuellen Kameraperspektive bestimmt. Beide Varianten bringen das Problem mit sich, dass man zunächst etwas irritiert ist, wenn sich die Steuerung durch eine unterschiedliche Kameraperspektive im nächsten Bildschirm schlagartig ändert.
Böse Seelen für einen guten Zweck
Samanosuke hat in seinem Panzerhandschuh einen Seelensauger eingebaut. Klingt seltsam, ist aber praktisch: Tötet er Kreaturen, hat er ein kleines Zeitfenster, um fliegende Geisterlichter einzusaugen. Die kann der fähige Kämpfer in Waffenupgrades investieren. Neben dem normalen Schwert gibt es im Laufe des Abenteuers drei magische Varianten. Als Sonderfähigkeit verschießen sie Blitze oder stehen in Flammen. Mit einem kleinen Wirbelsturm kann man Dämonen sogar von den Socken hauen. Das verbraucht aber magische Energie, die Samanosuke nur mit neuen Seelen regenerieren kann.
Das gilt auch für Lebensenergie, die als gelbliches Licht herumgeistert. All diese Seelen verschwinden nach ein paar Sekunden. Es ist also gutes Timing gefragt, um zwischen den Angriffen noch schnell den Handstaubsauger anzuwerfen. Timing ist generell ein gutes Stichwort für die Kämpfe: Kurz vor dem Stoß des Gegners kann Samanosuke einen tödlichen Schwerthieb ausführen. Für kurze Zeit spielt man auch seine Kollegin Kaede. Die Ninja-Dame ist zwar schwächer, aber dafür wesentlich flinker. Sie kann außerdem Dämonen hinterrücks mit ihrem Messer erledigen. Das sieht dann so elegant aus, wie in Samurai-Filmen, braucht aber etwas Übung.
Nicht gut gealtert
Onimusha: Warlords sieht man sein Alter auf allen Systemen trotz aufgehübschter Grafik deutlich an. Die vorgerenderten Hintergründe haben zwar einige Details, aber insgesamt sind die alten Vorlagen zu niedrig aufgelöst. Die grob wirkenden Polygonfiguren setzen sich deutlich von der Umgebung ab, anstatt mit ihr zu verschmelzen. Das liegt vor allem auch an dem schwachen Beleuchtungsystem: Es gibt zwar einen Schattenwurf bei den Charakteren, und Kerzen machen sich flackernd auf ihnen bemerkbar, doch das sieht man kaum. Stehen Samanosuke oder Kaede zum Beispiel im Schatten, sind sie nicht abgedunkelt.
Zum Vergleich kann man gut die Remaster vom Resident Evil-Remake oder Resident Evil Zero heranziehen. Sie verwenden das gleiche technische Prinzip, sehen aber durch ein besseres Beleuchtungssystem auch heute noch gut aus. Charaktere und Umgebung harmonieren dort wesentlich besser miteinander. Stimmung kommt bei Onimusha trotzdem auf, weil die Musik ungemein atmosphärisch ist und zur Epoche der frühen japanischen Historie passt.
Nur: So einprägsam wie in der Erstveröffentlichung ist sie nicht mehr. Damals war Mamoru Samuragochi als Musiker angegeben, aber ein Skandal brach aus, als der tatsächliche Komponist Takashi Niigaki bekannt wurde. Deshalb wurde die Musik komplett neu eingespielt. Und da man schon mal im Tonstudio war, wurden auch die (englischen) Sprachaufnahmen neu eingesprochen.
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