Putzige Helferlein
Das passive Kampfsystem aus dem Vorgänger, wo ihr quasi vom Rand der Arena Befehle an kleine Monster gegeben habt, ist passé. Trotzdem gibt es auch im zweiten Teil Hilfe von putzigen Kreaturen namens Gnuffies. Das sind kleine Geister, die jeweils einem Naturelement zugeordnet sind. Sie wuseln eigenständig in der Arena umher, machen sich aber mit einer Markierung auf dem Boden bemerkbar, sobald ihr sie aktivieren könnt. Sie helfen auf unterschiedliche Weise: Die einen bilden ein Schutzschild, die anderen bieten Heilung. Andere Gnuffies bauen sogar eine kleine Kanone auf und feuern damit auf die Feinde. Neue Varianten lassen sich mit Opfergaben aus kleinen Statuen herauslocken, die in den Schauplätzen verteilt (und teilweise gut versteckt) sind.
Wichtig ist obendrein der sogenannte Kampfequalizer. Über Schieberegler bestimmt ihr damit das Vorgehen eurer Party. Damit lassen sich zum Beispiel Resistenzen gegenüber bestimmten Elementen einstellen, wie etwa Feuer oder Gift. Körperliche Fähigkeiten (Geschwindigkeit vs. Schlagkraft) lassen sich damit ebenso bestimmen wie der verursachte Schaden an diversen Gegnertypen. Sogar das Loot-Drop-Glück könnt ihr damit begünstigen. Da alle Regler im Kampfequalizier wie Schalter funktionieren, darf man nicht einfach alles auf Anschlag stellen, sondern muss sich für gewisse Vorteile entscheiden. Sollen zum Beispiel schleimige oder feste Feinde besonders unter euren Hieben leiden? So wird verhindert, dass ihr zum unbesiegbaren Allround-Superkämpfer werdet. Für die Einstellungen sind jedoch Kampfpunkte nötig, die mit jedem weiteren Levelaufstieg gutgeschrieben werden. Natürlich nimmt auch die Ausrüstung der Helden Einfluss auf den Kampfverlauf. Unzählige Waffen und Rüstungen lassen sich nicht nur finden, sondern auch selber herstellen verbessern.
Krieg mit Knuddelfiguren
Soweit, so typisch JRPG. Ein frisches Element ist jedoch der Skirmish-Modus, der über militärische Fahnen auf der Oberweltkarte aufgerufen werden kann. Evan befehligt hier in RTS-Manier Soldaten, die sich in Massenschlachten dem Feind entgegenwerfen. Das funktioniert nach dem Stein-Schere-Papier-Konzept und macht den Erfolg vor allem auch von der Positionierung der Einheiten abhängig. Dabei drehen wir mit L1 und R1 die komplette Armee so, dass sie immer optimal zum Gegner steht. Bogenschützen haben zum Beispiel gegen Schwertkämpfer schlechte Karten und sollten eher nach hinten gedreht werden, können aber aus der Distanz Rückendeckung geben. Am schwierigsten ist in diesem Modus aber tatsächlich die Verwaltung der eigenen Militärpunkte, im Spiel "Einsatzmittel" genannt. Geschwächte Truppen könnt ihr damit wieder aufstocken und Spezialattacken wie den Luftangriff auslösen. Allerdings ist diese Ressource chronisch knapp und Haushalten lohnt sich.
Studio Ghibli
Das erste Ni No Kuni war eine Kooperation des Entwicklers Level-5 und Studio Ghibli. Mit Animes wie "Prinzessin Mononoke", "Chihiros Reise ins Zauberland" und "Mein Nachbar Totoro" hat das japanische Unternehmen weltweit Bekanntheit erlangt. Studio Ghibli ist für die Fortsetzung allerdings nicht mehr an Bord. Trotzdem konnten mit Charakterdesigner Yoshiyuki Momose und Komponist Joe Hisaishi zwei Schlüsselfiguren engagiert werden. Die beiden Künstler haben maßgeblich an vergangenen Ghibli-Werken mitgearbeitet und sorgen für einen vergleichbaren Flair mit malerischen Kulissen, meisterhafter Musik und liebevollen Charakteren.
Das eigene Königreich
Ein weiteres neues Element kommt nach etwa zehn Stunden Spielzeit durch den Aufbau des eigenen Königreichs hinzu. Als Namen dafür sucht sich Evan "Minapolis" aus. In diesem Modus kann er sich aus der Vogelperspektive durch die eigene Stadt bewegen, die im Verlauf des Abenteuers immer weiterwächst. Vom Thron aus darf Evan den Bau von neuen Einrichtungen befehlen und Bürger mit der Forschung in Bereichen wie Magie, Rüstungen, Gnuffie-Pflege oder Waffen beauftragen. Neue Bewohner rekrutiert Evan an den unterschiedlichsten Orten, indem er ihnen einen Gefallen tut oder einfach mit ihnen spricht. Auch Landwirtschaft ist möglich, um Materialien produzieren zu können, mit denen sich Aufrüstung verbessern lässt.
Damit die Wirtschaft im eigenen Königreich läuft, sind Kronen nötig. Das ist eine separate Währung, die nichts mit dem "normalen" Geld für Ausrüstung & Co gemein hat. Sie wird aus der Königskasse genommen, die sich am einfachsten als Bruttonationaleinkommen beschreiben lässt. Schuften die Bürger, füllt sich die Kasse. Fördern könnt ihr den Ertrag durch die Erfüllung von Nebenaufgaben, in denen ihr Einwohnern bei Problemen unter die Arme greift.
Die Königskasse füllt sich mit der Zeit immer weiter auf. Wer Geld braucht, muss also warten. Auch die Forschungsaufträge werden in Echtzeit abgearbeitet, lassen sich aber mit Kronen beschleunigen. Das wirkt auf den ersten Blick wie eine typische Free2Play-Mechanik, wir können aber Entwarnung geben. Ni No Kuni 2 hat keinen Echtgeld-Shop; es ist nicht möglich, anders als durch Warten und gutes Management an Kronen zu kommen.
Zwar lässt sich der Ort der Gebäude auf dem Gelände nicht selbst bestimmen, trotzdem ist der Ausbau des Königreichs ungeheuer motivierend. Alle Elemente des Rollenspiels sind unmittelbar mit Minapolis verbunden. Kümmert sich Evan vernünftig um seine Bürger und die Forschungseinrichtungen, entstehen Vorteile auf der Reise. Wer eine Gnuffiküche baut, kann fortan dort seine kleinen Begleiter verbessern und sogar neue "kochen". Die Progression im Spiel ist durch diesen Aufbauteil sofort sichtbar. Euer Erfolg bleibt also nicht bloß eine abstrakte Zahl neben der Levelanzeige, sondern er zeigt sich anhand einer üppigen Stadt.
Wie aus einem Guß
Die homogene Verbindung der unterschiedlichen Spielelemente ist das größte Kunststück von Ni No Kuni 2. Sie sind nicht nur ineinander verzahnt, sondern sorgen auch für viel Abwechslung. Ihr haltet euch nie zu lange mit einer Sache auf, sondern werdet in der spannend erzählten Hauptkampagne laufend mit neuen Komponenten überrascht. Monotonie ist ein Fremdwort für dieses Rollenspiel, vor allem da sich auch die wunderschön gestalteten Umgebungen stark voneinander unterscheiden.
Ein paar kleinere technische Makel gibt es jedoch. So stehen NPCs meistens wie in alten 16-Bit-JRPGs starr an einer Stelle herum, und auch beim Sounddesign wurde an manchen Hintergrundgeräuschen gespart. Das ist aber gar nicht schlimm, denn der einzigartige, bewundernswerte Grafikstil gleicht diese Schwächen locker wieder raus. Obwohl er auf Polygonen basiert, sieht er wie gezeichnet aus. Die kraftvolle Farbkomposition, die geschmeidigen Animationen, einfach die gesamte meisterhafte Ästhetik mutet wie eine Ghibli-Produktion an. Und das, obwohl es eigentlich gar keine ist. Lediglich die Bildschirmanzeigen entlarven es noch als Spiel, ansonsten könnte man es glatt mit einem Anime verwechseln.
Am Ende bleibt ein rundum empfehlenswertes Rollenspiel. Ni No Kuni 2 macht Spaß, verzaubert durch seinen malerischen Stil und regt sogar ein wenig zum Nachdenken an. Eine mehr als würdige Fortsetzung.
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