Metaphor: ReFantazio ist das neue RPG von Atlus, dem Studio hinter der Persona-Reihe. Persona 5 Royal gilt als eines der besten Rollenspiele aller Zeiten, dementsprechend hoch sind die Erwartungen an die neue Marke.
Vorher war nicht ganz klar, ob es sich bei Metaphor “nur” um ein Persona mit Fantasy-Setting oder doch etwas ganz Eigenes handelt. Im Test haben wir schnell bemerkt, dass “Persona mit Fantasy-Setting” gar nicht weit hergeholt ist.
Das “nur” streichen wir aber mit voller Überzeugung. Euch erwartet für PS5, Xbox Series X/S und PC nicht weniger als eines der besten Rollenspiele des Jahres!
Von Königen, Feen und der Demokratie
Die Geschichte von Metaphor: ReFantazio beginnt mit der Ermordung des Königs von Euchronia durch den mächtigen Louis. Nachdem auch der Prinz schon vor Jahren einem Mordanschlag zum Opfer gefallen war, steht das Königreich plötzlich ohne Führung da.
Die einen sehen in Louis einen Verräter, die anderen halten ihn für den Erlöser, der die Unterschiede zwischen den verschiedenen Stämmen aufheben wird.
Bevor es aber zur blutigen Auseinandersetzung um den Thron kommt, schreitet die besonders starke Magie des verstorbenen Königs ein, die dieser heimlich in seinem Testament gewirkt hat. Sie bestimmt, dass der nächste Anführer des Reiches durch einen Wettbewerb bestimmt werden soll. Jede*r im Land kann antreten und wer bis zu einem bestimmten Tag die meisten Unterstützer*innen gesammelt hat, darf den Thron besteigen.
Ihr übernehmt in diesem Fantasy-Universum mit leichten Steampunk-Elementen wie den schicken Läufern, mit denen die Thronanwärter durch die Welt reisen, die Rolle eines Elda-Jungen.
Die Elda sind ein unbeliebter Stamm, der in der Hierarchie ganz unten zu finden ist. Schnell findet ihr heraus, dass der Prinz noch am Leben ist, aber durch einen furchtbaren Fluch in ewigem Schlaf liegt.
Zusammen mit der Fee Gallica und einer Gruppe von Außenseiter*innen begebt ihr euch auf eine abenteuerliche Reise quer durchs gesamte Königreich, um den Fluch des Prinzen zu brechen, Louis das Handwerk zu legen und den Thron zu erobern.
Ohne zu viel zu verraten: Die Geschichte, die sich in den 80-100 Stunden entwickelt, ist DAS große Highlight von Metaphor: ReFantazio. Sie steckt voller überraschender Wendungen, ausgefallener Ideen und interessanten Charakteren.
Auch die Nebengeschichten, die ihr zusammen mit euren Begleiter*innen erlebt, sind allesamt richtig spannend geschrieben und sorgen dafür, dass über die komplette Spielzeit quasi nie Langeweile aufkommt.
Technik: Wir haben Metaphor: ReFantazio auf der PS5 getestet und hatten bis auf leichte Ruckler beim Speichern keine technischen Probleme. Grafik-Modi oder andere Einstellungsmöglichkeiten bezüglich der Technik gibt es nicht.
Ein Persona-like, das euch immer auf Trab hält
Wenn ihr eines oder mehrere der letzten “Persona”- oder “Shin Megami Tensei”-Spiele gespielt habt, dürftet ihr euch in Metaphor schnell zurechtfinden. Für alle anderen ein kurzer Überblick über das, was euch erwartet.
Die RPGs von Atlus sind gewissermaßen in zwei eigenständige Bereiche eingeteilt. Einerseits durchkämmt ihr Dungeons, kämpft in allerbester Rundentaktik-Manier gegen allerlei Monster, verbessert eure Charaktere und deren Ausrüstung und sucht nach Schätzen.
Der Rest des Spiels fühlt sich teilweise mehr wie eine Visual Novel als wie ein klassisches Rollenspiel an. Ihr verbringt Stunden damit, Dialoge zu lesen (von denen mehr vertont sind als in Persona 5: Royal, aber bei weitem nicht alle), schicke Anime-Cutscenes anzuschauen und zu entscheiden, wie ihr eure Zeit verbringt.
In Metaphor: Refantazio gibt es nämlich genau wie in den letzten RPGs von Atlus einen Kalender mit wichtigen Ereignissen. So habt ihr beispielsweise 10 Tage Zeit, um einen Dungeon abzuschließen, bevor ihr weiterreisen müsst, um rechtzeitig in der nächsten Stadt anzukommen. Wie ihr diese 10 Tage verbringt, ist aber euch überlassen.
Ihr könnt euch direkt in den Dungeon stürzen und die restlichen Tage damit verbringen, eure Freundschaften zu pflegen. Oder ihr arbeitet erst an den Beziehungen, schnappt euch dann vielleicht noch ein Kopfgeld (wobei ihr nebenbei eure Gruppe auflevelt) und erledigt den Dungeon erst auf den allerletzten Drücker.
Jede Aktion (bis auf das Einkaufen von Waffen, Rüstungen und Tränken bei verschiedenen Händler*innen) kostet dabei Zeit. Geht ihr in einen Dungeon, vergeht mindestens ein Tag, wenn er etwas weiter entfernt ist, auch mal zwei oder drei. Trefft ihr euch beispielsweise mit einem anderen Charakter, vergeht die Zeit vom Nachmittag bis zum Abend.
Durch diese Einteilung gibt es immer etwas zu tun und zudem wird ein klares Ziel vorgegeben, auf das ihr hinarbeitet. Dafür müsst ihr aber auch bereit sein, viel Zeit mit Lesen zu verbringen. Dauerhafte Action gibt es nicht, dafür lohnt es sich alleine wegen der vielen Geschichten dranzubleiben.
Die Kalendermechanik ist eines der Features, das die Persona-Spiele so fantastisch macht. Spielerisch funktioniert das in Metaphor ebenfalls hervorragend, es fühlt sich teilweise aber doch weniger organisch an als in Persona.
Schulferien oder Abschlussprüfungen eignen sich einfach sehr gut als Deadline und das Balancieren zwischen Schule und Freizeit kennt im Grunde jeder. Dass ich in einer Fantasy-Welt am Tag aber nur mit zwei Personen reden kann oder ich schon vorher weiß, dass erst in 10 Tagen etwas Schlimmes passiert, passt nicht so ganz zum Setting.
Feinste Rundentaktik mit neuen Möglichkeiten
Nur mit Gequatsche lässt sich aber natürlich kein Königreich retten und so greift ihr regelmäßig zu Schwert, Armbrust und Zauberstab, um die Angriffe von anderen Bewerber*innen oder fiesen Monstern wie Kobolden, Skeletten und vielem mehr abzuwehren.
Die Dungeons sind dabei abwechslungsreich gestaltet und auch, wenn sie nicht besonders weitläufig sind, werden Entdeckernaturen mit ein paar Extra-Schatzkisten belohnt.
Die Kämpfe laufen in Runden ab, pro Charakter gibt es einen Aktionspunkt. Dabei ist es besonders wichtig, die Stärken und Schwächen der Gegner herauszufinden und dann mit den richtigen Attacken und Aktionen zu reagieren. Manche Monster sind etwa resistent gegen Hieb- und Feuerattacken, dafür aber besonders anfällig bei Eisangriffen. Treffer auf Schwächen lohnen sich dabei doppelt, da ihr dadurch einen weiteren Aktionspunkt in der jeweiligen Runde erhaltet.
Je nach Dungeon und den darin vorkommenden Gegnern solltet ihr euer Team aus bis zu vier Figuren unterschiedlich zusammenstellen. Jeder Charakter kann dabei jede Klasse erlernen. Die Klassen heißen im Spiel Archetypen, sie ersetzen gewissermaßen die Personas aus den vorherigen Spielen und decken klassische Fantasy-Vorstellungen wie Krieger, Magier, Ritter, Heiler oder Dieb ab.
Jeder Archetyp wird einzeln mit jeder Figur aufgelevelt und von den meisten Archetypen gibt es stärkere Versionen, die nach Erreichen von Level 20 freigeschaltet werden. Die taktischen Möglichkeiten sind dadurch wirklich enorm und es braucht ein ordentliches Maß an Vorausplanung, wenn bestimmte Gruppenkonstellationen erreicht werden sollen.
Zudem gibt es auch noch Synergien zwischen einzelnen Archetypen, also besonders starke Aktionen, die die Aktionspunkte von gleich zwei Figuren aufbrauchen.
Spätestens mit Persona 5 Royal hat Atlus die Rundenkämpfe in der Bedienung, der Darstellung und im Ablauf weitgehend perfektioniert und auch in Metaphor: Refantazio machen sie unheimlich viel Spaß und lassen sich trotz der ausufernden Möglichkeiten immer gut steuern.
Eine angenehme Neuerung sind zudem die Echtzeitkämpfe in den Dungeons. Ihr könnt Monster angreifen und euch so einen handfesten Vorteil für die Rundenkämpfe erspielen. Deutlich schwächere Gegner werden sogar automatisch besiegt, was die Zahl von langweiligen, weil anspruchslosen Gefechten deutlich reduziert. Eine kleine, aber wirklich angenehme Verbesserung.
Accessibility und Sprachen
Metaphor: ReFantazio bietet nur wenige Einstellungsmöglichkeiten. Dabei kann etwa ausgewählt werden, ob Untertitel automatisch ablaufen sollen oder nicht.
Hilfestellungen gibt es ansonsten nicht, dafür einen besonders einfachen Spielmodus, in dem ihr nicht sterben könnt. Die Sprachausgabe ist auf Englisch und Japanisch verfügbar. Alle Texte können auch in Deutsch angezeigt werden.
Stylische Präsentation, die technische Schwächen (fast) vergessen macht
Wenn ihr die Screenshots gesehen habt, dürfte euch aufgefallen sein, wie stylisch Metaphor: ReFantazio aussieht. Die Menüs, die UI, die gesamte Präsentation ist auf einem extrem hohen Niveau. Auch die Musik ist richtig episch und untermalt das Geschehen auf angenehme Art und Weise.
Die Anime-Zwischensequenzen könnten genauso auch als Serie laufen, das ganze Universum wirkt wie aus einem Guss und steckt voller spannender Ideen, die noch über die Fantasy-Demokratie-Thematik hinausgehen.
Auch das Design der Charaktere, Gegner, Städte und Umgebungen ist wirklich gelungen. Rein stylistisch kommt Metaphor nicht ganz an den einzigartigen Look und Klang von Persona 5 Royal heran, das ist aber Kritik auf sehr hohem Niveau.
Das alles macht auch technische Schwächen wie immer gleiche und ziemlich simple Animationen, statische Hintergründe oder die zu großen Teilen fehlende Sprachausgabe größtenteils wett.
Genau das konnte man allerdings auch schon über Persona 5 und Shin Megami Tensei 5 sagen. Der Stil ist hervorragend, aber langsam ist es doch an der Zeit, dass Atlus ein paar Schritte in die Zukunft macht. Eine neue oder zumindest überarbeitete Engine könnte belebtere Straßen, größere Gebiete und umfangreichere Dungeons ermöglichen.
Nochmal: Metaphor: ReFantazio sieht alles andere als schlecht aus. Vom Stil her bietet es sogar mehr Persönlichkeit als die allermeisten anderen Spiele. Die PS5-Version könnte aber gefühlt genauso auf der Nintendo Switch laufen, ohne dort optisch besonders herauszustechen. Da ist 2024 einfach deutlich mehr drin. Vielleicht dann ja in Persona 6 oder Metaphor 2, auf das wir uns nach diesem Einstand wirklich freuen würden.
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