Welchen Abenteuern sich das allseits beliebte Taschenmonster-Maskottchen nicht schon alles gestellt hat. Im Anime begleitet Pikachu seinen Trainer Ash auf der nie enden wollenden Reise um die ganze Welt. In Pokémon Tekken boxt es sich mit anderen Biestern, bis kein Gras mehr wächst. Und jetzt tritt die Elektromaus auch noch das Erbe von Sherlock Holmes an.
In Meisterdetektiv Pikachu spielt der niedliche Nager unseren Begleiter und hilft uns bei der Suche nach unserem verschwundenen Vater. Nachdem dieser wie vom Erdboden verschluckt ist, häufen sich auch mysteriöse Vorfälle. Der junge Protagonist Tim begibt sich prompt auf Spurensuche und kreuzt schnell Wege mit dem gelben Taschenmonster. Es dauert nicht lange, bis dem ungleichen Ermittlerpaar auffällt, dass nur Tim mit dem neugierigen Naseweis kommunizieren kann – seine Mitmenschen verstehen wie für die Reihe üblich nur das bekannte "Pika! Pika!".
Damit bleibt ihnen allerdings auch der wohl befremdlichste Aspekt des Spin-offs erspart, der bereits vor Release für Missmut unter den Fans gesorgt hat: Pikachus Stimme. Mit wenigen Ausnahmen gelten sprechende Monster eigentlich als absolutes No-Go im Kosmos von Pokémon. Für das exklusive 3DS-Spiel haben sich die Entwickler allerdings überraschenderweise nicht nur für ein plapperndes Pikachu, sondern auch für ein Sprachorgan mit besonders rauchigem Tonfall entschieden. Nach einigen Minuten und anfänglich ungläubigem Stirnrunzeln haben wir uns aber schnell daran gewöhnt. Tatsächlich passt die tiefe Stimme zu dem kleinen Detektiv, der trotz seines niedlichen Aussehens meist das Verhalten eines erwachsenen Mannes an den Tag legt und nach der Lösung eines Falls mit Vorliebe auch einmal einen aromatischen Kaffee genießt.
Und was ist mit den Kämpfen?
Kämpfe gibt es in Meisterdetektiv Pikachu nicht. Das klingt zunächst ungewohnt, überzeugt aber im Praxistest. Uns gefällt die neue Herangehensweise, in der Taschenmonster auch einmal in untypische Rollen wie die eines Zeugen, Verdächtigen oder Ermittlungspartners schlüpfen.
Ausgewogene Gameplay-Mischung
Wir lenken Tim in den neun Kapiteln von Meisterdetektiv Pikachu durch schöne, abwechslungsreiche Gebiete. Dabei sammeln wir nicht nur Hinweise zum Verschwinden unseres Vaters, sondern knobeln auch an kleineren Fällen und helfen immer wieder Menschen und Pokémon in unserem Umfeld aus. So suchen wir mal die gestohlene Kette eines kleinen Mädchens, finden den Weg aus einer eingestürzten Höhle oder untersuchen merkwürdige Forschungsaktivitäten eines Wissenschaftlers. Die Hauptgeschichte nimmt vor allem nach dem ersten Drittel an Fahrt auf. Pikachu begleitet uns natürlich auf Schritt und Tritt und achtet mit seinen zahlreichen Tipps penibel darauf, dass wir stets in die richtige Richtung ermitteln und zum passenden Zeitpunkt alle benötigten Information ergattern.
Zeugenbefragungen, Beweissicherung und Schlussfolgerungen halten in dem exklusiven 3DS-Spiel stets ein angenehmes Gleichgewicht. Da können wir auch über die seltenen, aber dennoch unnötigen Quicktime-Events hinwegsehen. Beim Untersuchen herrscht praktische Arbeitsteilung: Tim befragt seine Mitmenschen, und Pikachu übernimmt das Verhör von anderen Pokémon. Finden wir neue Hinweise, schalten sich auch weitere Dialoge mit bereits angesprochenen Zeugen frei. Ganz in klassischer Adventure-Manier setzt das Spiel größtenteils auf Sprechboxen, deren Texte wir auf Deutsch schalten können. In den animierten Zwischensequenzen haben wir allerdings keine Wahl und müssen uns mit der englischen Sprachausgabe samt deutscher Untertitel zufriedengeben.
Anspruch? Mehr Flegmon als Sherlock
Wer eine knifflige Herausforderung sucht, ist bei Meisterdetektiv Pikachu fehl am Platz. Die meisten Rätsel sind simpel, und wir können uns die Lösung bereits nach wenigen Hinweisen zusammenreimen. Da nerven die regelmäßigen Hilfestellungen unseres gelben Partners schon mal. Die Häufigkeit der Tipps können wir zwar zu Spielbeginn einstellen, aber nicht komplett ausschalten. Und selbst wenn wir mal eine Denkblockade haben: Pikachu gibt uns am Ende jeder Ermittlung unendlich viele Versuche, auf die richtige Antwort zu kommen. Dadurch können wir getrost so lange hin und her überlegen, bis wir das Rätsel geknackt haben.
Hier findet sich auch das größte Problem von Meisterdetektiv Pikachu. Die Story und die Rätsel sind seichte Kost und richten sich vom Schwierigkeitsgrad her vor allem an jüngere Poké-Fans. Durch die ausschließlich englische Synchro und schnell wechselnde deutsche Untertitel könnte aber genau diese Zielgruppe mächtige Verständnisprobleme bekommen. Wenn Spürnasen in spe die Story kaum nachvollziehen können, ist das Trial-and-Error-Prinzip zwar eine nette Idee der Entwickler, motivierend ist das ausgedehnte Herumprobieren allerdings weniger.
Schillernde Spielwelt
Bei Präsentation und Atmosphäre kann Meisterdetektiv Pikachu jedoch glänzen. In der Stadt, in der wir ermitteln, wimmelt es nur so von verschiedenen Pokémon aller Spiel-Generationen, die – statt ständig zu kämpfen – schlichtweg ihrem Alltag nachgehen. Die detail- und abwechslungsreichen Gebiete führen uns mal in einen idyllischen Park, ins chaotische Apartment unseres Vaters oder in ein fortschrittliches Forschungslabor. Grafik und Spielwelt des Spin-offs stehen den Hauptspielen der Reihe in nichts nach.
XXL-Amiibo
Ab sofort ist passend zum Spiel der Meisterdetektiv Pikachu-Amiibo erhältlich, mit dem ihr für bereits abgeschlossene Kapitel alle Videosequenzen von Pikachu freischalten könnt. So entgeht euch kein Spruch des rasanten Ermittlers. Der Preis für die Figur liegt zwar bei stolzen 25 Euro, dafür ist sie aber auch fast doppelt so groß wie die normalen Amiibos.
Die Figuren, die uns während unseres Abenteuers begegnen, sind zwar etwas klischeebehaftet (unsere Vertrauensperson und korpulenter Leiter des Detektivbüros im braunen Streifenanzug, seine junge Sekretärin mit Wespentaille), dennoch kommen sie sympathisch und liebenswert rüber. Besonders bemerkenswert: Pikachus Mimik ist erstaunlich expressiv, spiegelt stets sein Befinden wider, und seine wechselnden Gesichtszüge sind ausgezeichnet animiert.
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