Call/Medal of Duty/Honor
Spielerisch könnte das neue Medal of Honor genretypischer nicht sein. In atemberaubendem Tempo hetzt uns das Programm durch Schlauchlevels und vor die Gewehrläufe unzähliger KI-Gegner, die wir in unkomplizierten Schießereien aufs Korn nehmen.
Dabei bemüht sich Danger Close allerdings, Abwechslung ins Kriegsgeschehen zu bringen. Da schleichen wir bei Nacht durch ein verregnetes Terrorcamp, geben patrouillierenden KI-Kameraden mit einem Präzisionsgewehr Deckung oder brettern mit bewaffneten Schlauchbooten durch die von einem Hurrikan zerstörte philippinische Hauptstadt Isabela.
Aber wir erleben dabei nichts, was wir nicht schon in zig anderen Militär-Shootern genauso, so ähnlich oder mitunter auch besser erlebt hätten. An einem stationären Geschütz stehen und auf anstürmende Feinde ballern? Check! Bestimmte Gebäude für einen Luftschlag markieren? Check! Mit Restlichtverstärkern durch stockfinstere Höhlen huschen? Check!
Immerhin gibt’s in Karatschi und Dubai für das Genre eher ungewöhnliche Sequenzen. In beiden Städten lenken wir ein Auto in der Cockpit-Perspektive durch den Stadtverkehr. Natürlich nicht in gemütlichem Sightseeing-Tempo, sondern rasend schnell. Bei den mit treibender Musik unterlegten Verfolgungsjagden, in denen unter anderem ein Obstmarkt und ein mehrstöckiges Parkhaus in Mitleidenschaft gezogen werden, kommt fast schon Need for Speed-Feeling auf.
Allerdings überspannen die Designer den Bogen. Denn die Raser-Einlagen mögen für zwei, drei Minuten viel (Schaden-)Freude machen. Wenn wir aber jeweils eine geschlagene Viertelstunde damit zubringen, dem (natürlich vorgegebenen) Straßenverlauf zu folgen, wäre das selbst für ein Rennspiel zu viel des Guten.
Die Kunst des (logischen) Krieges
Über nicht ganz zu Ende gedachtes Spieldesign sind wir auch an diversen anderen Stellen gestolpert. Beim Thema »Türe aufbrechen und Raum stürmen« etwa. Das kennen wir zwar bereits aus Call of Duty & Co., die Eintreterei wurde in Warfighter aber um eine theoretisch interessante Komponente erweitert.
So schalten wir durch erfolgreiche Abschüsse bei einem Zugriff nach und nach weitere Möglichkeiten frei, künftige Türen aufzubrechen, vom Tomahawk, mit dem wir den Knauf zertrümmern, bis zur Mini-Sprengladung, die gleich die komplette Tür aus den Angeln hebt. Allerdings macht es schlicht keinen Unterschied, welche Variante wir wählen und ob wir nun laut oder leise »eintreten«. Schade, denn das kostet den Shooter nicht nur Anspruch, sondern vor allem Authentizität.
Über die sieht Danger Close ohnehin gern öfters hinweg. In der Mission »Hattrick« etwa wird Preacher auf einem Schiff gefangen gehalten, kann aber fliehen und soll sich nun eine Waffe besorgen. Gesagt, getan: Wir schleichen uns an den ersten Wachposten heran, jedoch zu forsch, werden bemerkt und kurzerhand erschossen. Zweiter Versuch. Wir pirschen uns erneut an, vorsichtiger diesmal und knipsen den Schergen aus. Doch sein Gewehr dürfen wir nicht aufklauben. Auch beim zweiten und dritten bewaffneten Gegner gehen wir leer aus. Erst bei der vierten Wache, dann nämlich, wenn es das Programm in einer geskripteten Sequenz vorsieht, erhalten wir die rettende Pistole – kompletter Quatsch!
Ebenfalls dämlich: Unsere Pistole hat unendlich viel Munition. Und wenn uns die Kugeln für unsere Hauptwaffe ausgehen, dürfen wir jederzeit (!) und beliebig oft (!!) bei unseren Kameraden neue abholen. Soll das etwa die viel gerühmte Authentizität sein, für die sich Danger Close extra ehemalige Soldaten als Berater geholt hat? Dass die GIs im echten Leben mit lastwagengroßen Munitionsrucksäcken in den Krieg ziehen, ist uns jedenfalls nicht bekannt.
Glücklicherweise halten sich derartige Logikpatzer in Grenzen, dennoch sollte man in Medal of Honor: Warfighter nicht zu sehr über Sinn und Unsinn nachdenken und sich stattdessen auf das Herzstück des Spiels konzentrieren: die Schießereien.
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