Die KI: Schlauer als zuvor
Bam! Da kassieren wir eine Schrotladung aus nächster Nähe! Die KI von Max Payne 3 erscheint uns überraschend clever, irgendwie ist uns einer der Burschen in den Rücken gefallen. Dabei sind das hier noch relativ schwache Gegner.
Am unteren Ende der Nahrungskette stehen in Max Payne 3 die New Yorker Kleingangster. Sie arbeiten nicht zusammen sondern ballern unkoordiniert herum. Die Slum-Gangs, mit denen wir es hier zu tun haben, sind schon wesentlich kampferprobter und versuchen auch mal Flankenmanöver. Später im Spiel wird es Max noch mit Spezialeinheiten zu tun bekommen, die dann besonders taktisch vorgehen sollen. Hier hat uns jedenfalls schon ein einzelner Kleingangster in einem unachtsamen Moment aus den Schuhen gepustet, das ist vielversprechend.
Während Max tödlich getroffen in Zeitlupe danieder sinkt, gibt uns das Spiel noch eine letzte Chance: Wenn wir unseren Killer unsererseits erledigen, bevor Max auf dem Boden aufschlägt, wirft der spontan eine Schmerztablette ein und überlebt die Nummer - vorausgesetzt, wir haben noch eine Pille dabei, sonst heißt es zurück zum Speicherpunkt. Auch in anderen Situationen schaltet Max Payne 3 automatisch die Bullettime an, etwa wenn wir eine tödliche Ladung Blei auf das letzte Mitglied einer Gegnergruppe abfeuern. Den können wir dann in Zeitlupe weiter malträtieren. Ganz schön derb.
Am coolsten sind die Szenen, die in Max Payne 3 die genreüblichen Quicktime-Events ersetzen. Nachdem Max das Dach der VIP-Box des Stadions erklommen hat, um den Sniper auszuschalten, der sich darin verschanzt, wirft er sich in bester Hollywood-Manier durch die Panorama-Scheibe in die Loge. Direkt im Anschluss an die spektakuläre Ingame-Zwischensequenz übernehmen wir ohne spürbaren Bruch in der Action die Kontrolle über Max, der nun in Bullettime den verdutzten Heckenschützen erledigen muss - was uns selbstverständlich auch gelingt. Knackige Ballereien, cineastisch in Szene gesetzt! Im Englischen gibt’s eine passende Bezeichnung für so etwas: »Gun Porn«, also Waffenporno.
Die Kugelkamera: Schneller (und langsamer!) als zuvor
Wie sich herausstellt, gehörte der Sniper nicht zu den Entführern, dafür ist seine Ausrüstung zu professionell. Söldner der Branco-Konkurrenz? Korrupte Polizisten? In Brasilien keine Seltenheit. Bevor Max Details herausfinden kann, muss er selbst Hand an das Scharfschützengewehr legen: Weit unter ihm zwischen den Sitzplätzen des Stadions wird Raul von weiteren Killern gehetzt.
Was folgt ist die genreübliche Sniper-Sequenz, in der wir unserem Kumpel die Angreifer vom Leib halten müssen, allerdings aufgepeppt mit der typischen Max Payne-Kugelkamera: Bei jedem tödlichen Langstrecken-Schuss verfolgen wir das Geschoss bis ins Ziel. In Max Payne 3 dürfen wir dabei die Geschwindigkeit des Projektils anpassen, um den Abschuss noch theatralisch in die Länge zu ziehen.
Das Drama: Dezenter als zuvor
Anstatt wie früher zwischen jedem Kapitel ellenlange, melodramatische Monologe zu schwafeln, hält sich Max nun erfreulich zurück. Er lässt zwar immer noch genug Depri-Metaphern fallen, aber pointiert in die Ballerpausen hinein und weniger weinerlich als zuvor. Max Payne 3 wirkt dadurch wesentlich rasanter als seine Vorgänger, ohne an Dramatik zu verlieren.
Im nächsten Level, das wir auf der Xbox 360 spielen, versucht sich Max ausnahmsweise mal als Leisetreter. Mit einer schallgedämpften Pistole bewaffnet schleichen wir durch die Docks von Sao Paulo. Hier irgendwo soll Fabiana gefangen gehalten werden. Zwei Mitglieder der Gang, die in die Entführung verwickelt ist, lungern vor einer Fischerhütte herum. Plopp plopp, schon liegen die beiden darnieder, Sam-Fisher-Style. Solange wir schnell und lautlos zuschlagen, können wir ganz wie in der Splinter-Cell-Serie ohne großes Aufsehen durch die Docks huschen - bis wir ein Rolltor hochschieben und direkt vor drei bewaffneten Gangstern stehen.
Tschüss Splinter Cell, hallo Red Dead Redemption: In Bullettime verpassen wir den dreien gezielte Schüsse aus nächster Nähe, und nun ist Schluss mit der Heimlichtuerei. Von überall strömen Gegner heran, jetzt fliegen sogar Handgranaten. Kein Problem für Max, in Zeitlupe zerschießt der die Dinger in der Luft. John Marston wäre stolz. Doch es hilft alles nichts: Eine Splitscreen-Zwischensequenz verrät uns, dass Fabiana auf ein Boot geschafft wird - wir kommen zu spät. Langsam nimmt Max das persönlich: Wer auch immer die Frau entführt hat, wird büßen müssen.
Max Payne galt bislang immer als Film-Noir-Shooter. Hat das nun ein Ende, jetzt wo sein Held nicht mehr ständig das Übel dieser Welt bejammert, auch mal Hawaii-Hemd trägt und sogar die Sonne zu sehen bekommt? Natürlich nicht. Film Noir heißt nicht nur, dass es ständig dunkel ist, regnen oder schneien muss. Das Genre lebt zuvorderst von seiner pessimistischen Weltsicht, der ungewöhnlichen Erzähltechnik mit Voraus- und Rückblenden und seinen von der Gesellschaft entfremdeten, oft verbitterten Charakteren. All das wird man wohl in keinem Spiel schneller finden als in Max Payne 3 - und das wesentlich subtiler, ausgereifter und damit erwachsener als noch in Teil 1 und 2.
Max Payne 3 bricht also trotz seiner Neuerungen eigentlich nicht wirklich mit der Serientradition, sondern entwickelt die Reihe konsequent und zeitgemäß weiter. Das Spiel hat das Zeug dazu, der beste Teil der Serie zu werden - wenn man mal ohne nostalgisch verklärten Blick auf Teil eins und zwei zurückblickt. Aber wer tut das schon?
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