Was Chaostheoretiker schon seit ewigen Zeiten behaupten, wird in Life is Strange zur digitalen Gewissheit: Der bloße Flügelschlag eines Schmetterlings kann tatsächlich einen Tornado auslösen! Doch zwischen dem ursächlichen Flattern und der katastrophalen Konsequenz liegen genau fünf Adventure-Episoden. Klingt verkopft? Ist es auch!
Denn Life is Strange will mehr sein als nur ein Schmarotzer des lukrativen Telltale-Prinzips: Das Softwaredrama erzählt von Mobbing, Einsamkeit, Geltungssucht und dem Erwachsenwerden - wäre es ein Film, dann würde man also ganz trendbewusst Coming-of-Age dazu sagen. Als Adventure ist es aber vor allem eins: eigensinnig.
Warum keine Wertung? Wie schon bei den beiden Telltale-Adventures Tales from the Borderlands und Game of Thrones verzichten wir (vorerst) auf eine Wertung. Denn erst wenn alle fünf Episoden der ersten Staffel von Life is Strange erschienen sind, lässt sich das Gesamtwerk seriös einschätzen - zumal die Auswirkungen der Story-Entscheidungen noch nicht absehbar sind.
Generation Selfie
Soldaten, Helden, Monster: Gibt's woanders! Die Handlung dreht sich hier um eine ganz andere Art von Ungeheuer: Teenager. Genauer gesagt um Max Caulfield. Die Fotografie-Studentin zieht nach fünfjähriger Abstinenz wieder in ihre Heimatstadt Arcadia Bay - ein amerikanisch-kleinbürgerliches Nest.
An der Highschool trifft sie auf ihre ehemals beste Freundin, die rebellische, vom plötzlichen Tod ihres Vaters traumatisierte Punkrock-Göre Chloe. Gemeinsam machen sich die ungleichen Mädchen auf die Suche nach einer verschwundenen Mitschülerin namens Rachel. Doch schon bald wird klar: Es ist was faul im Staate Oregon, Arcadia Bay hat ein dunkles Geheimnis.
Steam-Pflicht: Life is Strange wird exklusiv über Steam vertrieben und ist dort dauerhaft an ein Nutzerkonto gebunden. Das Spiel lässt sich auf beliebig vielen Rechnern installieren, ein Weiterverkauf ist allerdings nicht möglich.
Modernisiertes Schulsystem
Ein Großteil des Staffelauftakts von Life is Strange spielt auf dem Gelände der Highschool: Klassenräume, Pausenhof, Parkplatz und Studentenbuden sind frei begehbar - kurze Ladezeiten zwischen den Bereichen stören nur dezent. Abseits der linearen Haupthandlung entdeckt man nicht nur optionale Aktivitäten, sondern auch zahlreiche Fotomotive: Max trägt stets ihre Polaroidkamera mit sich herum und macht Schnappschüsse, beispielsweise von einem Eichhörnchen.
Den Fortschritt in Sachen Sammelobjekte zeigt das digitale Tagebuch an. Max sammelt dort nicht nur ihre Bilder, sondern notiert auch die aktuellen Story-Ereignisse und Infos zu allen wichtigen Charakteren - eine ebenso praktische wie stimmige Funktion. Im Kern ist Life is Strange aber eine Art Dialog-Simulator: Ständig wird gequasselt, gewitzelt und gefragt. Denn die herumstehenden Mitschüler sind erstaunlich mitteilsam, nahezu jede Nebenfigur kann im mehrminütigen Plausch ausgehorcht werden.
Wer hat an der Uhr gedreht?
Entwickler Dontnod wertet das Fließband-Gelaber durch einen cleveren Kniff auf: Denn Max entdeckt zu Beginn des Spiels, dass sie die Zeit zurückdrehen kann! Und so wird jeder Dialog zum Minirätsel: Schließlich darf man beim wiederholten Versuch verbalen Fettnäpfchen ausweichen oder durch das Gespräch erlangte Informationen passend einsetzen.
Ein Beispiel: Die nerdige Besitzerin einer Kameradrohne will ihr Spielzeug nur an jemanden verleihen, der sich mit der Technik auskennt. Bei der Erstbegegnung finden wir die komplizierte Modellbezeichnung des Geräts heraus, spulen dann zurück und geben mit unserem Wissen an - schon darf Max die Drohne selbst steuern.
Auch bei genretypischen Gegenstand-Puzzles kommt die Zeitmanipulation zum Einsatz. Um die Stufenzicke zu ärgern (und damit den Weg ins Hauptgebäude freizumachen), dreht Max die Geschehnisse so weit zurück, bis der Hausmeister wieder von seiner Leiter vorm Eingang steigt. Denn nur so können wir ungestört seinen Farbeimer sabotieren. Bei der Wiederaufnahme der Renovierungsarbeiten fällt der Lack dann zu Boden und sorgt für einen ruinierten Kaschmirpullunder.
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