Ich öffne die Ladentür und vor mir liegt eine Leiche. Sie ist noch warm, der Mörder kann also nicht weit sein. Ich will gerade den Tatort unter die Lupe nehmen, da höre ich eine Explosion und der Strom fällt aus. Draußen ist ein Scheppern zu hören, das muss der Täter sein! Mit gezückter Taschenlampe renne ich zum Hinterausgang des Ladens. Statt einem flüchtigen Mörder sind aber nur zwei Wölfe zu sehen, die sich durch Mülltonnen wühlen. Als sie mich bemerken, rennen sie davon und verschwinden im Schneesturm und ich bin wieder allein.
Ich tappe zurück ins Dunkel des Ladens und stehe wieder neben dem toten Körper desjenigen, der mich in dieses gottverdammte Kaff gerufen hat. Was soll ich tun und was zur Hölle ist hier nur geschehen? Diese Fragen werde ich mir in Kona noch häufiger stellen.
Ein Dorf voller Mysterien
In der Rolle des Privatdetektivs Carl Faubert werde ich in Kona in ein kleines Dorf im Norden Kanadas gerufen, um einige Vandalismus-Vorfälle zu untersuchen. Kaum komme ich an, muss ich aber feststellen, dass dort wesentlich Schlimmeres vorgeht als Sachbeschädigung. Bald muss ich nicht nur den Mord an meinem Auftraggeber aufdecken, sondern auch noch das Verschwinden der Dorfbewohner, mysteriöse Todesfälle und das Rätsel um ein sagenumwobenes Biest, das in den Wäldern sein Unwesen treibt.
Also mache ich mich auf die Suche nach Antworten. In einer Mischung aus Walking-Simulator und Point-and-Click-Adventure durchsuche ich das gesamte Dorf, klappere ein leergefegtes Haus nach Überbleibseln der ehemaligen Bewohner ab und finde so haufenweise Hinweise, Tagebücher und neue lose Storyfäden.
Vor allem in den ersten Spielstunden, in denen ich alle Dorfbewohner mit Hilfe ihrer Hinterlassenschaften erst einmal kennen lernen muss, ist Kona dabei recht verwirrend. Den Überblick über die vielen Charaktere und ihre Hintergrundgeschichten kann ich nur dank zwei Dingen behalten: den ständigen Kommentaren des Erzählers und Carl Fauberts Notizbuch, in das er automatisch alle Entdeckungen und Erkenntnisse meiner Ermittlungen einträgt. Ohne diese beiden Stützen könnte ich der Story kaum folgen.
Kampf mit der Kälte
In der Hoffnung, dass ich in einem der Häuser endlich einen Hinweis finde, der die rätselhaften Geschehnisse im Dorf entwirren kann, kämpfe ich mich durch den omnipräsenten Schneesturm. Auf den Straßen und in den Wäldern ist dabei besondere Vorsicht geboten. Denn zum einen streifen beißfreudige Wolfsrudel durch die Gegend und zum anderen kann man in der Eiseskälte schnell erfrieren.
In Kona muss ich deshalb wie in einem klassischen Survivalspiel auf meine Gesundheit, meine Temperatur und meinen Stresslevel achten, um ein vorzeitiges Game Over zu vermeiden. Zum Glück finde ich ständig Medipacks oder Schmerztabletten zum Heilen, sowie Feuerholz, Streichhölzer und Anzünder, mit denen ich mich an einer der vielen Feuerstellen aufwärmen und ausruhen kann. Die eigentlich spannende Idee wird allerdings schnell zur lästigen Pflichtübung, weil Kona die Überlebenshilfsmittel überaus großzügig verteilt.
Auch die Kämpfe und Rätsel des Spiels sind nicht allzu fordernd. Wölfe kann ich meist mit wenigen Schlägen mit meinem Hammer oder der Axt besiegen und wenn ich mir genug Zeit zum Umschauen nehme, lassen sich auch alle Denkaufgaben recht schnell lösen. Hier hätten sich die Entwickler gerne mehr und größere Herausforderungen einfallen lassen dürfen.
Eine weitere Schwäche von Kona ist zudem, dass die Spielwelt etwas zu groß, beziehungsweise mit zu wenig spannenden Orten gefüllt ist. Denn zwischen den Häusern, Hütten und Höhlen, in denen es etwas zu entdecken gibt, muss ich immer wieder nervig lange hin und her laufen oder fahren. Dabei steuert sich mein Auto und das Schneemobil auch noch unangenehm hakelig. Zudem friert das Spiel immer wieder für einige Sekunden ein, wenn ich im Dorf unterwegs bin, weil das nächste Gebiet nachgeladen werden muss.
Zudem setzt Kona die Schultertasten etwas gewöhnungsbedürftig ein: Mit der L1- beziehungsweise LB-Taste begebe ich mich in die Hocke und mit R1 beziehungsweise RB springe ich. Das macht das Krimi-Abenteuer zwar nicht zu einem schlechteren Spiel, da Hüpfen und Ducken nicht allzu oft erforderlich sind, dennoch hätte die Steuerung gerne etwas intuitiver sein dürfen.
Der Horror kommt zum Schluss
Kona hat aber auch große Stärken und die stecken vor allem in der spannenden Story und der gelungenen Atmosphäre. Obwohl ich nur sehr selten auf andere Lebewesen treffe, vermittelt das verlassene Dorf ein merkwürdig lebendiges Gefühl. Ständig werde ich darauf hingewiesen, dass die Dorfbewohner erst vor Kurzem in großer Eile geflohen sind und vor irgendetwas Angst hatten, denn überall sind halbgepackte Koffer und Briefe mit panischen Botschaften zu finden.
Noch mysteriöser wird Kona zudem durch merkwürdige Visionen, die Carl Faubert an bestimmten Stellen im Spiel hat und die mir auf magische Art und Weise versteckte Hinweise offenbaren. Spätestens im letzten Drittel kommt außerdem nochmal einiges an zusätzlicher Grusel-Stimmung auf, als immer klarer wird, welches Geheimnis sich hinter dem sagenumwobenen Biest verbergen könnte.
Ein gelungener Anfang
Besonders für Fans von Abenteuer-Spielen und Walking-Simulationen wie Firewatch oder The Vanishing of Ethan Carter ist Kona also eine absolute Empfehlung. Das Spiel kann im direkten Vergleich mit den anderen Genre-Größen wegen seiner schwächeren Technik zwar nicht ganz mithalten, liefert aber ebenfalls eine packende Geschichte, die man sich auf eigene Faust erarbeiten muss.
Kona macht den Spieler wahrhaftig zum Privatdetektiv, der nur durch Neugier und Hartnäckigkeit hinter die Geheimnisse und Mysterien seines Falls kommt. Dank der gelungenen Atmosphäre und der vielen verschiedenen Erzählstränge, die sich am Ende doch zu einem großen Ganzen zusammensetzen, lohnt sich Kona auch für Freunde komplexer Geschichten.
Zudem ist das Spiel nur das erste einer vierteiligen Serie. Die Chancen stehen entsprechend gut, dass die Entwickler auf dieser gelungenen Basis aufbauen und uns in ihren nächsten Spielen noch mehr spannende Geschichten und zudem verbesserte Technik und Spielmechaniken liefern.
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