Viel Stahl, wenig Magie
Mit erledigten Gegnern und gemeisterten Quests schalten wir genretypisch Erfahrungspunkte frei, die wir frei Schnauze in drei Talentbäume investiert können: Zauberkraft, Macht und Raffinesse. Magie steht nicht an vorderster Front, Angriffe wie der Kettenblitz oder die aufgewertete Variante namens Sturmwind sind eher zur Unterstützung gedacht.
Erst extrem spät im Spiel schalten wir wirklich vernichtende Zauber wie den Meteoritenhagel frei, da ist das Aufwerten der Waffen in jeweils eigenen Unter-Talentbäumen deutlich nützlicher: Unsere Chakram-Sensen lassen sich vergiften oder mit Feuer aufladen und als Bumerang ins Ziel steuern, um Scharfschützen aus sicherer Distanz kalt zu stellen. Wer lieber in Bögen macht, feuert mehrere Salven ab, setzt auf Pfeilhagel, vergiftet oder zündet die Geschosse an.
Auch Hämmer, Breit- und Langschwerter lassen sich ebenfalls aufrüsten, wobei sich hier schnell eine große Balance-Schwäche zeigt: Mit Einhändern schlagen wir so schnell zu, dass selbst große Oger mit mächtiger Rüstung kaum eine Chance haben.
Zweihänder hingegen sind extrem unpräzise, wir kloppen oft daneben und holen sehr lange aus, wodurch Schläge leicht geblockt werden. Uns bleibt also kaum eine Wahl, ein Einhänder wird genutzt, auch wenn uns eigentlich der Sinn nach großen Schneidwerkzeug steht.
Beute machen wir ständig, dürfen aber deutlich mehr mit uns rumschleppen als beispielsweise in Skyrim. Extrem wichtig sind Gesundheits- und Manatränke, die lassen sich genauso wie Rüstungen und Waffen bei Händlern erstehen. Praktisch: Das Spiel macht uns mit grünen Symbolen klar, welche Waffen die höchsten Werte haben und graut die schlechtesten aus – der alte Plunder wird verkauft, so bleibt das Inventar halbwegs übersichtlich, das sonst ähnlich umständlich funktioniert wie bei Bethesda.
Fast wie bei Bioware
Dialoge werden geführt wie in den jüngsten Bioware-Spielen: Im Grunde wählen wir nur einen Gedanken aus, aus dem sich dann das Gespräch ergibt. Wir können uns Starallüren erlauben, unser Gegenüber erpressen, uns hilfsbereit präsentieren oder ihm die kalte Schulter zeigen. Das wirkt sich aber meist nur auf die Höhe der Belohnung aus, Liebkind oder Spinnefeind machen wir uns bei keiner der Amalur-Fraktionen und wirklich Einfluss auf die Geschichte können wir so auch nicht nehmen.
Macht aber nichts, denn die Story von Amalur stammt aus der Feder des Bestseller-Autors R. A. Salvatore (Forgotten Realms) und fühlt sich wie ein gut geschriebener Fantasy-Roman an. Wir blicken hinter die Fassade der stolzen Ljósálfar, die sich eigentlich schon geschlagen sehen und deren Hochkönig Titarion, der nicht mehr an Rettung glaubt. Oder wir treffen auf Gnome, die sich die herrschaftliche Stadt Adessa mit Tempeln und Statuen mitten in der Wüste gebaut haben, weil sie so hoffen, außer Reichweite der Tuatha bleiben zu können.
So entwerfen die 38 Studios eine in sich schlüssigere Welt als beispielsweise Bethesda mit The Elder Scrolls: Skyrim, wo die Bewohner kaum wissen, welches Unheil droht. In Amalur hingegen ist die Gefahr omnipräsent: da gibt es einen Gnom-Wissenschaftler, der sich einen Bunker in ein Salzbergwerk gehauen hat, mit so vielen Fallen gespickt, dass selbst Indy seine Probleme hätte, ohne Kratzer durchzukommen.
Oder da gibt es Mel Senshir, eine gewaltige Festungsanlage, die von den dunklen Horden zu überrannt werden droht. Die Almani-Soldaten sind verzweifelt und wenn einem ein alter Mann am Pier zuruft „Geht nicht, so viele sind gegangen und kamen in Holzkisten wieder!“ dann zieht uns das tief in die Geschichte rein, wir fühlen uns tatsächlich verantwortlich für all diese Völker.
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