Lesen will gelernt sein
Dafür wirken einzelnen Spielmechaniken in Kingdom Come mit umso durchdachter. Das geht schon bei der Alltagssimulation los. Im Gegensatz zu anderen Rollenspielen müssen wir regelmäßig schlafen und essen. Sonst fallen wir irgendwann einfach tot um oder haben mit negativen Effekten zu kämpfen: Wird Heinrich müde, nimmt zum Beispiel die Redekunst ab und er sieht verschwommen.
Die Redekunst gehört zu den zahlreichen Skills im Spiel, ähnlich wie Reiten, Kämpfen oder sogar eine scheinbar triviale Fähigkeiten wie Lesen. Unser Können verbessert sich dabei automatisch, wer viel redet, wird immer wortgewandter dabei. Punkte verteilen müssen wir also nicht. Bei der Redekunst stehen uns mehrere Möglichkeiten zur Auswahl. Wir können energisch vorgehen und die Person bedrohen, oder eher sachlich, freundlich oder mitfühlend sein.
Die Wirkung von Heinrichs Worten hängt dabei nicht nur vom Charakter unseres Gegenübers ab, auch unser Aussehen (ob wir blutbefleckt sind oder zerrissene Kleidung haben) und Ansehen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Kingdom Come verfügt über ein Rufsystem. Helfen wir den Leuten, begegnen sie uns deutlich aufgeschlossener.
Fertigkeiten wie Lesen oder Alchemie erfordern allerdings Übungsstunden, für die wir Fachleute bezahlen müssen. Anfangs haben wir dafür kein Geld übrig, später lohnt sich die Investition aber in der Regel: Wir dürfen rettende Tränke mixen, unsere Rüstungen reparieren oder übers Lesen wertvolle Informationen erhalten.
Werte, Kampf und Fertigkeiten
Wir dürfen zwar keinen eigenen Charakter erstellen, Heinrich aber so entwickeln, wie wir wollen. Das funktioniert über automatische Skills. Die verbessern wir stetig, wenn wir die jeweilige Tätigkeit ausführen und schalten so neue Stufen und Möglichkeiten frei. Unsere Fähigkeiten unterscheiden sich in drei Kategorien: Werte, Kampf und Fertigkeiten.
Erstere sind Eigenschaften unserer Figur wie Stärke Charisma oder Sichtbarkeit, was auch von unserer Ausrüstung abhängt. Kampf umfasst, wie geschickt wir mit einzelnen Waffen sind. Fertigkeiten beziehen wiederum konkrete Fähigkeiten wie Schlösser knacken oder Kräuterkunde mit ein.
Werte:
Stärke, Agilität, Vitalität, Redekunst, Charisma, Sichtbarkeit und Auffälligkeit
Kampf:
Kampf, Verteidigung, Axt, Bogen, Faustkampf, Schwert und Streitkolben
Fertigkeiten:
Alchemie, Heimlichkeit, Jagen, Kräuterkunde, Lesen, Reiten, Reparieren, Schlösser knacken, Taschendiebstahl und Trinkfestigkeit
Detektivarbeit statt Schwertkämpfe
Mit solchen alltäglichen Dingen verbringen wir in Kingdom Come überraschend viel Zeit. Die im Vorfeld von den Entwicklern gern präsentierten Kämpfe nehmen nur einen kleinen Teil des Spiels ein. Die meiste Zeit gehen wir tatsächlich anderen Dingen nach, jagen für Nahrung und Geld, sammeln Ressourcen, verbessern unsere Fähigkeiten und befragen Leute.
In zahlreichen Quests nehmen wir nämlich die Rolle eines Ermittlers ein. Einmal wird beispielsweise ein Gestüt von Banditen überfallen. Es liegt an uns, die Besitzer zu befragen, den Tatort zu untersuchen und die Spur der Übeltäter immer weiter zu verfolgen. Informationen zu sammeln hat hier die oberste Priorität.
Mehr zu Kingdom Come:5 Dinge, die es von anderen Rollenspielen unterscheidet
Das funktioniert aufgrund der gut geschriebenen und selbst bei Nebenaufträgen in hübschen Zwischensequenzen inszenierten Dialoge meistens sehr gut, allerdings wiederholt sich das Schema zu oft. Zudem sind die Gespräche zwar auch auf Deutsch exzellent vertont, man braucht aber ein bisschen, um sich an die altmodische Sprache, hölzernen Animationen und die etwas steifen Gesichter zu gewöhnen.
Kingdom Come bemüht sich sichtlich um Abwechslung, indem es uns zum Beispiel einmal in die Rolle eines Wachmannes steckt oder Heinrich den Klosteralltag miterleben lässt. Wiederholungen und belanglose Sammelquests lassen es stellenweise aber trotzdem langatmig wirken.
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