Männer grölen, Pferde wiehern, Stahl trifft klirrend auf Stahl. Mit angehaltenem Atem lauschen wir aus unserem Versteck, geduckt zwischen Ästen und Blättern haben uns die Gegner nicht bemerkt. Vor uns erstreckt sich ein Schlachtfeld. Unsere Leute kreuzen die Schwerter mit Banditen und Kumanen, einem Volksstamm, der in Böhmen eingefallen ist, um Unfrieden zu stiften (siehe Kasten).
Schuld am Überfall ist Sigismund, Halbruder des Königs Wenzel von Böhmen und Verräter der Krone. Der entführte Wenzel, um sich selbst die Macht im Reich zu sichern. Doch für uns spielt das eigentlich keine Rolle. Wir sind der Schmiedessohn Heinrich und hätten mit diesem Machtkampf nichts am Hut, hätte man nicht unser Dorf überfallen und bei unserer Rückkehr dorthin auch noch unser Schwert gestohlen. Und schon sind wir mittendrin im Krieg zwischen Sigismunds Armee und Böhmen.
Wir wollen die Schwertdiebe aufspüren und die Klinge zurückholen. Vorsichtig stellen wir uns aus dem Versteck auf und spannen den Bogen, den wir bekommen haben, als wir in den Dienst eines Adligen eintraten. Die schwere Sehne lässt sich kaum nach hinten ziehen, während wir zielen sinkt unsere Ausdauer merklich. Dann lösen wir den Schuss, der Pfeil saust los und trifft einen Kumanen in den Rücken. Treffer! Doch der dreht sich um und rast mit erhobener Waffe auf uns zu. Oh nein.
Historischer Kontext
Die Geschichte beginnt mit der Entführung des Königssohnes Wenzel IV. von Böhmen, der den Adel verärgerte, weil er seinen politischen Pflichten nicht nachkam. 1402 wurde Wenzel von seinem Halbbruder Sigismund, dem König von Ungarn, verschleppt. Der wollte den böhmischen Thron für sich beanspruchen und fiel deshalb mit Kumanen (ein auch Kiptschak genanntes Reitervolk aus dem russischen/asiatischen Raum) und Banditen ein. Die plünderten und griffen Städte an, um das Land zu destabilisieren. Obwohl Wenzel 1403 aus seiner Gefangenschaft in Wien flüchten konnte und der eigentliche Krieg nur ein Jahr dauerte, führte der Konflikt zu einem lange über seinen Tod andauernden Bürgerkrieg.
Heinrichts Heimatort Skalitz wurde tatsächlich am 23. März 1403 von Sigismunds Truppen angegriffen und niedergebrannt. Das Dorf wurde wegen seiner wertvollen Silbermine zum Ziel. Sigismund wollte wohl strategisch Wenzels Geldquelle in seine Gewalt bringen. Skalitz wurde von Herrn Radzig Kobyla verwaltet, den man auch in Kingdom Come trifft. Wie im Spiel gelang dem Hauptmann nur durch einen nächtlichen Sturm die Flucht aus dem belagerten Schloss dort. In echt - und im Spiel - blieb nur eine Ziege hinter den Mauern zurück.
Auf ein Wort:Sprachvergleich der englischen und deutschen Fassung
Das ist Kingdom Come: Deliverance in seinen besten Momenten. Wir fühlen uns hineingezogen in eine so packende, lebendige und glaubhafte Mittelalterwelt, dass sie uns regelmäßig den Atem verschlägt - zumindest, wenn sie uns nicht gerade erschlägt. Denn als komplexes Rollenspiel bietet der Titel von Warhorse und Deep Silver haufenweise Fertigkeiten, unzählige Quests mit unterschiedlichen Lösungswegen in der offenen Welt, und sogar eine regelrechte Alltagssimulation. Essen und Schlafen müssen wir nämlich auch.
Hat man sich eingearbeitet, funktioniert das spielerisch in der Praxis sehr gut. Allerdings hat Kingdom Come aktuell mit zwei großen Problemen zu kämpfen. Zum einen spielt die Technik nicht immer mit, zum anderen wird aber ausgerechnet das Aushängeschild des Titels zu einem Stolperstein: die Kämpfe.
Vom Bauernjungen zum Helden?
Am Anfang von Kingdom Come: Deliverance interessieren uns Kämpfe aber erst mal noch nicht. Auch wenn wir von der großen, weiten Welt träumen, sind wir doch nur ein kleiner Schmiedessohn im Dörfchen Skalitz. Die geschichtlichen Hintergründe haben wir zum Spielstart in einem hübsch illustrierten Intro erfahren, spürbar werden sie hier auf dem Land aber nur durch ein paar Kneipendiskussionen.
Im weiteren Verlauf bleibt der reale Geschichtskontext immer präsent. Wir klappern historisch wichtige Stationen wie Talmberg oder Prag ab und lernen über einen Kodex mehr zu den tatsächlichen Hintergründe der Handlung. Die spielen auch für unsere eigene Story eine wichtige Rolle, eine typische Spielehandlung sollte man nicht erwarten.
Psychotest zu Kingdom Come:Bist du der Typ fürs raue Mittelalter?
Wir erleben zwar die klassische Heldenreise, als wir nach einem Überfall auf unser Dorf fliehen müssen, verändern die Welt aber nur im Kleinen. Wer etwa denkt, dass ein Schmiedessohn wie in einem klassischen Rollenspiel einfach zum Auserwählten werden kann, vielleicht sogar Könige stürzt und schließlich die Welt rettet, liegt falsch.
Die Geschichte fühlt sich vielmehr sehr bodenständig an, aber nicht banal. Wir wollen unser Schwert zurückholen. Das haben wir mit unserem Vater für Herrn Radzig geschmiedet - einen politischen Gegner von Sigismund. Allerdings wurde es bei unserer Rückkehr nach Skalitz von Banditen gestohlen, die nach dem Überfall munter das Dorf plünderten und brandschatzten. Deshalb treten wir in den Dienst von Hauptmann Radzig und jagen die Übeltäter, die dahinterstecken. Dabei erleben wir die politischen Umbrüche hautnah, während wir unserer Waffe nachjagen.
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