Die Karte: ein großer Spielplatz
Die große, zoom- und drehbare Karte bietet nicht nur viel Platz zum Siedeln, sondern lädt auch zum Erkunden und Einfach-mal-drüber-Fliegen ein: Dann begleiten wir per Kamera zum Beispiel einen Späher auf der Suche nach fremden Städten oder einen wertvollen Händlertrupp, um ihn notfalls von einer anrückenden Räuberbande wegzuziehen.
So hübsch die Karte auch ist, und so fluffig sie sich zoomen lässt, hätten wir uns bei den Städten mehr optisches Feedback ihrer Betriebe gewünscht. Denn ob wir jetzt acht Bäckereien oder nur zwei gebaut haben, es steht immer nur eine Kulissen-Bäckerei mit Statisten auf der Karte - und die simulieren selbst dann hektische Betriebsamkeit, wenn gerade das Getreide und Honig alle sind, die Bäckereien also stillstehen. Nicht sehr hilfreich.
Auch beim Bau von Betrieben oder Stadtgebäuden wie Kaserne oder Kirche geht's dröge zu: Wir drücken auf den Bau-Button, und ein Balken füllt sich langsam. Das war's. Dadurch fehlt uns viel direktes Feedback. Während zum Beispiel bei jedem Anno-Spiel gleich über dem betroffenen Gebäude zu sehen ist, was im Argen liegt, weist uns Grand Ages: Medieval nur mit einem Ausrufezeichen über der Stadt darauf hin: »Ey, hier fehlt irgendein Rohstoff!«. Welcher genau das ist, sehen wir aber erst, wenn wir die Stadt und anschließend das Warnsymbol anwählen.
Darum ist es auch weniger befriedigend, wenn endlich eine dringende Lieferung eintrifft - dann verschwindet halt nur der Warnhinweis, während in anderen Spielen zum Beispiel die Schmiede ausschwärmen, um endlich mit frischem Erz weiter zu malochen. Grand Ages: Medieval nutzt außerdem die Riesenkarte nicht, um einzigartige Rohstoffe oder Waren einzuführen, die man nur in bestimmten Regionen bekommt, etwa Gold, Weihrauch und Möhren. Eine vertane Chance, denn warum sollen wir das ferne Nordafrika besiedeln, wenn wir dort die gleichen 20 Güter kriegen können wie im selbstgegründeten Oer-Erkenschwick nebenan?
Kein Kampf ohne Mampf
Selbst als friedlicher Spieler, der mit jedem KI-Herrscher gut kann oder dessen Aggressionen mit Geldzahlungen besänftigt, kommt man um ein paar Truppen für die Räuber- oder Bärenjagdjagd nicht herum. 16 Truppentypen gibt's insgesamt: sieben Infanterie-, drei Schützen-, fünf Reiter- sowie zwei Kriegsschiffklassen. Acht der Landeinheiten dürfen wir allerdings nur in bestimmten Gebieten ausheben; Ritter zum Beispiel nur in Frankreich und Polen. Historisch begründet ist das nicht, sondern eher wie eine weitere Brettspielregel.
Aber es ist eigentlich ganz egal, womit wir anrücken, denn trotz diverser Gelände sowie Stein-Schere-Papier-Boni enden die Schlachten grundsätzlich in einem Knäuel Truppen, die aufeinander eindreschen, während wir auf zwei heruntertickenden Stärkezahlen starren. Taktiken gibt es nicht, wir können nur abhauen oder Verstärkungen dazuholen. Bei Belagerungen zelten die Soldaten automatisch vor der Stadt, sobald alle Verteidiger geschlagen oder vertrieben sind. Wie bei Battlefield und Co. zeigt ein dahinschmelzendes Kreissymbol dann an, wann wir die Stadt erobert haben. Schade: Belagerungsgeräte wie Katapulte oder Rammen gibt es nicht.
Dass die Belagerungen trotzdem hochspannend sind, liegt an drei Dingen: Erstens können Entsatztruppen unseren Ring sprengen und die Stadt rauspauken - während des Gefechtes wird der Countdown gestoppt. Zweitens: Unsere Armee muss vor allem mit Sold und Nahrung versorgt werden. Automatischer Versorger ist immer unsere nächstgelegene Stadt - und wenn die das nicht gebacken kriegt, rasselt die Truppenmoral rapide in den Keller. Uns ist es mehrfach passiert, dass die Truppe kurz vor dem Sieg die Zelte abgebrochen hat, weil's keinen Sold mehr gab! Drittens: Belagerungen sind deswegen spannend, weil eine gut ausgebaute Stadt eine reiche Beute ist. Denn von da können wir ja weitere Händler losschicken, um noch reicher und mächtiger zu werden. Und diese Kerndisziplin, das Handeln und Produzieren, kriegt Grand Ages: Medieval ja prima hin.
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