Kratos, der Baumeister
Später erhält Kratos ein Amulett, mit dem er bestimmte Objekte zerfallen lässt oder eingestürzte Konstruktionen wiederherstellt. Ebenfalls ein interessantes Spielelement, das aber nur an wenigen Stellen wirklich zum Tragen kommt. Meist benutzen wir es, um eingestürzte Brücken wieder aufzubauen oder Kettenglieder auseinanderzureißen.
Es gibt aber auch Rätsel, die den bedachten Einsatz des Umhängers erfordern. So müssen wir ein in sich zusammengefallenes Wasserrad wieder in seinen Ursprungszustand zurückversetzen, einen Hebel ziehen und diesen dann blockieren, indem wir die Konstruktion nur zur Hälfte zerfallen lassen, sodass ein Trümmerteil in den Weg fällt und der Hebel nicht wieder auf seine Ausgangsposition zurückschnellt. Ansonsten wird das große Potenzial des Amuletts jedoch schlicht und ergreifend ignoriert. Etwa, weil Sony heutige Actionspieler nicht mit anspruchsvollen Kopfnüssen verschrecken will?
Kampf gegen den Leerlauf
Das große Problem von God of War: Ascension ist, dass dem Spiel der Elan und die Ideen fehlen, die im ersten und zweiten Teil noch wie Flutwellen über den Spieler hereinbrachen. Wo ist die abgefahrene Einbindung der griechischen Mythologie, die den Charme der Serie bisher ausmachte?
Sicher, es tauchen immer wieder Gestalten wie das Orakel oder dessen Wächter auf, der mit seinem eingewachsenen Zwilling ein wenig an Kuato aus dem Schwarzenegger-Streifen Total Recall erinnert – doch das genügt nicht, um für den Leerlauf zu entschädigen, der den Großteil des Spiels vorherrscht.
Nehmen wir zum Beispiel die riesige, zusammengekrachte Statue des Apoll, die als Leuchtturm fungiert und durch die wir uns Körperteil für Körperteil arbeiten müssen, um sie schließlich per Amulett wieder zusammenzusetzen: Wenn Kratos sich durch Fuß, Rippen, Hand und diverse andere, immer gleich aussehende Abschnitte der Statue schlachtet, wünscht man sich irgendwann einfach, dass es endlich zu Ende ist.
Kratos wird müde
Ja, Ascension sieht zum großen Teil richtig schick aus, vor allem die beinahe fotorealistischen Hauttexturen von Aigaion, die spiegelblank glänzenden Marmorplatten im Orakel von Delphi und die nass glitzernden, riesigen Tentakel eines weiteren Riesenmonsters haben uns sehr beeindruckt.
Dafür gibt es aber auch immer wieder matschige und ruckelnde Flecken auf der weißen Grafikweste des Spiels. Man merkt, dass die PlayStation 3 am Limit ist. Ohne die Grafikpracht schmälern zu wollen: Was vor einigen Jahren noch für heruntergeklappte Kinnladen sorgte, sieht heute beinahe schon gewöhnlich aus, da mittlerweile immer mehr Studios besser mit der komplizierten Hardware klar kommen und entsprechende Grafik auf den Bildschirm zaubern.
Doch das große Problem des Spiels ist die ideenlose Routine, die über dem Mittelteil von Ascension schwebt. Statt den Spieler mit fetten Monstern und epischen Wow-Momenten zu überhäufen, wie es die Vorgänger taten, plätschert Ascension einfach so vor sich hin. Dermaßen zähe Stellen kamen in keinem der vorangegangenen Spiele vor. Hier ist einfach die Luft raus, Game Director Todd Papy, der in den Vorgängern noch als Leveldesigner und Producer tätig war, fehlt die Finesse eines David Jaffe (God of War) oder Cory Barlog (God of War 2), die aus den ersten beiden Teilen der Reihe adrenalingetränkte Achterbahnfahrten durch die griechische Mythologie machten, an die man sich gerne erinnert.
Die einzigen Stellen, an die man sich nach dem Durchspielen von God of War: Ascension erinnert, sind der wirklich erstklassig in Szene gesetzte Kampf gegen den Hekatoncheiren und das Quick-Time-Gewitter des Endkampfs, der zwar nicht mehr als ein selbstablaufender Film ist, aber dafür mit famoser Inszenierung beeindruckt.
Apropos Quick-Time-Events: Es irritiert ein wenig, dass die Tasten, die wir drücken sollen, funktionsmäßig nicht nachvollziehbar sind, sondern einfach eingeblendet werden, um den Spieler irgendwas drücken zu lassen. Noch dazu ändern sich die Einblendungen jedes Mal, wenn wir ein QTE verdaddeln und es erneut angehen müssen. Das war bisher zwar in allen Spielen der Reihe so, doch heißt das noch lange nicht, dass es gut ist. Die QTEs im neuen Tomb Raider sind zum Beispiel um einiges besser gelöst, da bei jedem Reaktionstest eine für den Spieler nachvollziehbare Taste gefordert wird.
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