Der Multiplayer: Das verbirgt sich hinter den Spielmodi
Mit fünf Spielmodi will For Honor im Multiplayer verschiedene Spielertypen bedienen, wobei sich natürlich alle Auseinandersetzungen um das ritterliche Draufhauen mit mittelalterlichen Waffen drehen. Das klassische Duell (1 vs. 1) richtet sich an "Skiller", die ähnlich wie in einem Fighting Game (Street Fighter 5) das direkte Kräftemessen mit einem Kontrahenten suchen, Kombos ausprobieren und den Feind mit Finten austricksen wollen.
Am anderen Ende des Spektrums steht der Dominion-Modus (4 vs. 4), das Herzstück von For Honor, in dem zwei Teams um die Vorherrschaft auf einer Karte kämpfen, indem sie drei Kontrollpunkte erobern und Gegner ins Jenseits befördern. Besonderheit in diesem Modus: Es gibt KI-Fußsoldaten, die ähnlich wie Creeps in einem Moba unerbittlich an die Front drängen und durch unser Eingreifen unterstützt oder behindert werden können.
Zwei Varianten davon sind Skirmish und Elimination, gnadenlose Death Matches, einmal mit und einmal ohne Respawns.
Der Brawl (2 vs. 2) hängt ein bisschen zwischen den Stühlen, weil sich hier vier Leute in Zweier-Teams im Duell auf die Mütze geben, es prinzipiell aber keine Einschränkung gibt, ob das fair ablaufen muss - oder ob sich einfach zwei Kollegen verbünden, um schnell einen einzelnen Gegner zu überwältigen. Im Anschluss bleibt dann Zeit für den anderen verbliebenen Schurken.
Spielmodi in For Honor: Was hat Potenzial?
Dominion (4 vs. 4) bietet in puncto Teamplay die meiste taktische Rafinesse. Hier kalkulieren wir die Positionen der Gegner, umlaufen sie clever, schnappen Punkte weg oder legen gemeinsam mit Kumpels Hinterhalte. In einem gnadenlosen Duell sucht man nach einer Öffnung in der feindlichen Deckung, lockt den Gegner mit Finten aus der Reserve und bemüht sich, weniger Ausdauer zu verlieren als der andere Kerl. Den Nervenkitzel eines Duells setzt For Honor hervorragend um - dank des cleveren Kampfsystems.
For Honor spielt sich nicht intuitiv. Wer einfach in einen Gegnerpulk rennt und wild mit der Waffe rumwedelt, erntet damit trotz mächtiger Zweihänder-Klinge nichts als Schmerzen (außer er tritt gegen Neulinge an). Gerade im Dominion-Modus wechselt man im Prinzip permanent zwischen dem Aufschalten auf einzelne Gegner und dem "freien Rumlaufen" - während letzterem kann man aber nicht gezielt angreifen. Das Hin- und Herwechseln erfordert Eingewöhnung, genau wie das Kampfsystem selbst.
Taugt das Kampfsystem?
Wie in einem Dark Souls kann man im Angriff mit leichten und schweren Schlägen zuhauen. Wenn hingegen der Gegner austeilt, blocken wir mit Schild oder Schwert in die Richtung der Attacke (es gibt drei mögliche Angriffsrichtungen). Wer nur blockt, riskiert aber einen sogenannten Guard Break, also einen Tritt des Gegners, der die Deckung durchbricht und uns auf die Bretter schickt.
Wenn wir den Guard Break allerdings bewusst provozieren und im richtigen Moment die Angriffstaste drücken, stolpert der Feind mitten in unser Schwert. Ihr seht: For Honor basiert auf einem sehr umfangreichen Schere-Stein-Papier-Prinzip, bei dem es auf jede Aktion eine clevere Reaktion gibt. For Honor punktet nicht mit epischen Schlachten, sondern mit knackigen Einzelduellen gegen menschliche Gegner in reger Scharmützelatmosphäre. Die Kämpfe gegen einfache KI-Fußsoldaten sind dagegen völlig belanglos.
Dass es darüber hinaus 12 verschiedene Heldenklassen gibt, aus denen man wählen kann, macht den Einstieg in all diese möglichen Manöver alles andere als leicht - zumindest wenn man schnell gut werden will. Die drei Fraktionen (Ritter, Samurai, Wikinger) bieten jeweils vier Charaktere, die sich recht symmetrisch den Kategorien Vorhut, Schwergewicht, Assassine und Hybrid zuordnen lassen.
Alle 12 Klassengut spielen: For-Honor-Charaktere im Guide
Die flinke Friedenshüter-Assassine auf Seiten der Ritter hält beispielsweise nicht viel aus, läuft dafür schneller und sticht in rapiden Kombos mit giftigen Klingen zu. Ein langsamer Shugoki-Riese der Samurai sollte mit seinen trägen aber schmerzhaften Hieben also tunlichst treffen, sonst erledigt ihn die Heldin schneller, als ihm lieb ist.
Ausgewogene Angelegenheit?
Die 12 Klassen spielen sich angenehm unterschiedlich, allerdings stößt die Vielfalt auch an ihre Grenzen. In Sachen Teamplay wirken sich unterschiedliche Klassen lange nicht so sehr auf den Gefechtsverlauf aus wie beispielsweise bei Rainbow Six: Siege, wo die Wahl eines bestimmten Operators den kompletten Charakter eines Matches ändern kann. Da es auch keine dezidierten Fernkämpfer gibt, beschränken sich die Möglichkeiten, mal eine andere Art der Gruppen-Defensive auszutesten.
Am stärksten entfaltet sich die spielerische Abwechslung in den Duellen. Hier, im direkten Gefecht Krieger gegen Krieger, trumpfen die verschiedenen Klassen auf ihre Weise auf. Zusätzlich zu unterschiedlichen Waffen und Bewegungsmustern bringt jeder Krieger bestimmte Gaben (engl. Feats) mit, die ihm beispielsweise ermöglichen, auch blockenden Feinden leichte Schäden zu verursachen oder die eigene Klinge in Gift zu tränken.
Die Feats aktivieren wir ähnlich wie die Punkte-Streaks aus Call of Duty: Infinite Warfare, wenn wir während einer Partie ausreichend Ruhm-Punkte gesammelt haben. Der Nervenkitzel, den wir spüren, wenn wir mit einem aggressiven Berserker einen Nobushi zu Fall zu bringen, der uns mit seinem Speer auf Distanz halten will, zeigt klar, dass For Honor beim Balancing der verschiedenen Kämpfer vieles richtig macht. Aber nicht alles.
Tier-Problemchen
Dass es bereits seit der Open Beta diverse »Tier«-Listen mit einzelnen Rankings gibt, zeugt von den Macken in der Charakter-Ausgewogenheit.
Klar, es ist bei Multiplayer-Titeln wie Overwatch oder For Honor völlig normal, dass ein Großteil der Community mit bestimmten Charakteren besser umgehen kann als mit anderen, aber selbst in diesem Umfeld muss For Honor an einigen Stellen nachbessern.
Klassen wie der Kriegsherr (Wikinger) können von guten Spielern so geführt werden, dass ihre Defensive im Prinzip undurchdringbar wird. Ein Wikinger-Raider hat dafür im direkten Duell gegen eine Friedenshüterin so wenig Chancen, dass es gerade im Duell-Modus fast schon aus Prinzip ein Fehler wird, ihn zu wählen. Und das sollte nicht so sein.
For Honor Multiplayer: Macht es Spaß?
Bereits in der Open Beta brach über For Honor ein Streit in der Community aus. Sehr viele Spieler zeigen sich begeistert von den unkonventionellen Ritterkämpfen, andere fluchen darüber, dass dieses Spiel viel zu wenig Tiefgang besitzt und gerade die Kämpfer richtig mau ausfallen. Für die Frage nach der Langlebigkeit von For Honor im Multiplayer entpuppt sich das als wichtigster Punkt: Bietet das Kampfsystem genügend Anreiz, um immer und immer wieder ins Match zurückzukehren?
Unsere Antwort: Jein. Ja, For Honor macht unheimlich viel Spaß. Die Gefechte sind kurzweilig, die Kämpfe erfordern Grips und Geschick und ein gewonnenes Duell gegen einen starken Gegner fühlt sich einfach großartig an. Auf der anderen Seite sollte man aber auch ein Faible für solche Spiel mitbringen - also für ein Kampfsystem, das einen ähnlich wie bei Dark Souls mit seiner Sperrigkeit schon mal nerven kann.
Der Reiz von For Honor liegt ähnlich wie bei einem Fighting Game im Beherrschen einer Figur, mit der man im Anschluss den Gegner dominiert. Man fuchst sich in Kombos rein, bekommt ein Gefühl für Zeitfenster, gutes Aneinanderketten von Manövern, Schlagstärke und Spezialfähigkeiten. Wir lernen Move-Listen auswendig, experimentieren, kriegen auf die Mütze und schlagen dafür umso härter zurück. In diesem intimen Kampf um die Kontrolle eines Charakters glänzt For Honor wie kaum ein anderes Spiel im Action-Bereich.
For Honor ist kein Chivalry-Nachfolger, kein Shooter mit Nahkampfwaffen, sondern ein Mittelalter-Duell-Spiel, sei es im Dominion oder im direkten Zweikampf. Und damit richtet es sich an eine spezielle Zielgruppe, die dem Spiel mit Sicherheit zu Langlebigkeit verhelfen wird.
Für den ganz großen Fang muss man abwarten, inwieweit die Community das Meta-Game und Taktieren mit Einheitenklassen annimmt. For Honor hat Potenzial, ihm fehlt bei Release aber die schlagkräftige Genialität, die beispielsweise die Shooter-Mechanik eines Rainbow Six: Siege mit den zerstörbaren Umgebungen bietet. Gemeinsam mit drei Kumpels in Dominion zu, Verzeihung, dominieren, ist bei den ersten Malen ein irrsinniger Spaß.
Aber um als Multiplayer-Spiel wirklich Fuß zu fassen, muss es eben auch noch beim 200. Versuch das Spielerherz beglücken können. Damit das klappt, gibt es ein ausgeklügeltes Meta-Game, das über einzelne Matches hinaus für Motivation sorgen will. Und einen Echtgeld-Shop.
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