Spektakuläre und flotte Kämpfe
Egal ob ihr nun lieber entdeckt und erforscht oder euch auf die Story konzentriert: Die Kämpfe nehmen einen Großteil der Spielzeit ein und werden dank geschmeidiger Animationen und toller Spezialeffekte fantastisch in Szene gesetzt. Das liegt vor allem daran, dass die Gefechte komplett in Echtzeit ablaufen. Haltet ihr die Angriffstaste gedrückt, reiht Noctis automatisch Kombos aneinander, mit der Ausweichen-Taste entgeht er selbständig feindlichen Angriffen. Stimmt dabei das Timing, könnt ihr gegnerische Attacken parieren, was im Idealfall zu einer Teamkombo führt.
Ignis, Gladiolus und Prompto kämpfen nämlich automatisch an eurer Seite, helfen euch beim Stolpern wieder auf die Beine und schreien im Notfall um Hilfe, was für eine tolle Schlachtatmosphäre sorgt. Dank der Warp-Angriffe, mit denen ihr euch flugs zu einem Ziel teleportiert, spielen sich die Scharmützel angenehm flott, zumal ihr jederzeit zwischen vier festgelegten Waffen oder Zaubern wechseln dürft.
Die Summons
Die serientypischen Bestias wie Leviathan oder Shiva feiern natürlich auch in Final Fantasy 15 einen Auftritt. Habt ihr sie besiegt, könnt ihr sie in Kämpfen beschwören und somit aussichtslose Gefechte doch noch wenden. Die Beschwörung ist jedoch nur unter gewissen Bedingungen möglich. So muss etwa Noctis im kritischen Zustand sein, der Kampf eine Weile gedauert haben oder es wird ein gewisses Wetter oder eine spezielle Umgebung vorausgesetzt. Das führt dazu, dass ihr selten in den Genuss der epischen Summons kommen dürftet.
Die Zaubersprüche könnt ihr euch sogar selbst zusammenmixen und somit etwa eine Blitz-Essenz mit einem Antigift-Item versehen, um zusätzlichen Giftschaden zu verursachen. Die meisten Gegner sind gegen ein bestimmtes Element oder einen bestimmten Waffentyp besonders anfällig. Daher lohnt es sich, verschiedene Waffen und Zauber auszuprobieren.
Durch den unkomplizierten Wechsel zwischen Waffen und Magie, den Warp-Angriffen und den Teamkombos ergibt sich ein herrlicher Flow - das neue Kampfsystem wirkt frisch und modern. Wer es jedoch zu simpel findet, wird vergleichsweise wenig Freude mit Final Fantasy 15 haben, zumal sich auch das Ausrüstungsmanagement in Grenzen hält. Meist reicht es aus, beim Händler eine stärkere Waffe zu kaufen, um für die nächsten Missionen gewappnet zu sein.
Aufgrund der vielen Elemente wie Konter, Parieren, Ausweichen, Teamkommandos und Magiesystem, die hier ineinandergreifen, sollten Einsteiger trotz guter Tutorials ein paar Stunden Eingewöhnungszeit einplanen. Hilfreich ist dabei der Pausemodus, in dem die Zeit einfriert und sofort alle Stärken und Schwächen des Ziels offenbart. Das erleichtert die Strategieplanung. Veteranen vermissen hingegen neben dem leichten und mittleren einen zusätzlichen schweren Spielmodus - abgesehen von den opulenten Bosskämpfen sind die Gefechte selten wirklich anspruchsvoll. Das hängt jedoch auch immer ein stückweit von eurer Heldenstufe ab, weil die Gegner in der Welt nicht mitleveln.
Die Kameraden reißen es raus
Neben dem Kampfsystem sorgen insgesamt zehn (!) Fertigkeitenbäume für die nötige Rollenspiel-Tiefe. Hier erhöht ihr eure Charakterwerte, verschafft euch Boni oder lernt neue Kombos für die drei Begleiter. Die sind letztlich trotz des gewöhnungsbedürftigen Boygroup-Designs auch die große Stärke des Spiels, weil sie nicht nur konsequent gezeichnet sind, sondern auch ständig die Situation kommentieren und damit zur Atmosphäre beitragen.
Der stets etwas besorgte Ignis warnt euch vor der gefährlichen Nacht, in der mehr Monster spawnen, Gladiolus ist der kräftige Beschützer und Prompto der quirlige Fotograf, der eure Reise mit der Kamera festhält. Übernachtet ihr in einem Hotel oder in einem Zelt (nur dann werden XP verrechnet), hockt die Truppe zusammen, plaudert und lacht - während Ignis eine stärkende Mahlzeit (Gruppen-Buff) kocht. Das festigt die Verbundenheit der Heldengruppe enorm, weswegen ihr vor allem gen Ende das ein oder andere Tränchen verdrücken werdet, wenn die Story sich dem Ende nähert.
Ohne zu viel verraten zu wollen: Die Geschichte gehört trotz einiger Wendungen, epischen Bosskämpfen und mit emotionaler Hintergrundmusik hinterlegter Zwischensequenzen nicht zur besten und auch nicht zur längsten Final-Fantasy-Story, legt im Vergleich zum Plot der ungeliebten 13er Serie aber trotzdem einen drauf. Außerdem dürfen sich Kenner auf ein Wiedersehen mit bekannten Figuren sowie Motiven freuen und die serientypischen Monster versprühen einen gewissen Nostalgie-Charme.
Etwas zu viel gewollt
Im Gegensatz zum Open-World-Abschnitt hat die zweite, lineare Spielhälfte jedoch ein kleines Pacing-Problem: Innerhalb kürzester Zeit bereist ihr mehrere Schauplätze, die Handlung wirkt sprunghaft und gehetzt, nur um sich ausgerechnet am Ende wie Kaugummi zu ziehen. Außerdem mixen die Entwickler plötzlich wild verschiedenste Gameplay-Elemente wie Schleich- und Klettereinlagen zusammen. Das ist mutig und auch abwechslungsreich, ergibt letztlich aber kein rundes Ganzes.
Story-Enthusiasten und Fans der alten Serienteile werden daher vielleicht sogar etwas enttäuscht sein. Dank der grandiosen Kämpfe, der umfangreichen Fertigkeitenbäume und aufgrund des Entdeckertriebs fesselt das Abenteuer trotzdem immer wieder vor den Bildschirm. Die Welt ist schön und lebendig, der Soundtrack brachial, die deutschen Sprecher sehr gut. Final Fantasy 15 mag nicht das erhoffte Meisterwerk sein, aber es ist immer noch ein sehr gutes Rollenspiel, das manchmal etwas überladen und überambitioniert wirkt, unterm Strich aber bestens unterhält. Das Warten hat sich gelohnt.
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