Im März 2012 erscheint mit Journey ein Spiel, das die Herzen von PlayStation-Besitzern im Sturm erobert. Als mysteriöser, stummer Wanderer begeben wir uns darin auf den Weg durch eine malerische Wüstenwelt. Ganz ohne Texte schafft es Journey wie kaum ein anderes Spiel, emotionale Tiefe zu erzeugen.
Auf den ersten Blick teilen sich Journey und das Action-Adventure Fe von Zoink viele wichtige Elemente. Auch in Fe tauchen wir schließlich ohne jede Erklärung als rätselhaftes Wesen in eine zauberhafte, fremde Welt ein. Doch trotz der vielen Parallelen schafft es Fe nicht, die Klasse des Vorbilds zu erreichen.
Sing ein Lied für mich
In Fe dreht sich alles um Kommunikation. Als kleine Fuchs-artige Kreatur Fe müssen wir nämlich die Sprachen der Tiere und Pflanzen des Waldes lernen. Denn nur wenn wir ein Wesen mit einer für ihn (nicht aber für uns als Spieler) verständlichen Gesangseinlage betören, eröffnen sich uns neue Wege.
Wollen wir zum Beispiel an einen höher gelegenen Ort, kann es sein, dass wir dafür die Hilfe einer bestimmten Blume brauchen, die uns nach oben katapultieren könnte. Damit sie das macht, müssen wir ihr das aber erst einmal sagen können - in ihrer eigenen Sprache. "Sprache" bedeutet in Fe eine Aneinanderreihung melodischer Laute, eine Art wortloser Gesang, der je nach Lebewesen anders klingt. Vögel zum Beispiel verstehen - logisch - eine Art Zwitschern. Sechs unterschiedliche Sprachen gibt es, die wir nach und nach studieren, damit wir durch die Welt von Fe navigieren können. Das erinnert an Items in Zelda oder Metroid, mit denen man an zuvor unerreichbare Stellen kommt oder die Türen öffnen. Um eine der Sprachen zu erlernen, müssen wir zuerst ein erwachsenes Tier aus den Fängen der sogenannten Silent Ones, der Gegner in Fe, befreien. Erst dann bringen die Befreiten uns die entsprechenden Gesänge bei, um mit kleineren Vertretern ihrer Art zu kommunizieren.
Unsere erste Aufgabe ist es, vier gestohlene Eier für eine besorgte Vogelmutter zurückzuerobern. Hierfür verfolgen wir die diebischen Silent Ones zu ominösen Altären, auf denen sie das Diebesgut unbeaufsichtigt deponieren. Da der kleine Fe nicht kämpfen kann, ist Schleichen angesagt. Wir verstecken uns also in Büschen, um den wachsamen Augen unserer Gegner zu entkommen. Sonderlich schwierig ist das nicht, denn die Feinde bewegen sich in festen Mustern und sind noch dazu nicht sonderlich intelligent oder aufmerksam. Glück für uns, denn wenn sie uns erwischen, sind wir sofort tot.
Haben wir alle vier Eier zurück zu ihrer Mutter gebracht, belohnt sie uns mit der ersten Fremdsprache: dem Zwitschern der Vögel. Praktisch, denn so können wir uns an vorher unerreichte, entlegene Orte tragen lassen.
Dort warten dann zum Beispiel rosafarbene Kristalle auf uns, die eines der wenigen Sammelobjekte in Fe sind. Sie dienen außerdem als Währung, denn wenn wir genug von ihnen gesammelt haben, kaufen wir dafür bei einem gigantischen Baum neue Fähigkeiten. So lernt Fe nach und nach, Bäume zu erklettern, durch die Lüfte zu gleiten oder zu sprinten. Was wiederum neue Wege eröffnet und die klassische Erkundungs-Suchtspirale erzeugt.
Weniger ist (nicht immer) mehr
Aber wozu das alles? Warum überhaupt die Sprachen von Tieren erlernen, um sie dann zu bezirzen? Worum es eigentlich in Fe geht, ist schwer zu sagen. Das via EA Originals veröffentlichte Indie-Spiel versorgt uns nur bruchstückhaft mit mageren Story-Häppchen. Gerade genug, um deutlich zu machen, dass es sich um ein ökologisches Märchen handelt, eine Kritik an Umweltverschmutzung und Klimawandel. Nicht genug aber, um uns Story-technisch satt zu bekommen.
Der Wald des singenden Fuchs-Wesens Fe wird bedroht von den Silent Ones, fiesen Robotern, die die Kreaturen des Waldes einfangen. Unsere Aufgabe ist es, die Tiere wieder zu befreien und herauszufinden, was sich hinter dieser ominösen Bedrohung versteckt.
Ähnlich wie Journey verzichtet Fe auf Erklärungen oder Beschreibungen. Stattdessen setzt das kleine Spiel vollkommen auf unseren eigenen Entdeckerdrang, der uns immer tiefer in die lila Welt des musikalischen Wesens lockt. So stolpern wir auch öfter über Wände voller Hieroglyphen (die wir erst mal "Freisingen" müssen), die uns einen Hinweis darauf geben, was im Wald vor sich geht. Oder die uns über die Helme zerstörter Feinde durch die Augen der Silent Ones sehen lassen und uns einen besseren Einblick in ihren Hintergrund geben.
Es sind nette kleine Momente, die uns die Story nahebringen sollen. Da die Welt allerdings offengehalten ist, kann es sein, dass wir Fe beenden, ohne je alle Puzzleteilchen zusammengesetzt zu haben. Oder aber wir finden sie in der falschen Reihenfolge. Die konstante Verwirrung verhindert, dass wir eine emotionale Bindung zu Fe aufbauen. Weshalb sich die Handlung umso unbefriedigender anfühlt.
Liebe in jeder Kante
Obwohl das Jahr 2018 noch jung ist, hat es mit Fe bereits einen Anwärter für den Preis des schönsten Spiel des Jahres. Visuell und atmosphärisch gibt es wenig, was sich an dem kleinen Abenteuer kritisieren lässt. Fe ist verträumt, bezaubernd und einfach nur wunderschön. Trotz der Bedrohung durch die Silent Ones hat es eine wunderbar entspannte Atmosphäre, die kleines Bisschen an Ori and the Blind Forest erinnert.
So schön und atmosphärisch die Welt ist, so leer ist sie allerdings auch. Dafür, dass Fe Entdeckung so groß schreibt, gibt es nur wenig zu entdecken. Eine Handvoll Pflanzen, ein paar Tiere, wenige Feinde, viele Bäume - das Universum von Fe ist erstaunlich minimalistisch.
Das mag für eine Weile funktionieren, nicht aber, wenn Fe versucht, uns mit später erlernten Mechaniken zurück in zuvor verschlossene Bereiche zu locken. Hier drängt sich nämlich vor allem die Frage auf, warum wir das wollen sollten. Schließlich wartet keinerlei Belohnung auf uns, kein abwechslungsreiches Gameplay und keine versteckten Geheimnisse. Lediglich ein bisschen mehr von dem, was wir die letzten paar Stunden über gesehen haben. Und das ist im Fall von Fe nicht genug.
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