Im Koop überlebt es sich am schönsten
Fallout 76 schickt uns mit bis zu drei anderen Mitspielern aufs Abenteuer. Wer im Koop spielen will, der kann sich entweder problemlos in die Welt eines Mitspielers teleportieren oder seinen Wunschpartner einfach einladen.
Gemeinsames Spielen mit Freunden bringt ordentlich Leben ins sonst so tote Ödland. Kämpfe gegen starke Kreaturen wie Todeskrallen spielen sich im Koop nicht nur dynamischer, sondern auch einfacher, weil wir mit vereinten Kräften aufs garstige Geschöpf ballern und uns gegenseitig wiederbeleben, sollte ein Mitspieler den Löffel abgegeben haben.
Das neue kartenbasierte Perk-System steigert das Teamgefühl zusätzlich. Neben vielen Fähigkeiten, die wir bereits aus den Vorgängern kennen (den mysteriösen Fremden gibt es immer noch!), stehen uns jetzt gezielt auf Koop spezialisierte Fähigkeiten zur Auswahl. So können wir uns beispielsweise einen Erfahrungsboost verschaffen, wenn wir in der Gruppe spielen. Zusätzlich haben wir die Option, Perk-Karten mit Kameraden zu teilen. Ein besonders starker Feind erfordert mehr Durschlagskraft? Dann erhöhen wir einfach den Waffenschaden all unserer Mitstreiter, indem wir die entsprechende Fähigkeit freigeben.
Noch spaßiger als gemeinsames Kämpfen ist das gemeinsame Erkunden der Spielwelt. Wenn wir im Team von Ort zu Ort reisen und alles looten, was nicht niet- und nagelfest ist, um uns anschließend eine heimelige Basis zusammenzuwerkeln, entfaltet das seinen ganze eigenen Reiz.
Die Bau-Mechanik funktioniert im Grunde genauso wie in Fallout 4, wird aber jetzt um eine soziale Komponente angereichert. In Fallout 76 bauen wir nicht nur für uns alleine, sondern auch für unsere Mitspieler, die ebenfalls von den Vorzügen unseres Camps profitieren. Zum Beispiel von einer Kochstation, einem Brunnen oder einem gemütlichen Schlafsack.
Fallout 76 setzt nämlich auf leichte Survival-Elemente: Wir müssen regelmäßig essen und trinken; sollten ab und an schlafen, um uns Boni wie erhöhte Treffer- und Ausdauer-Punkte zu verschaffen. Mit einem oder mehreren Koop-Kumpeln an der Seite, überlebt's sich leichter, weil man dann einfach jemanden hat, den man im Notfall um ein paar knusprige Eichhörnchenbissen bitten kann.
Unvergessliche Koop-Geschichten
In Fallout 76 sind es eben echte Menschen, die das Ödland mit Leben füllen. So kalt uns die Quests lassen, so sehr wärmen uns die vielen unvergesslichen Situationen, die entstehen, wenn wir mit Freunden durch Appalachia ziehen.
Das eine Mal, als wir eine Supermutanten-Festung leer fegten und uns dabei über unsere unverständlich grölenden Feinde amüsierten. Ein anderes Mal, als einer unserer Mitspieler an einem vergifteten See von einer ganzen Mirelurk-Kolonne verfolgt wurde und sich der Rest der Gruppe vom anderen Ufer aus über das bunte Treiben beömmelte.
Diese typischen Multiplayer-Geschichten bereichern Fallout 76. Sie sorgen für emotionale zwischenmenschliche Momente, die so kein Singleplayer-Fallout hervorrufen kann. Deshalb schmerzt es umso mehr, dass Bethesda abseits des motivierenden Mixes aus Erkunden, Kämpfen, Looten und Craften nur wenig spielerische Anreize für Multiplayer-Enthusiasten bietet.
Schwache Events, schwaches PvP
Überall in der Spielwelt können wir regelmäßig an Ingame-Events teilnehmen, die sich allerdings genauso dröge spielen wie die Quests. Viel zu oft müssen wir lediglich Gegnerwellen innerhalb eines Zeitfensters abwehren. Etwa um eine Fabrik in Form einer riesigen Teekanne mitten in West Virginia zu beschützen, die von radioaktiv verseuchten Insekten attackiert wird. Oder um eine Vorratslieferung auf einem Flughafen zu sichern, indem wir das Gebiet von zahlreichen Verbrannten befreien.
Beim Design einiger Events hat Bethesda zwar etwas mehr Einfallsreichtum an den Tag gelegt, langweilt uns damit aber trotzdem. So müssen wir beispielsweise ein Kraftwerk wieder zum Laufen bringen, indem wir innerhalb eines Zeitfensters verschiedene Teile wie Rohre und einen Generator reparieren. Mehr als kopfloses Herumgerenne auf der Anlage steht dabei aber nicht auf dem Programm.
Kämpfe gegen andere Spieler taugen ebenfalls nur wenig, um mehr Leben in den Ödland-Alltag zu bringen. Da die Community von Fallout 76 recht freundlich ist, kommt es nur selten zu Duellen zwischen Spielern.
Treffen dann aber doch mal zwei Streithähne aufeinander, verlaufen PvP-Kämpfe recht ungelenk, insbesondere weil Fallout 76 erneut nur auf die veralteten Shooter-Mechaniken der 3D-Vorgänger setzt. Gerade in Gefechten gegen echte Mitspieler kommt es auf Präzision und Schnelligkeit an, das unpräzise Waffen-Handling nervt da umso mehr. Hier gewinnt nicht der Spieler mit dem größten Können, sondern der mit der besten Ausrüstung oder dem meisten Glück.
Weil Bethesda das PvP-Regelwerk ohnehin mit vielen Einschränkungen versehen hat, um Trollen entgegenzuwirken, erscheint es im normalen Spielverlauf fast schon überflüssig. Wer sich kompetitiv austoben will, wird im separaten Jäger/Gejagte-Modus glücklicher, den wir über den Pip-Boy auswählen. Hier müssen wir eine Zielperson für Kronkorken und Erfahrungspunkte töten, werden dabei aber auch selbst gejagt. Eine von wenigen spaßigen Ausnahmen in einem Online-Ödland voller Baustellen.
Fallout 76 ist ein Spiel ohne klaren Fokus. Bethesda verrennt sich in Kompromisse, um Singleplayer-Fans und Koop-Freunde gleichermaßen glücklich zu machen, scheitert letztendlich aber dabei. Das Ödland-Abenteuer leidet an uninteressanten Geschichten, spielerisch einfallslosen Quests, drögen Events und überflüssigen PvP-Kämpfen.
Jetzt liegt es an Bethesda, das Spiel in Zukunft weiter zu verbessern, technische Probleme mit Patches auszumerzen und neue Inhalte mit kostenlosen Content-Updates zu liefern, die die größte Stärke des Spiels, nämlich den Koop-Aspekt, weiter unterstützen. Wie wäre es mit zum Beispiel mit kreativen Quests, die uns mehr mit unseren Freunden zusammenarbeiten lassen und das Teamgefühl zusätzlich steigern? Fallout 76 hat zweifellos Potenzial, bislang enttäuscht das Online-Rollenspiel aber.
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