Gut gedacht
Wir entscheiden uns, zunächst die Knallkörper aus dem deutschen Waffenlager zu stibitzen. Dumm nur: Vor dem Zielgebäude wimmelt es von deutschen Soldaten. Natürlich könnten wir das Problem mit unserer Maschinenpistole lösen, wir ziehen jedoch die elegante Methode vor.
Geschickt schleichen wir an einigen Wachen vorbei, andere locken wir mit Steinen in eine unübersichtliche Ecke und strecken sie mit einem lautlosen Nahkampfangriff nieder. Leichen können wir aufnehmen und verstecken. Hat uns ein Feind im Blickfeld, füllt sich ein roter Balken, und wir sollten schnell in Deckung huschen.
Einige Zeit funktioniert unsere Leisetreterei ganz hervorragend, doch dann geschieht das Unvermeidliche: Wir werden entdeckt. Der Alarm schrillt, Gegner stürzen auf uns zu. Uns bleibt nichts übrig, als unsere Waffe sprechen zu lassen - und in diesem Moment verspielt Enemy Front sein Potenzial.
Schlecht gemacht
Für einen halbwegs geübten Shooter-Spieler ist das Aufgebot der Wehrmacht nämlich keine Herausforderung. Das liegt zum einen an der dümmlichen KI, die eifrig bemüht ist, regelmäßig aus jeder Deckung hinauszuspähen, um sich besonders mit Scharfschützengewehren einfach wegfrühstücken zu lassen, zum anderen daran, dass Hawkins zu viel aushält. Daran ändert auch der höchste der drei Schwierigkeitsgrade wenig. Den Anspruch dürfen wir übrigens während der Kampagne nicht anpassen, erfahrene Spieler sollten also gleich auf »Experte« loslegen.
Wer aber einmal erkannt hat, dass er den Gegnerhorden deutlich überlegen ist, der verzichtet fortan auf zeitraubendes Rumgeschleiche. So verkommt Enemy Front zum Simpel-Shooter, in dem wir uns stumpf von Wegpunkt zu Wegpunkt ballern.
Eigentlich bietet uns das Spiel ja viele Möglichkeiten clever vorzugehen, aber warum sollen wir Gegner mit dem Fernglas markieren? Warum die Augen nach interaktiven Levelelementen offen halten, um Stellungen durch umstürzende Bäume oder hereinrauschende LKW zu zerstören? Warum Gegner heimlich mit dem Scharfschützengewehr ausschalten, während unsere Schüsse von knallenden Motoren oder bremsenden Zügen übertönt werden?
Ja, wenn wir diese Optionen nutzen, belohnt uns Enemy Front mit spannenden Situationen und gelungener Atmosphäre, im Hinterkopf wissen wir aber immer, dass der direkte Weg viel schneller, effektiver und leichter wäre. Einige Missionen nehmen uns die Entscheidung ohnehin komplett ab und langweilen mit Levelschläuchen und nervigen Moorhuhnpassagen. Wer hier dann doch mal ins Gras beißt, darf wegen der ungünstig platzierten Speicherpunkte teilweise ganze Abschnitte nochmal spielen.
Die Technik: eine kleine Katastrophe
Was für das gesamte Gameplay gilt, lässt sich auch über die Technik sagen: CI Games hätte die gegebenen Möglichkeiten deutlich besser ausschöpfen müssen. Trotz potenter CryEngine 3 blicken wir auf matschige Texturen und ballern auf polygonarme Soldaten. Obendrein hat Enemy Front mit herben Performanceproblemen zu kämpfen - inklusive aufploppender Umgebungsobjekte und einer auf den Knien kriechende Bildrate.
Vor allem in hektischen Actionsequenzen gerät das Geschehen zunehmend ins Stocken. Ausgefranste Objektkanten und flimmernde Schatten sorgen zudem für ein sehr unruhiges Bild. Das kratzt an der Atmosphäre, ebenso wie die gelegentlichen Soundaussetzer. Immerhin: Der Soundtrack untermalt die Schlachten mit stimmungsvollen Melodien ordentlich.
Am Ende unseres roten Fadens steht also ein Spiel, dessen großes Potenzial nicht nur durch die missratene Balance und das schlechte Missionsdesign, sondern auch durch heftige Technikmacken in großen Teilen verschludert wurde. Schade drum.
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