Trend 6: Neue Marken
Es war der erste große Paukenschlag der Sony-Show: Guerilla Games kommt auf die Bühne und zeigt - kein neues Killzone. Sondern Horizon: Zero Dawn, ein schickes, postapokalyptisches Actionspiel, in dem wir Roboter-Dinos jagen. Okay, bizarr - aber auch etwas Neues. Und Sony ist erfreulicherweise kein Überraschungs-Einzeltäter: Der deutlich gestiegene Willen, neben den üblichen Verdächtigen auch Neues zu probieren, zog sich durch alle Pressekonferenzen. Microsoft enthüllte mit Recore ein gemeinsames Projekt des Mega-Man-Erfinders und ehemaliger Metroid-Prime-Entwickler.
Electronic Arts überraschte mit dem bezaubernden Physik-Plattformer Unravel, Ubsioft mit dem herrlich brachialen Mittelalter-Multiplayer-Gemetzel For Honor. Und selbst die notorischen Serientäter Square zeigten eben nicht nur Hitman, Deus Ex, Just Cause und natürlich Final Fantasy, sondern zauberten mit Project Setsuna gleich ein komplett neues Japan-Rollenspiel aus dem Hut, für das unter dem Namen Tokyo RPG Factory sogar ein eigenes Studio gegründet wurde.
Nicht falsch verstehen, an einem neuen Uncharted, Gears of War, Forza, Fifa, Call of Duty oder Assassin's Creed gibt's nichts auszusetzen. So lange es gute Spiele werden, versteht sich. Trotzdem ist es nicht minder großartig, dass neben der im Vorfeld erwarteten Nachfolgerschwemme jetzt auch überraschend viele neue Spielideen umgesetzt werden. Das sah auf der letztjährigen E3 bedeutend düsterer aus. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass die für eine neue Konsolengeneration typische »Auf Nummer sicher«-Phase nun endgültig vorbei ist.
Trend 7: Prachtgrafik
Die Zeiten, in denen Entwickler auf die Xbox 360 und die PlayStation 3 Rücksicht nehmen mussten, sind endgültig vorbei. Fast alle namhaften Spiele (abgesehen von gewissen Ausnahmen) entstehen nur noch für die Current-Gen-Konsolen Xbox One und PlayStation 4 - sowie für den PC. Endgültig vorbei ist also auch die Zurückhaltung bei der Grafik, auf der E3 sehen wir spektakuläre Spielszenen und Trailer am laufenden Band, von For Honor über Ghost Recon: Wildlands und Star Wars: Battlefront bis hin zu Horizon: Zero Dawn und Forza Motorsport 6.
Selbst Deus Ex, das nie wirklich zur technischen Avantgarde gehört hat sieht inzwischen (von den etwas hüftsteifen Animationen abgesehen) sehr gut aus. Bloß The Division wirkt nicht mehr ganz so hübsch wie noch bei seiner Enthüllung vor zwei Jahren. Natürlich bergen E3-Bombastszenen auch immer ein gewisses Downgrade-Risiko und sind mit Vorsicht zu genießen.
Dafür kleiden sich vermehrt auch Indie-Spiele in zeitgemäße Gewänder - kein Wunder, schließlich ist beispielsweise die Unreal Engine 4 kostenlos verfügbar, Epic möchte nur an den Erlösen des Spiels beteiligt werden. Damit sinkt die Hürde für Indie-Studios, das Grafikgerüst einzusetzen. Das Ergebnis sieht man etwa an Ark: Survival Evolved, auch Shenmue 3 soll auf der UE4 basieren. Auch ansonsten müssen sich viele Indie-Spiele - ob sie nun No Man's Sky oder Ion oder Unravel oder Adrift heißen - optisch nicht mehr vor den Millionenprojekten klassischer Publisher verstecken. Vorbei also auch die Zeit, als »Indie« gleichbedeutend war mit »Pixelgrafik«.
Trend 8: Nostalgie
The Last Guardian! Es lebt! Nach Jahren der Funkstille zeigt Sony das ursprünglich bereits 2009 angekündigte Neuwerk der Ico- und Shadow of the Colossus-Macher überraschend wieder auf der E3. Im selben Streich machen die Japaner zwei anderen »Das wird doch nichts mehr«-Running-Gags den Garaus, indem sie Shenmue 3 und ein vollwertiges Remake von Final Fantasy 7 präsentieren. Die Sony-Pressekonferenz gerät zum nostalgischen Orgasmus, zum Fest der Wiedersehensfreude - zum magischen Messemoment.
Auch sonst wird die E3 mancherorts zum Schauplatz nostalgischer Wiedersehen. Etwa mit dem Mega-Man-Schöpfer Keiji Inafune, der auf der Microsoft-Show seinen neuen Titel Recore enthüllt. Oder mit dem Rundenstrategie-Klassiker Master of Orion. Oder mit allerlei liebgewonnen Rare-Klassikern, die Microsoft in eine Xbox-One-Sammlung packt - allerdings ohne einen gewissen Geheimagenten. Oder natürlich mit dem Kultentwickler Rare selbst, der nach allerlei Kinect-Titeln wieder ein richtiges Spiel entwickeln darf, das Piraten-MMO Sea of Thieves für Ubisoft. Oder mit Nintendos StarFox, dessen letzter Nicht-Handheld-Ableger 2002 für den Gamecube erschien.
Natürlich fehlen auch viele langersehnte Wiedersehen (an dieser Stelle weinen wir Beyond Good and Evil 2 eine stille Träne nach), dennoch scheinen die großen Publisher vermehrt in ihren Archiven und Adressbüchern nach alten Marken und Kontakten zu kramen. Und warum? Weil auch Nostalgie Spiele verkaufen kann; die leuchtenden Kinderaugen von damals blicken heute oft auf ansehnliche Kontoauszüge. Gut möglich also, dass wir nostalgische Wiedersehen künftig häufiger erleben. Hey, EA, macht endlich ein neues Ultima!
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