Dungeons & Dragons: Chronicles of Mystara ist das HD-Remake der Action-Brawler Tower of Doom (aus dem Jahre 1993) und Shadow over Mystara (von 1996). Beide Titel sind Spiele aus einer Ära, in der die Action simpel, die Knopfanzahl überschaubar, die Grafik pixelig und der Bildschirmtod außerordentlich schnell war - kurz gesagt, es sind Sidescroller direkt aus der Spielhalle.
Dort sind die beiden D&D-Actionspiele bis jetzt auch geblieben, denn eine Umsetzung gab es bisher ausschließlich in Japan im Rahmen einer Dungeons & Dragons-Compilation für den Sega Saturn. Warum das eine Rolle spielt? Weil die zwei Fantasy-Prügler in den 90ern zu den besten ihrer Zunft gezählt haben. Doch kann man sie auch heute noch genießen?
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Klassische Kloppe
Wie auf den Screenshots unschwer zu erkennen, ist besagte Zunft die des Kloppens von links nach rechts. Chronicles of Mystara spielt sich ähnlich wie die Klassiker Final Fight oder Turtles in Time - nur eben mit Dungeons & Dragons-Thema. In Tower of Doom heißt das konkret: Wir ziehen mit vier üblichen Fantasy-Verdächtigen (Kämpfer, Zwerg, Elfe, Kleriker) und wahlweise ebenso vielen Mitspielern in die Sidescroller-Schlacht und verprügeln die Unholde des D&D-Universums, also etwa Goblins, Trolle, Drow (Schattenelfen), Beholder oder Drachen.
Hilfreich ist dabei natürlich das klassische Hämmern auf die Angriffstaste, doch Tower of Doom spielt sich im Vergleich zu seinen Genre-Kollegen deutlich abwechslungsreicher, vor allem weil es das eigentlich sehr geradlinige Brawler-Prinzip mit allerlei RPG-Elementen vermischt. Die Spielfiguren haben etwa D&D-typisch bestimmte Werte und charakterbedingte Spezialfähigkeiten. So schleudert die Elfe Blitze oder verwandelt furchterregende Schurken in niedliche Tierchen, und der Zwerg kann einen verheerenden Axtwirbel ausführen. Da unser Charakter danach kurz besonders verwundbar ist, sollten solche Spezialkräfte taktisch klug eingesetzt werden.
Zwischen den Abschnitten steigen unsere Helden im Level auf und bekommen dadurch mehr Lebensenergie. Wir besuchen Shops und rüsten uns mit Zweitwaffen (Wurfspeere, Dolche etc.) aus. Und ebenfalls zwischen den Abschnitten können wir ab und an entscheiden, welchen Weg wir in der simplen Fantasy-Story einschlagen - beispielsweise, ob wir Monstern in die Berge folgen oder eine Stadt mit Trollplage inspizieren. All diese Kleinigkeiten haben schon damals in den 90ern überraschend viel Abwechslung geboten und auch abseits von der Highscore-Jagd zu weiteren Partien verführt.
Im Schatten des Nachfolgers
Noch mehr trifft das beim Nachfolger Shadow over Mystara zu - der übertrifft Tower of Doom nämlich in nahezu allen Belangen. Shadow over Mystara hat mehr Spielcharaktere (Dieb und Zauberer), mehr Gegnertypen, mehr Umfang, ein etwas höheres Spieltempo, somit auch fetzigere Action und Feinde mit einem Quäntchen mehr Grips unterm virtuellen Helm. Über Spezialgegenstände wie mächtige Schwerter oder Zauberstäbe kommt noch ein Schuss mehr Fantasy ins Spiel, und durch vier kurze, für jeden Charakter individuelle Epiloge noch ein Tick mehr Wiederspielwert.
Alles in allem greifen diese vielen Feinheiten wunderbar ineinander und unterhalten auch heute prächtig, zwei Jahrzehnte nachdem Tower of Doom erstmals über Spielhallen-Schirme geflimmert ist. Gute Brawler sind in dieser Hinsicht und mit der nötigen Nostalgie-Brille (dazu gleich mehr) einfach zeitlos. Und im Fall dieser zwei D&D-Kandidaten ist es nun mal überaus spaßig, mit fetzigen Attacken auf Gnollschädel zu hämmern, dicke Endbosse wie eine Kreuzung aus Mensch und Skorpion klein zu kriegen oder einfach nur die stimmigen Story-Sequenzen zu genießen - auch wenn die deutsche Übersetzung vor Fehlern strotzt.
Jeder Level bietet etwas Neues, zahlreiche Feinheiten warten auf ihre Entdeckung (beispielsweise veränderte Kampfwerte durch bestimmte Charakternamen) und wollen wir mal eine etwas andere Spielweise ausprobieren, wechseln wir nach dem Ableben einfach den Charakter. Nostalgikern geht wohl vor allem das Herz auf, weil Chonicles of Mystara nahe an den Originalen und entsprechend retro bleibt. Und das ist gleichzeitig auch der Knackpunkt für all jene ohne besagte Nostalgie-Brille.
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