Pokémon-Klone gibt es wie Zubats in Höhlen – aus dieser Masse der Nachahmer sticht Coromon jedoch hervor. Das Spiel geht keine großen Experimente ein, sondern konzentriert sich stattdessen darauf, die Mechaniken und den Look des Vorbilds gekonnt zu übernehmen. Originell ist das nicht, liefert aber, was das Spiel verspricht: eine kompetente Pokémon-Alternative, in der sich Fans des Originals sofort zurechtfinden.
Coromon überzeugt vor allem beim Feinschliff: Sounddesign, Menüs und Kampfanzeigen sind liebevoll gestaltet. Besonders die Pixelgrafik ist eine schöne Liebeserklärung an den Game Boy Advance, und einige willkommene Kniffe machen aus Coromon mehr als nur einen Abklatsch. Allein die schlecht übersetzten und fehlerhaften deutschen Texte bremsen den Spielspaß.
Worum geht es bei Coromon?
Das Abenteuer beginnt an eurem ersten Arbeitstag am Lux Solis-Institut, das sich der Erforschung der Coromon widmet. Die Geschichte ist wie beim großen Vorbild eher Nebensache: Aufgabe ist es, Coromon zu fangen und zu trainieren – im Namen der Forschung natürlich!
Alles, was ihr für diese Reise braucht, erhaltet ihr von Lux Solis: zum Beispiel die Spinner, mit denen ihr wilde Coromon fangt, und natürlich euer erstes eigenes Coromon. Ihr wählt zwischen dem Feuer-Coromon Toruga, dem Wasser-Coromon Nibbleger und dem Eis-Coromon Cubzero. In der Region Velua gibt es insgesamt übrigens 114 Coromon und sieben Typen: Feuer, Wasser, Sand, Geist, Gift, Elektro und Normal.
Aber was tue ich in Coromon eigentlich?
Genau wie bei Pokémon wandert ihr von Stadt zu Stadt, begegnet wilden Coromon, die euch im hohen Gras oder in Höhlen angreifen, und kämpft gegen andere ”Kampfforscher”. Eure Monster erhalten bei jedem Kampf Erfahrungspunkte und – ihr ahnt es – entwickeln sich auf einem bestimmten Level weiter.
Die rundenbasierten Kämpfe funktionieren nach dem altbewährten Schere-Stein-Papier-Prinzip (Wasser ist effektiv gegen Feuer usw.). Hinzu kommen Statuseffekte wie Verbrennungen, die eurem Coromon zusätzlich schaden. Immer dabei: Der Lux Solis-Handschuh, dessen Fähigkeiten ihr im Laufe des Spiels freischaltet. Ihr lernt zum Beispiel früh, schwere Gegenstände mithilfe des Handschuhs aus dem Weg zu räumen; der Handschuh funktioniert also wie die aus Pokémon bekannten VMs.
Für Abwechslung sorgen die Nebenmissionen, die ihr jederzeit unterbrechen und später fortsetzen dürft: So könnt ihr beispielsweise einer Frau dabei helfen, entkommene Coromon, die im Dorf ihr Unwesen treiben, wieder einzufangen. Die Aufgaben sind recht repetitiv, aber trotzdem machen sie Coromon weniger linear als die meisten Pokémon-Titel. Teilweise erinnert Coromon sogar eher an Pokémon Legenden Arceus, in dem ihr auch mehrere Missionen gleichzeitig übernehmen könnt.
Gibt es Schwierigkeitsgrade? Ja – gleich zu Beginn des Spiels wählt ihr aus vier Schwierigkeitsgraden aus, Einfach, Normal, Schwierig, Unmöglich. Im Laufe des Spiels könnt ihr den Schwierigkeitsgrad jederzeit ändern. Die Kämpfe sind durchaus fordernd. Auch auf der leichtesten Schwierigkeitsstufe wurden wir ein paar Mal besiegt.
Schöne Pixeloptik mit vielen atmosphärischen Details
Coromon bekommt nun wirklich keine Punkte für seine generische Story. Warum das Spiel trotzdem kein seelenloser Klon ist? Ganz einfach: Die Präsentation stimmt! Die Pixelgrafik steckt voller liebevoller Details: der bedrohliche Regen auf der Donarininsel, die Art, wie sich unsere Spielfigur in den Wasserpfützen spiegelt. Es sind diese Details, die dem Spiel Atmosphäre und Persönlichkeit geben.
Auch die Inszenierung der Kämpfe ist gelungen: Die detailreichen Hintergründe, vor denen die Kämpfe stattfinden, ändern sich je nach Schauplatz des Duells – ob schattige Wiese, dunkle Höhle oder steriles Labor. Die Musik ist ebenso dynamisch und zudem wunderbar verspielt. So erinnert das Energieturm-Thema beispielsweise stark an “In der Halle des Bergkönigs”.
Coromon ist zudem toll für die Switch optimiert: Alle Eingaben funktionieren auch über den Touch-Screen. Während eines Kampfes braucht ihr den Joystick also überhaupt nicht, sondern könnt euch wie auf einem Tablet oder Smartphone durch eure Attacken und Items klicken. Bequem!
Allein die Coromon hätten etwas mehr Persönlichkeit vertragen können. Nach etlichen Pokémon-Titeln und anderen Monster-Spielen können uns weitere Elektro-Hunde und Feuer-Schildkröten einfach nicht mehr vom Hocker reißen.
Ein paar Kniffe gibt es doch
Eine gute Neuerung ist das “Potenzial”. Eure Coromon erhalten nicht nur Erfahrungs-, sondern auch “Potenzial-Punkte”, die ihr eigenständig auf bestimmte Fähigkeiten wie Angriff oder Verteidigung verteilen könnt.
Dieser Kniff eröffnet viele taktische Möglichkeiten: Wir haben unser Toruga in eine echte Kampfmaschine verwandelt, indem wir seinen Angriff gestärkt haben. Bei einem anderen Coromon erhöhten wir die Verteidigung, damit es Angriffe einstecken kann, während wir unsere angriffsstarken Coromon heilen. Ihr trainiert jedes eurer Coromon also ganz individuell – das stärkt auch die Beziehung zwischen euch und eurem Monster.
Außerdem haben eure Coromon eine bestimmte Anzahl von Angriffspunkten (AP), die für alle Attacken gilt. Hat euer Coromon beispielsweise 20 AP, müsst ihr euch entscheiden, ob ihr mehrere schwache Attacken einsetzt, die kaum Angriffspunkte kosten, oder alle Angriffspunkte für eine einzige, starke Attacke verbraucht.
Schlechte deutsche Texte bremsen den Spielspaß
Coromon hat keine Sprachausgabe, sondern wie Pokémon nur Dialogfelder – es ist allerdings wirklich schade, dass die deutschen Texte voller Fehler sind. Auch die Formulierungen sind hölzern und wirken wie aus einer Übersetzungssoftware. Sätze wie: “Das ist, wo du ins Spiel kommst!” machen die Atmosphäre kaputt.
Mal heißt es “Potential”, mal “Potenzial” – es sind diese Kleinigkeiten, die auf Dauer einen Beigeschmack hinterlassen. Das ist besonders ärgerlich, denn Coromon hat durchaus Humor: Recht früh im Spiel bekämpft ihr statt eines gegnerischen Coromons einen Stromkasten, den ihr mit Elektro-Attacken besiegen, also überladen müsst. Das Spiel behandelt den Stromkasten wie einen “echten” Gegner, mit Animationen und Lebenspunkten – eine witzige Szene, in der Coromon Selbstironie und einen spielerischen Umgang mit dem Genre beweist.
Eine tolle Pokémon-Alternative und ein Liebesbrief an den Game Boy Advance
Die Referenzen an Pokémon sind offensichtlich, aber Coromon erinnert mit seinem nostalgischen Pixel-Look auch an The Legend of Zelda: The Minish Cap oder Golden Sun. Und dank dieses Retro-Charmes wirkt Coromon eben nicht wie ein bloßer Abklatsch, sondern wie ein ehrlicher Liebesbrief an den Game Boy Advance, der trotz begrenzter technischer Möglichkeiten große Atmosphären schuf. Wenn nur die Monster-Designs und die deutschen Texte ebenso liebevoll wären.
Und klar, das Spiel kupfert viel von seinem Vorbild ab, aber Coromon versteckt sich auch keineswegs davor, ein Pokémon-Klon zu sein. Und ist die Nähe zum Original nicht letztlich das, was einen guten Klon ausmacht?
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