Wann hat sich eurer Meinung nach das letzte Mal grundlegend etwas bei Controllern geändert? So richtig branchenweit und nachhaltig für alle Gamepads, nicht nur im Hinblick auf exklusive Features wie das HD Rumble der Switch-JoyCons oder die adaptiven Trigger des PS5-DualSense?
Ich müsste wahrscheinlich die Zeit bis zur Xbox 360-, PS3 und Wii-Ära zurückdrehen, in der erste Pro-Controller mit verkürzten Trigger-Wegen und Rücktasten aufkamen, Gamepads kabellos wurden und Bewegungssteuerung dank der Wiimote massentauglich wurde.
Auf der diesjährigen gamescom zeichnete sich für mich eine ähnliche Dynamik ab, wenn auch im kleineren Rahmen. Egal bei welchem Peripheriehersteller ich anhielt, durchweg wurden mir dieselben Trend-Features entgegengeschleudert, unter anderem Hall-Effekt-Sticks.
Und ich finde das gar nicht mal schlecht, denn die Neuerungen gefallen mir ausgesprochen gut!
Es führt kein Weg mehr am Hall-Effekt vorbei
Stick Drift wurde in den vergangenen Jahren zu einem immer größeren Ärgernis, vor allem im Zuge der anfälligen JoyCons bei der Nintendo Switch, der sogar in mehreren Zivilklagen mündete. Aber auch andere Pads für PlayStation und Co. haben unter driftenden Stick mit zunehmenden Alter zu leiden.
Einige Hersteller – allen voran der chinesische Zubehörlieferant GuliKit – witterten in der Kontroverse die perfekte Gelegenheit, die jahrzehntealte Hall-Effekt-Technik in aufgemotzter Form zurückzubringen und mit ihrer "Driftlostigkeit" zu werben.
Die meisten Hersteller blieben zwar vorerst Potentiometern treu, auf der diesjährigen gamescom wurde mir aber ganz schnell bewusst, dass Hall-Sensorik zu DEM Standard in den kommenden Jahren werden dürfte. Industrieweit!
Was sind Hall-Effekt-Sticks?
In den allermeisten Controllern seit der Xbox- und PS2-Ära schlummern Analog-Sticks mit sogenannten Potentiometern. Sie erkennen Stick-Bewegungen, indem der Spannungsfluss zwischen zwei übereinander reibenden Scheiben ermittelt wird. Aufgrund dieser Reibung kommt es zu Abnutzungserscheinungen.
Hall-Effekt-Sticks bauen hingegen ein magnetisches Feld auf, durch das eine elektrische Spannung fließt. Dabei stehen keine beweglichen Materialien in Kontakt, weshalb Verschleiß so gut wie ausgeschlossen ist.
Mit dem großen Nintendo-Vergehen wurde übrigens auch reichlich geworben: Konstant wurde von meinen Ansprechpartner*innen die Brücke zu den JoyCons geschlagen, die Hall-Effekt-Sticks sollen deutlich länger halten und würden weitaus weniger Probleme machen.
Potentiometer? Pah, Schmutz von gestern!
Aus Gründen der Nachhaltigkeit und vor allem mit Blick auf meine Brieftasche finde ich das erstmal absolut klasse. Ich bin aber noch gespannt darauf, wie die Controller die Hall-Effekt-Sensorik umsetzen, denn es gibt große Produktionsunterschiede.
In der Praxis neigen Hall-Effekt-Sticks zum Beispiel zu einem größeren natürlichen Drift als Sticks mit Potentiometern, der über sogenannte Deadzones wieder ausgeglichen wird. Durch größere Deadzones nimmt ein wenig die Präzision ab, mit mechanischen Hilfen kann dem aber entgegengewirkt werden.
Ich bin daher gespannt, wie sich Produkte für den schmaleren Geldbeutel in der Praxis schlagen, da dort potentiell an den Stick-Verbesserungen gespart werden könnte.
Allerdings gehe ich nicht davon aus, dass der Nachteil deutlich spürbar sein wird, denn auch Controller mit Potentiometern nutzen Deadzones und die sind zum Teil größer angelegt als bei Hall-Effekt-Pads, da die Komponenten eben schon nach einigen Monaten zu verschleißen beginnen.
Micro-Switches, Trigger-Stops und zusätzliche Schultertasten, wohin das Auge reicht
Neben den Hall-Effekt-Sticks waren es aber auch noch ein paar weitere Trends, die ich bei vielen Produkten bemerkt habe. So kamen viele Controller mit taktilen Micro-Switches auf den Aktionsknöpfen, dem Steuerkreuz und den Schultertasten daher.
Darunter der frisch angekündigte Nacon Revolution X Unlimited:
Die mechanischen Schalter sorgen für einen leichten Widerstand, der in einem spürbaren Klick mündet, es fühlt sich also ein wenig so an, als würdet ihr einen Mausklick ausführen. Mir gefällt das ziemlich gut, da jede Betätigung mit spürbarem Tasten-Feedback einhergeht.
Genau wie beim Revolution X habe ich zudem einige Controller entdeckt, die drei statt zwei Paar Schultertasten verbaut hatten. Das kannte ich bisher nur vom Razer Wolverine V2 Pro und ich finde die Idee absolut genial, da sie mir intuitiver als Rücktasten oder Paddles erscheinen und der Umgang damit leichter zu erlernen ist:
Unter den Neuheiten war beispielsweise der OPS V3 von PowerA, der auch gleich eine Optimierung des Konzepts vornimmt: Er nutzt schmalere, leicht versetzte Zusatztasten, die eine sehr eigene Ergonomie aufweisen und sich daher deutlich vom haptischen Gefühl der Schulter-Tasten und Trigger abheben. Dadurch kommt es viel seltener zu ungewollten Betätigungen.
Einige weitere Controller befinden sich noch unter Verschluss, aber auch da kann ich schon verraten: PowerA, Razer und Nacon nutzen diese und die anderen genannten Technik nicht als einzige! Das Konkurrenzfeld ist groß und ich hoffe, dass dieser Wettbewerb das über eine lange Zeit hinweg eingeschlafene Controller-Segment gehörig aufwirbelt.
Vergleichbar beispielsweise mit Rücktasten und Trigger Stops, die lange Zeit Pro-Geräten vorbehalten waren, mittlerweile aber sogar an günstigen 40 bis 80 Euro-Pads zu finden sind. Auf der Messe habe ich zumindest kaum noch Controller ohne entdeckt.
Die Konsolenhersteller müssen nachziehen
An der Hall-Effekt-, Micro-Switch- und Schultertasten-Front fehlen wenig überraschend noch Sony und Microsoft, da wir uns mitten im aktuellen Current Gen-Zyklus befinden, ist das aber auch nicht verwunderlich. Größere Controller-Iterationen sind schlicht nicht mehr zu erwarten.
Genau wie bei der Nintendo Switch. Die soll schon im kommenden Jahr ein Nachfolgemodell erhalten, sofern aktuellen Gerüchten Glauben zu schenken ist:
Die vergleichsweise kleineren Dritthersteller setzen aber gerade einen Impuls, der sich auch auf die großen Player am Controller-Markt ausweiten dürfte und ich hoffe, dass die neuen Feature-Paletten auch bei DualSense 2 oder Xbox Elite V4 zu finden sein werden.
Denn die kleinen Innovationen machen Gamepads ein ganzes Stückchen besser!
Wünscht ihr euch diese Pro-Features auch so sehr für kostengünstigere Pads? Welche davon am meisten?
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