Sex. Das ist das Erste, woran man beim ungewöhnlichen Puzzler Catherine: Full Body für die PS4 und die PS Vita unweigerlich denken muss. Schon im Startmenü sieht man den Hauptcharakter Vincent in Unterhose. Er wird auf einem überdimensionalen Klavier herumgeschubst, auf dem drei ebenso riesige Damen spielen: Katherine, Catherine und Rin.
Es ist das perfekte Symbolbild für die gesamte Geschichte, denn das Trio spielt wortwörtlich auf der Klaviatur seiner Gefühle. Alle drei lieben ihn, aber keine weiß von der anderen. Vincent ist zu feige, die Situation zu klären. Also rutscht er immer tiefer in Schuldgefühle. Abends klagt er in einer Bar geduldigen Freunden sein Leid. Er bleibt bis in die späte Nacht, um den Schlaf hinauszuzögern. Schließlich plagen ihn Albträume. Dort muss er nahezu nackt vor ekligen Monstern flüchten. Die fressen einen schwebenden Turm weg, den er immer höher und höher hinaufsteigen muss. Vincent ist also zu jeder Tageszeit auf der Flucht.
Irrungen und Wirrungen der Liebe
Das klingt ungewöhnlich, verrückt, bizarr? Oh ja, anders kann man Catherine: Full Body gar nicht beschreiben. Die seltsame Mischung aus verschiedenen Genres und einer erwachsenen Geschichte will nicht so recht in eine Schublade passen. Das war schon beim Original so, das 2011 für die PS3 erschien.
Das Spiel ist in zwei Phasen aufgeteilt: Tagsüber interagiert Vincent in Adventure-Manier mit Freunden in der Bar. Dort führt er zahlreiche Gespräche mit Besuchern, der Kellnerin oder dem Barkeeper. Richtig aktiv werden wir aber erst durch die Kurznachrichten auf seinem Smartphone: Laufend kommen Meldungen von den Herzensdamen rein, in denen manchmal vertrackte Fragen aufkommen.
Katherine (mit K) ist eine disziplinierte Person. Sie ist wenig begeistert davon, wenn Vincent durch die Barbesuche am nächsten Tag verschläft. Was also antworten, wenn sie fragt: "Bist du schon wieder in der Bar?" und wie soll Vincent reagieren, wenn Catherine (mit C) ihm ein erotisches Foto aufs Handy schickt? Die ausgewählten Antworten haben Einfluss auf den Verlauf der Geschichte.
Neuzugang Rin
"Full Body" ist die Bezeichnung für reifen Wein. Der Name passt, denn die neue Version des Spiels ist um etliche Elemente erweitert. Die wichtigste Neuerung in der Handlung ist Rin. Das ist bloß ein Spitzname, denn tatsächlich heißt sie Quatherine. Mit ihr kommt eine weitere Person hinzu, die Vincent den Kopf verdreht.
Sie ist charakterlich das komplette Gegenteil der Femme Fatale Catherine, die sehr körperlich ist und Vincents Sexualtrieb anspricht, während Rin sich über Freundschaft und Vertrauen in ihn verliebt. Die neuen Storysequenzen fügen sich nahtlos in die Handlung ein. So gut, dass man ohne Kenntnis des Originals glauben würde, Rin sei schon immer Teil des Spiels gewesen. Durch sie lernt man zudem neue Facetten von Vincent kennen, was den ohnehin schon gut geschriebenen Charakter noch interessanter macht. Das alles ist nicht nur gut geschrieben, sondern auch richtig gut vertont - allerdings nur auf Japanisch und Englisch.
Die Angst vor der Zukunft kommt bei Nacht
Bei Nacht geht das Spiel in den Puzzle-Modus über, in dem Vincent grausam-fantasievolle Umgebungen besucht, die im Prinzip aus Blöcken bestehen. Und auch da hat sich einiges getan.
So funktionieren die Puzzles: Vincent kann sich Block für Block fortbewegen, das heißt den nächstgelegenen begehen oder eine Blockhöhe höher klettern. Sogar an den Kanten entlanghangeln ist möglich. Steht etwas nicht richtig, kann Vincent Blöcke verschieben, die dann immer an der Außenkante des nächstgelegenen Blocks einrasten. So kann er sich zum Beispiel aus drei freischwebenden Würfeln eine dreistufige Treppe bauen. Knifflig wird es durch besondere Bedingungen. Zum Beispiel sind einige Blöcke mit Fallen versehen. Andere zerbröseln, sobald Vincent sie berührt hat. Und dann gibt es noch welche, die man erst gar nicht bewegen kann.
Noch mehr Denksport: Das erinnert euch etwas an Tetris? Das dachten sich wohl auch die Entwickler und fügten der Full-Body-Fassung einen Remix-Modus hinzu. In dem gibt es neue Blockvarianten, die eure grauen Zellen noch mehr beanspruchen. Doppelblöcke zum Beispiel klingen auf dem Papier nicht nach viel, sind im Spiel aber eine neue Hürde, über die sich auch Kenner des Originals freuen dürften. Auch Rin fügt dem Gameplay eine Neuerung hinzu: Wann immer sie auftaucht und Klavier spielt, verlangsamt sich die Zeit. Das täuscht allerdings nicht darüber hinweg, dass die Turmkletterei optisch auf Dauer etwas abwechslungsarm ist.
Zugänglicher und erweitert
Neben zahlreichen Verfeinerungen des Puzzle-Gameplays ist auch ein einfacher Modus hinzugekommen. Die Originalversion bereitete einiges an Kopfzerbrechen, denn besonders unter Zeitdruck waren die Puzzle-Stages ziemlich schwer. Schließlich gerät man schnell in Panik, wenn aus der Tiefe zum Beispiel ein riesiges Babymonster auf einen zu kraxelt.
Im normalen Modus bekommt Vincent begrenzten Zugriff auf eine Rückspulfunktion. Falls man sich also versehentlich den Weg verbaut hat, ist das nicht unbedingt das Ende. Auf "schwer" gibt es keine zweite Chance, während man auf "einfach" sogar einen optionalen automatischen Modus aktivieren darf. Wer also nur die Story genießen möchte, kann Vincent wie von Geisterhand selbst die Rätsel lösen lassen.
Für jeden passende und neue Herausforderungen: Insgesamt bietet das Spiel für jeden Spielertyp den optimalen Modus an - von zugänglich bis ultraschwer. Sogar Punktejäger werden mit dem neuen Colosseum-Modus bedient, der es ermöglicht, sich online mit anderen Klettermeistern zu messen. Immer noch nicht genug? Dann gibt's im Babel-Modus noch weitere Herausforderungen oben drauf, die man sogar im lokalen Koop-Modus spielen kann. Das Weinglas ist bei dieser Neuauflage also randvoll.
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