Der KI-Totalausfall
Das kommt in guten Momenten durchaus recht fetzig und motivierend rüber. Zumal die Inseln Charakter haben und ihre Topografie samt der sechs verschiedenen Klimazonen schön ins Geschehen eingebunden sind. Aber es gibt auch schlechte Momente – sehr viele sogar. Denn naturgemäß kann man nur eine Einheit gleichzeitig aktiv steuern, die KI übernimmt den Rest.
Leider ist die KI und besonders die Wegfindung bei den Amphibien eine einzige Katastrophe. Sie bleiben an Steinen und Bäumen hängen, drehen sich sinnlos im Kreis, verhaken sich untereinander oder kurven selbst dann direkt vor einer feindlichen Kanone herum, wenn es einen sicheren und noch dazu kürzeren Weg gäbe – der berüchtigt dämliche Sammler aus der Command & Conquer-Serie ist dagegen ein wahrer Fahrkünstler.
Angesichts der grenzenlosen Freiheit über den Wolken ist das Problem bei den Mantas weniger stark ausgeprägt. Auch sie bleiben aber gerne mal in den Wolken hängen. Bohemia ist das KI-Desaster sehr wohl bewusst sein, der erste Patche sollte bereits Verbesserungen bringen, gespürt haben wir davon nicht viel. Weitere Updates sind angekündigt.
Wirklich unspielbar wird Carrier Command dadurch zwar nicht. Um den Frustfaktor aber wenigstens im erträglichen Rahmen zu halten, ist eine sehr genau Wegplanung und ständiges Springen zwischen den Einheiten nötig. Ganz nebenbei erhöht sich dadurch der eh schon knackige Schwierigkeitsgrad im Kampagnenmodus. Die Gegner sind meist in der Überzahl und wenn wir dann plötzlich wieder allein vor der feindlichen Basis stehen und zerschossen werden, verfluchen wir regelmäßig die saublöden Untertanen, die wie im Kindergarten an die Hand genommen werden wollen.
Die grundsätzlich tolle Idee, in besonders actionreichen Szenen selbst zu steuern und beim Kampf in der ersten Reihe zu sein, verkommt so zu einer ständigen Notlösung, um eigene Truppen durchs Gelände zu navigieren. Das kostet Zeit und Spielspaß.
Ego-Shooter als missratenes Tutorial
Die bessere Alternative zur Kampagne ist der reine Strategiemodus. Hier lassen sich Ausgangssituation, Gegnerstärke, Produktionsrate und Siegbedingungen dem eigenen Geschmack anpassen. Allerdings wird man hier auch sprichwörtlich ins kalte Wasser geworfen.
Nur im Kampagnenmodus wird einem das Spielprinzip in einem ziemlich langen Tutorial nähergebracht. Und zwar am Anfang ausgerechnet in Form eines Ego-Shooters. Als Kommandant erkunden wir die erste Insel und infiltrieren das Hauptquartier. Keine Ahnung, ob man sich damit beim modernen Zielpublikum anbiedern will - der FPS-Part ist jedenfalls ein echter Tiefschlag.
Nervöse Steuerung, strunzdumme Robo-Gegner und praktisch keinerlei Herausforderung machen die erste Stunde zur echten Qual. Auch, weil versucht wird, der eigentlich recht belanglosen Hintergrundstory durch viel Gelaber und amateurhafte Zwischensequenzen einen atmosphärischen Rahmen zu geben. Versuch gescheitert.
Grafik und Sound
Recht kurz fassen lässt sich das Kapitel Präsentation. Grafik und Sound schaffen gewisse Mindeststandards, ohne deshalb zu Verzückungsschreien zu animieren. Das bereits erwähnte Highlight sind die teilweise recht schönen Inselwelten; bei so wenigen Einheiten dürften dafür Manta, Walrus und auch der Carrier selbst ruhig etwas aufwändiger gestaltet sein.
Weniger schön sind Mimik und Animationen der (wenigen) Menschen. Ihre rein englische Sprachausgabe wirkt bemüht, aber gewollt ist halt nicht immer auch gekonnt.
Die Unterschiede zwischen der PC- und Xbox-360-Version fallen dabei marginal aus, die Schatten sind auf dem PC sauberer, die Texturen in der Entfernung nicht so verschwommen. Im laufenden Spiel wirken sich die Unterschiede aber kaum aus.
Multiplayer Fehlanzeige
An dieser Stelle würden wir liebend gerne ein »alle Unzulänglichkeiten sind spätestens dann vergessen, wenn man die Inselbefreiung im Koop-Modus mit menschlichen Mitspielern in Angriff nimmt. Dann läuft Mission Gaea zur Höchstform auf, weil das Konzept dafür geradezu prädestiniert ist« folgen lassen. Wahrscheinlich würde das sogar stimmen – alleine, es ist keinerlei Multiplayermodus integriert. Und damit hat Bohemia das eigene Schlachtschiff dann endgültig untergangsreif geschossen.
Besonderheiten der Xbox-Steuerung
Carrier Command ist das erste Xbox-360-Spiel von Bohemia Interactive. Die Umsetzung auf die Microsoft-Konsole ist dem Team größtenteils gut gelungen, besonders die Boden und Luftfahrzeuge lassen sich in der Direktsteuerung gut kontrollieren. Über die grafischen Unterschiede zur PC-Version haben wir bereits berichtet. Weniger schön: Im Strategiemodus fällt die Gamepad-Steuerung fummelig aus, eine Pauseoption wäre hier sicher eine faire Option gewesen, besonders da den KI-Truppen oft nachgeholfen werden muss.
Ebenfalls nervig ist ein kleiner Fehler bei der Befehlsgebung im Kreismenü. Nachdem wir unseren Truppen über das Menü einen Befehl erteilt haben, wird das Menü geschlossen und wir verstellen automatisch den Kamerazoom, weil der Stick immer noch in eine Richtung gedrückt ist - auf Dauer sehr nervig.
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