Als Burnout Paradise im Jahr 2008 für die PS3 und die Xbox 360 erschien, gab es gute Arcade-Racer noch wie Sand am Meer. Und obwohl die vorherigen Teile der Burnout-Serie - wie etwa Burnout 3: Takedown - qualitativ schon ordentlich vorgelegt hatten, zog Paradise vor knapp zehn Jahren mit Vollgas noch einmal locker vorbei und begeisterte Kritiker und Fans mit seiner frei befahrbaren Stadt sowie der schieren Zahl an Renn-Events. Burnout Paradise Remastered für PS4 und Xbox One ist eine grafisch aufgepeppte Version des Arcade-Racers und funktioniert auch heute noch hervorragend.
Jede Kreuzung eine Herausforderung
Remastered entlässt euch ohne großes Vorgeplänkel in die frei befahrbare Stadt Paradise City, an der im wahrsten Sinne des Wortes an jeder Kreuzung Renn-Events auf euch warten. Einfach hinfahren, die beiden Schultertasten drücken und los geht's. Auch heute noch ist die Abwechslung der einzelnen Rennvarianten erfreulich hoch. Klassische Rennen, bei denen ihr euren eigenen Weg durch das Straßennetz finden müsst, geben sich etwa mit Eliminations-Rennen die Klinke in die Hand, in denen es gilt, eine bestimmte Anzahl von Gegnern auszuschalten.
Außerdem gibt es Crash-Events oder Veranstaltungen, bei denen ihr euch schwarzer Autos erwehren müsst, die euch von der Straße rammen wollen. Durch gewonnene Rennen verbessert ihr eure Lizenz und schaltet so nach und nach neue Rennen und Fahrzeuge frei, was erstmal nach recht monotoner Belohnungsspirale aussieht.
Der Schub so gut
Doch lasst euch davon nicht täuschen, denn das große Paradise-Suchtmittel ist das Kern-Gameplay. Denn das ist herrlich reduziert und genau diese Reduktion auf das Wesentliche ist die große Stärke von Burnout Paradise Remastered. Ballast wie Fahrzeugtuning, konfigurierbare Einzel-Events oder Foto-Modi fehlen komplett, stattdessen heißt es einfach "Vollgas geben und Spaß haben". Die Steuerung der insgesamt knapp 80 Boliden ist nahezu perfekt, auch bei absoluter Höchstgeschwindigkeit habt ihr die Schlitten unter fast schon filigraner Kontrolle. Und glaubt uns, schon nach kurzer Zeit werdet ihr süchtig nach der Höchstgeschwindigkeit.
Durch waghalsige Manöver wie Ausflüge in den Gegenverkehr oder rabiates Abdrängen von Kontrahenten füllt ihr nämlich eure Boost-Leiste, die euch dann noch einmal einen Extra-Turboschub bringt. Und jagt ihr während des Boostens weiterhin waghalsig durch die Stadt, könnt ihr theoretisch unendlich lange boosten. Das Fahren in Normalgeschwindigkeit fühlt sich wie bei allen anderen Burnout-Spielen irgendwann nach Schneckentempo an.
Von Sucht und doofer Wegfindung
Es ist wirklich erstaunlich, wie gut das gesamte Gameplay-Konstrukt auch heute noch funktioniert, die Qualität der reinen Spielmechanik steckt ganz locker die von vielen aktuellen Arcade-Racern, darunter auch die letzten Need for Speeds, ganz locker in die Tasche. Hier und da wünscht man sich eventuell etwas mehr KI-Hirnschmalz, weil der Großteil der Events doch recht gut machbar ist. Das tut dem eigentlichen Spielspaß aber kaum Abbruch. Dadurch, dass die einzelnen Events meist nicht länger als ein paar Minuten dauern, geratet ihr schnell in den berühmt-berüchtigten "Einer geht noch"-Sog, das fantastische Geschwindigkeitsgefühl tut sein Übriges. Vermutlich fallen diese Qualitäten heute sogar noch stärker auf, weil es aktuell an wirklich guten Arcade-Konkurrenten mangelt - ja, natürlich gibt es Forza Horizon 3, aber das spielt mit seiner schieren Auto- und Spielwelt-Opulenz sowie dem Realismus-Arcade-Mix in einer etwas anderen Liga.
Trotzdem merkt man Paradise sein Alter an einigen Ecken aber deutlich an. Im Vergleich zu aktuellen Genrevertretern wie Forza Horizon 3 ist Paradise City plus Umland zum Beispiel ziemlich überschaubar, auch der grafische Abwechslungsreichtum hält sich trotz einiger Highlights wie Canyons oder Highways in Grenzen. Und die Wegfindung auf der Karte, die uns schon vor zehn Jahren nicht so wirklich gefiel, wurde auch in der Remastered-Version nicht verbessert. Eigene Wegpunkte könnt ihr dementsprechend auf der Karte immer noch nicht setzen, und der Fahrzeugwechsel ist nur an Schrottplätzen möglich, von denen es lediglich eine Handvoll in der Stadt gibt.
Alle DLCs an Bord
Umfangstechnisch ist alles drin, was man von einer Neuauflage nach zehn Jahren erwarten würde. Neben allen Inhalten des Hauptspiels sind auch die insgesamt sieben DLCs (eine Übersicht findet ihr hier) und die große Erweiterung Big Surf Island an Bord, die euch ein weiteres frei befahrbares Gebiet unter die Räder setzt. Freigeschaltet werden muss davon nichts, alles ist von Anfang an verfügbar - so, wie es sein muss. Beim Test stachen dabei besonders die witzige Toys-Erweiterung (in der ihr Spielzeugautos lenkt) sowie die Motorräder hervor, die sich für einen Arcade-Racer ungewohnt exzellent steuern.
Auch der Online-Modus ist drin, in dem ihr mit bis zu acht Leuten in einer Party beispielsweise Stunt-Herausforderungen oder festgelegte Rennen fahren könnt. Zum Testzeitpunkt waren die Server für Remaster-Verhältnisse schon erstaunlich voll, und auch wenn es mittlerweile ausgereiftere Multiplayer-Modi in Rennspielen geben mag, empfehlen wir den Paradise-Online-Ausritt ausdrücklich.
Das sah doch immer schon so aus?
Von den technischen Anpassungen sind wir dagegen ein wenig ernüchtert. Versteht uns nicht falsch, Paradise Remastered kann es auch ohne Remake-Grundsanierungen immer noch ganz locker mit heutigen Mittelklasse-Racern aufnehmen, insbesondere die butterweiche Framerate ist wirklich der Hammer, und insgesamt sieht das Bild schärfer aus als beim Original. Aber selbst in 4K (auf PS4 Pro und Xbox One X) und mit der flotten Framerate von 60fps sieht man Paradise seine PS3- und 360-Wurzeln immer noch deutlich an, die Stadt wirkt stellenweise doch arg leer, hier haben wir einfach das Gefühl, dass da noch mehr drin gewesen wäre. Dass es immer noch zu einer sehr guten 4-Punkte-Wertung im Bereich Präsentation reicht, liegt hauptsächlich an der wuchtigen Klangkulisse, die mit ihren genialen Crash-Geräuschen und dem Vorbeisausen des Gegenverkehrs absolut nichts von ihrem einnehmenden Charme verloren hat. Dazu kommt einer der mit Abstand besten Soundtracks, die EA jemals in einem Spiel veröffentlicht hat: Die treibenden Klänge von Guns N' Roses, Twisted Sister, Jimmy Eat World und etlichen mehr passen zum Spiel wie der Nitro-Schub zum Burnout-Flitzer.
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