Zum zehnjährigen Jubiläum der beiden Action-Kracher Bayonetta und Vanquish bringt Entwickler Platinum Games jetzt beide Spiele im Bundle auf PS4 und Xbox One. Sowohl für Fans als auch Neulinge richtig cool: Beide Titel wurden für die aktuellen Konsolen optimiert und kommen mit 4K-Auflösung und geschmeidigen 60 Bildern pro Sekunde.
Die Frage, die sich jedoch stellt: Wie stark hat der Zahn der Zeit an den beiden Action-Krachern genagt. Einst gefeierte Meisterwerke verlieren oft im Laufe der Jahre an Glanz, vor allem wenn eine ganze Dekade vergangen ist. Bayonetta und Vanquish meistern diesen Alterungsprozess allerdings erstaunlich gut.
Das ist Bayonetta
In Bayonetta prügelt sich die namensgebende Hexe durch Heerscharen von Feinden. Sie ist in einen Konflikt zwischen Himmel und Hölle verwickelt, bei dem dämonische Mächte auf engelsgleiche Krieger treffen. Welche Rolle sie dabei spielt, ist Bayonetta aber nicht ganz klar, die Suche nach Antworten ist Teil ihrer Reise.
Wirklich wichtig ist die Geschichte aber ohnehin nicht, denn sogar in den Zwischensequenzen wird gekämpft, was das Zeug hält. Die Kloppereien sind der wahre Star von Bayonetta: Elegant wechselt man fließend zwischen deftigen Schlägen und vier Pistolen. Richtig gelesen. Zwei davon hält Bayonetta in den Händen, zwei sind an ihre Stiefel montiert.
Die Bedienung bleibt trotz aller Special-Moves immer intuitiv, die Gegner sind abwechslungsreich und ihre Manöver stets gut lesbar. Nach kurzer Zeit verschmilzt man mit dem Hauptcharakter und taucht voll in die Gefechte ein. Mit effektvoll und abwechslungsreich in Szene gesetzten Zwischen- und Endbossen geizt das Spiel zum Glück auch nicht.
Das ist Vanquish
In einer fernen Zukunft ballert Macho-Spezialsoldat Sam mit wuchtigen Waffen meterhohe Roboter in den Orbit. Er kann sich zwar in bester Deckungsshooter-Manier hinter Barrikaden aus der Ziellinie bringen, aber wie bei Bayonetta ist Angriff die beste Verteidigung.
Sein hochmoderner Anzug macht es möglich: Mit ihm kann er pfeilschnell über den Boden schlittern und sich in die Luft katapultieren, um von dort aus Gegner zu beschießen. Die Monster sind hier aus Metall, aber ähnlich imposant wie bei der Hexen-Prügelei. Bei den Bossen ist mehr Taktik als bei Bayonetta gefragt, da man hier wunde Punkte identifizieren und zuerst ausschalten sollte, zum Beispiel die Beine von einem Mech.
Zwei Welten, viele Gemeinsamkeiten
So unterschiedlich sie auf den ersten Blick auch wirken, eine große Gemeinsamkeit der beiden Titel ist die Zeitlupe. Weicht Bayonetta im letzten Moment aus, aktiviert sich die sogenannte Witch-Time. In der kann sie sich in normaler Geschwindigkeit bewegen, während für ihre Feinde Schneckentempo angesagt ist.
Sam kann die Zeit sogar auf Knopfdruck anhalten, verbraucht dabei aber Energie, die sich nur langsam wieder auflädt. Bei beiden Spielen ist das Momentum wichtig: Mit dem richtigen Timing und langen Combos liefert man nicht nur eine tolle Show, sondern treibt auch das Rating in die Höhe. Nach jedem Abschnitt gibt's eine Punktetafel, die Action-Enthusiasten zu guter Performance motiviert.
Wer lieber entspannt spielen möchte, freut sich hingegen über die einfachen Schwierigkeitsgrade, die einige Aktionen automatisieren. Diese Skalierbarkeit ist bemerkenswert. Bayonetta und Vanquish bedienen sowohl Fingerakrobaten als auch Einsteiger.
Das ist nicht so toll: Störend bei Sam's Feuergefechten ist jedoch manchmal die Kamera, die sich in hektischen Situationen schon mal in einer Wand verirren kann. Auch das Pacing ist bei beiden Spielen nicht optimal: Bayonettas Geschichte ist unnötig konfus erzählt, Sam wird ab und an von lästigen Nebenaufgaben ausgebremst. Im Granatenhagel Gefangene zu retten wirkt wie Spielzeitstreckung. Richtig nervig ist eine einzelne Sniper-Mission, bei der nicht der Spieler das Tempo bestimmt, sondern eine automatisch fahrende Monorail.
Von Action-Klischees und Folterinstrumenten
So cool und stylisch beide Spiele auch sind, so wenig ernst nehmen sie sich. Vanquish strotzt nur so vor Actionfilm-Klischees: Ein russischer Weltraum-Terrorist besetzt eine Raumstation, die die Amerikaner mit gigantischen Raumflotten und einer Extraportion Pathos zurückerobern wollen. Bei den Schlachtszenen bedient man sich ausgiebig bei Starship Troopers und anderen SciFi-Filmen - und schämt sich kein bisschen dafür! Es hagelt One-Liner im Minutentakt, durch die offenbar mit Testosteron durchtränkte Soldaten ihr Revier markieren.
Auch Bayonetta ist alles andere als subtil: Mit sexuell aufgeladenen, tanzenden Kampfbewegungen prügelt sie irgendwie himmlisch-heilig aussehende Engels-Monster in mittelalterliche Folterinstrumente. Ob Monster oder Roboter als Gegner: Beide Spiele haben eine unbändige Lust an maßloser Übertreibung, die zum Markenzeichen von Platinum Games gehört.
Lustloser 4K-Port
Vanquish und Bayonetta sind auch heute noch absolut spielenswert. Der Port auf die aktuellen 4K-Konsolen ist aber enttäuschend. Ja, jetzt läuft alles in 4K und 60fps, darüber hinaus hat sich aber nichts getan.
Keine neuen Texturen, Shader, Lichteffekte - nichts. Bei Vanquish gibt es zum Beispiel störendes Kantenflimmern. Blöd, denn dort dominieren geradlinige geometrische Formen die Spielwelt. Jeder Treppenaufstieg erzeugt deshalb Kopfschmerzen. Ab und an ploppen auch Elemente aus der Ferne in die Level.
Noch härter trifft es Bayonetta: Die Texturen wirken mittlerweile ziemlich schwammig, viele Szenen versumpfen in einem grau-braunen Brei. Überflüssig sind zudem die zahlreichen Motion Blur-Effekte bei beiden Titeln. Sie akzentuieren nicht auf feine Art Animationen, sondern legen sich großflächig über das gesamte Bild.
Manche Szenen, etwa das eigentlich großartige interaktive Intro von Bayonetta oder die Zeitlupe in Vanquish, wirken dadurch unscharf und schmierig, 4K hin oder her. Der Motion Blur-Effekt hat vielleicht auf den "alten" Konsolen Sinn ergeben und grafische Unzulänglichkeiten kaschiert, heute wirkt er aber nur noch deplatziert.
Bei einem Remaster sollte man eigentlich erwarten, dass solche technischen Eigenheiten zumindest optional abschaltbar sind. So liefert das Paket zwei zwar spielerisch hervorragend gealterte Titel, sie leiden aber unter der zehn Jahre alten Technik.
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