Seite 2: Assassin's Creed Valhalla im Test: Schmerzhaft wie eine Axt im Kopf

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Wenn Rennen mehr Spaß macht als Kämpfen

Wie es sich für ein Spiel mit Wikingern gehört, dreht sich ein Großteil von Valhalla um Kämpfe. Und das ist - anders als wir es erwartet hätten - keine gute Sache. Denn um es kurz zu machen: Kämpfen in Valhalla macht keinen Spaß.

Das System will uns vorgaukeln, dass wir Taktik und Finesse benötigen, um Gegner zu besiegen, indem wir Blocken oder Schwachpunkte nutzen. Die Wahrheit ist allerdings, dass die extrem dumme KI in den meisten Fällen keinerlei Herausforderung bietet, egal welche Klasse gerade vor uns steht. Wer sich nicht extrem dämlich mit einem Bogen anstellt, macht mit fast jedem Feind innerhalb von Sekunden kurzen Prozess.

Selbst zum Besiegen wuchtiger Gegner brauchen wir keine große Taktik. Selbst zum Besiegen wuchtiger Gegner brauchen wir keine große Taktik.

Besonders auffällig wird das in den vollkommen überbeanspruchten Massenschlachten, von denen es in jedem Gebiet mehrere gibt. Diese chaotischen Keilereien spielen sich im Kern fast immer gleich: Zusammen mit einem Haufen NPCs stürmen wir ein Lager/eine Burg/ein Dorf/irgendetwas anderes, was man stürmen kann, und metzeln uns dabei durch einen Haufen Gegner. Das Geschnetzel wird durch ein bis drei Tore/Hängebrücken unterbrochen, die erst beseitigt/heruntergelassen werden müssen, damit es weitergehen kann. Nach dem Tor/der Hängebrücke wird dann weiter gekloppt bis das nächste Tor/die nächste Hängebrücke kommt oder wir - endlich, endlich, endlich - das Ende erreicht haben. Dort wartet dann gerne mal ein besonders gut gepanzerter Bossgegner, der sich allerdings nie nach einem solchen anfühlt und uns oft eher Geduld als Skill abverlangt.

Die Massenschlachten sind im Großen und Ganzen Augenwischerei ohne Tiefe, in denen nie ein Gefühl von Gefahr oder Anspannung aufkommen will. Das zeigt sich vor allem darin, dass man theoretisch nicht einmal kämpfen muss. Mehr als einmal haben wir das ganze Kampfgeschehen um uns herum ignoriert und einfach nur die Tore geöffnet, um dann zum Ende durchzulaufen - manchmal ohne einen einzigen Kill.

Was selbstverständlich absolut kontraproduktiv für den Spielspaß klingt, war letztlich ein Akt der Verzweiflung, geboren aus dem dringenden Wunsch, nicht zum siebzehnten Mal denselben Kampf zu kämpfen, der schon beim zweiten Mal keinen Spaß mehr gemacht hat.

Die optionalen Bosse erinnern an God of War und bieten die größte Herausforderung im Spiel. Die optionalen Bosse erinnern an God of War und bieten die größte Herausforderung im Spiel.


Optionale Bosskämpfe:

Eines der besten neuen Features sind die optionalen Bosse, die wir in der Open World finden können. Sie gehören zu den größten Herausforderungen in Valhalla und erinnern nicht von ungefähr an die Walküren in God of War, auch wenn diese Gegner in Assassin's Creed um einiges abwechslungsreicher sind.

Da sie mit besonderen Fähigkeiten daherkommen, müssen wir tatsächlich taktisch vorgehen. Während wir die flinke Kriegerin Cordelia dank ihrer Blitzangriffe lieber aus der Ferne mit Pfeilen bearbeiten, zwingt uns der langsame, aber starke Fischer Thor mit seinen Speeren oft zum Blocken.

Einziger Wermutstropfen: Da sich diese Bosse in der Open World verstecken, ist es sehr leicht, sie zu übersehen oder gar nicht erst über sie zu stolpern. Wir sind der ersten von ihnen, Cordelia, erst nach über 40 Stunden im Spiel begegnet, nachdem wir uns aktiv auf die Suche gemacht haben. In einer so großen Welt wie der von Valhalla kann das natürlich auch ein unglücklicher Zufall gewesen sein.

Zwischen Stealth und Leichenbergen

Einer der wenigen Lichtblicke ist es, wenn es vor einer Schlacht die Option gibt, die spätere Belagerung bereits zuvor durch gezielte Infiltration zu beeinflussen. In solchen Momenten fühlt sich Assassin's Creed dann endlich etwas taktisch, endlich nach Assassin's Creed an. Wenn wir von Deckung zu Deckung schleichen, um die Menge der Feinde auszudünnen oder ihre Verteidigungsgeschütze für die kommende Belagerung zu manipulieren, fühlt sich das immerhin befriedigend an.

Stealth und natürlich allem voran die Option, endlich wieder aus dem Schatten heraus mit der (diesmal eher sichtbaren als) verborgenen Klinge One-Hit-Kills machen zu können, ist eines der wenigen Kampf-Highlights von Assassin's Creed. Aber auch die Freude über Stealth wird durch das sprunghafte Verhalten der KI getrübt. Es ist nie nachvollziehbar, wann und warum wir entdeckt wurden. Manchmal sieht uns eine Wache, die mit dem Rücken zu uns steht, mal können wir relativ offen dastehen und einen Gegner nach dem anderen mit unserem Bogen fällen, bis sich die Leichen stapeln.

Am meisten Spaß macht es in Assassin's Creed, die meisten Kämpfe zu vermeiden. Keine gute Nachricht für ein Abenteuer, das Massenkeilereien im Wikinger-Stil in seinen Mittelpunkt stellt.

Fähigkeiten vs. Fertigkeiten

Ähnlich wie auch die episodenhafte Story wirkt das neue Skillsystem zerfasert, was vor allem an der neuen Aufteilung zwischen Fertigkeiten und Fähigkeiten liegt.

Unter Fertigkeiten versteht Valhalla einen verzweigten Skill Tree, den wir nach und nach freischalten. Hier verbessern wir Dinge wie den Schaden, den wir austeilen und einstecken können, unsere allgemeine Gesundheit, oder wir schalten neue Moves wie den Finisher "Zerstampfen" oder das Meucheln von Feinden mit hoher Stufe frei. Da der Fertigkeitsbaum gigantisch ist und das schwierigste Gebiet eine Stärke von 340 verlangt, werden uns Punkte nur so hinterhergeworfen. Innerhalb einer Quest kann es schon mal vorkommen, dass wir kurz hintereinander drei bis vier Mal hochleveln.

Die Fähigkeiten hingegen erinnern vor allem vom Namen her an das System aus Odyssey und sind unterteilt in Nah- und Fernkampf. Jeweils vier von jeder Sorte können wir ausrüsten und jederzeit ändern, um so unseren Spielstil anzupassen. Beispielsweise können wir im Fernkampf einen Wolf auf unsere Feinde hetzen oder die Zeit verlangsamen, um dann mehrere Präzisionsschüsse mit dem Bogen abzugeben.

Anders als die Fertigkeitspunkte werden uns Fähigkeiten nicht hinterhergeworfen, wir müssen sie uns verdienen - oder sie finden. Während wir einige als Belohnungen für das Erledigen von Quests bekommen, erhalten wir andere, indem wir besondere Bücher in der Welt finden.

Valhalla hat einen ausführlichen Skilltree und wirft mit Skillpunkten nur so um sich. Valhalla hat einen ausführlichen Skilltree und wirft mit Skillpunkten nur so um sich.

Dieses System aus Fertigkeiten und Fähigkeiten soll langfristig motivieren, nicht nur Eivor ständig weiterzuentwickeln und zu experimentieren, sondern auch die Welt zu erkunden. Was auf dem Papier gelungen wirkt, hapert bei der Umsetzung. Mehr als einmal haben wir uns dabei erwischt, wie wir die Fertigkeitspunkte einfach nicht verteilt haben, weil es in dieser Kleinteiligkeit kaum einen spürbaren Unterschied im Kampf gemacht hat. Ob wir nun +1.7 Schleichangriff-Schaden hatten oder nicht, schien keine Rolle zu spielen, bis wir für ein neues Gebiet einen höheren Stärkelevel brauchten und alle Punkte auf einmal vergaben.

Auch bei den Fähigkeiten zeichneten sich schnell eine handvoll Favoriten ab, die stark genug gegen die schwächlichen Gegner waren, um keinen Grund für Experimente zu geben. In der Theorie verlangen verschiedene Gegnertypen mit ihren Äxten, Bögen, Schilden und Armbrüsten zwar unterschiedliche Taktiken, aber ein paar Pfeile im Kopf fällen jeden noch so wuchtigen Goliath oder flinken Berserker ohne großes Brimborium.

Weniger Loot, mehr Bedeutung

Ähnlich sieht es beim Loot-System aus, das nach der Kritik an Odyssey komplett überarbeitet wurde. Waffen und Rüstung sollen wieder Bedeutung haben, daher gibt es weit weniger als im Vorgänger. Anstatt an jeder Ecke neue Schwerter, Bögen oder Helme zu bekommen, sind neue Ausrüstungsgegenstände an Quests, Händler und Erkundung gekoppelt. Haben wir einmal neue Ausrüstung erhalten, können wir diese mit gesammelten Ressourcen verbessern oder mit Runen versehen, die uns zusätzliche Boni wie mehr Gesundheit oder Feuerschutz geben.

Da es nur so wenige Waffen und Rüstungsteile gibt, können wir die gefundenen Gegenstände weder zerlegen noch verkaufen. Sie bleiben dauerhaft im Inventar, nachdem wir uns einmal für eine Ausstattung unserer Wahl entschieden haben. Und weil die Kämpfe auf dem Standard-Schwierigkeitsgrad nicht sonderlich fordernd sind, gibt uns Valhalla auch hier eigentlich keine Gründe, groß zu experimentieren.

Die Loot-Spirale von Odyssey wurde ordentlich zurückgeschraubt & Rüstungen sind wieder wertig. Die Loot-Spirale von Odyssey wurde ordentlich zurückgeschraubt & Rüstungen sind wieder wertig.

Ob euch die neue Ausrichtung gefällt oder nicht, hängt davon ab, wie gut Loot-Spiralen euch motivieren. In jedem Fall scheint das System von Valhalla besser durchdacht als das von Odyssey und sorgt dafür, dass Waffen und Rüstungen sich wertiger anfühlen als zuvor. Wer also Angst davor hatte, auf der Reise durch England unter jeder Menge Loot begraben zu werden, den können wir beruhigen. Wir haben unsere Start-Rüstung nie abgelegt, sondern nur hochgelevelt und hatten keinerlei Probleme.

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