Letztes Jahr meinte Kollege Mirco zu Assassin's Creed Chronicles: China: »Ein gelungener Auftakt für die Trilogie«. Die Spin-Off-Reihe hat die Pfade der Hauptreihe verlassen und uns stattdessen eine erfrischende und spaßige Stealth-Reise in 2D beschert - ähnlich wie im großartigen Mark of the Ninja.
Jetzt erscheint der Nachfolger Assassin's Creed Chronicles: India, wo es die meuchelnden Kapuzenträger nach - Überraschung - Indien verschlägt. Bleibt nur die Frage zu klären, was sich neben dem Schauplatz noch geändert hat. Die ernüchternde Antwort: Tja, nicht viel. Aber das muss ja noch nichts Schlechtes heißen.
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Alles schön bunt hier
Auf den ersten Blick hat Indien vor allem eins zu bieten: Farbenpracht! Obwohl die Grafik bei näherem Hinsehen nicht sonderlich detailliert ausfällt, bleibt der neue Schauplatz mit seinen bunten Palästen, Marktplätzen und gezeichneten Stadtsilhouetten ebenso im Gedächtnis wie die malerischen Aquarelle von Chronicles: China.
Schade hingegen: Wie schon das Abenteuer im Land der Mitte ist auch Indiens Assassinen-Story eine lapidare Geschichte. Angesiedelt im in der frühen Kolonialzeit und nach den Geschehnissen des Comics Assassin's Creed Brahman schlüpfen wir unter die Kapuze von Assassine Arbaaz Mir. Der will den wertvollen Koh-i-Noor-Diamanten stibitzen. Serientypisch haben die Schergen des Templer-Geheimbundes was dagegen. Mehr als dieses Story-Fundament sollte man nicht erwarten - ein paar weitere Details sind noch als schnöde Texte im Menü versteckt.
Sei's drum. Auch den Vorgänger haben wir nicht wegen der Story gezockt, sondern wegen des gewitzten Stealth-Spielprinzips. Und das ist in Indien exakt genauso kurzweilig, befriedigend und motivierend wie in China. Man kann sich das in etwa vorstellen, als würde man das bekannte Assassin's Creed-Flair als Sidescroll-Hüpferei umsetzen und dem Ganzen einen klaren Fokus auf Schleichen statt Kämpfen verpassen.
Arbaaz turnt wie seine dreidimensionalen Assassinenkollegen über Dächer, kraxelt Hauswände entlang und meidet tunlichst indische Wachen und englische Soldaten - oder meuchelt sie ungesehen aus dem Hinterhalt. Dazu schwingt er sich bei Gelegenheit auch ein bisschen in den Hinter- oder Vordergrund, was dem Parcour-Herumgetolle nicht nur optische, sondern auch spielerische Tiefe verleiht.
Gewohnt spaßig…
Arbaaz muss aber nicht nur seine akrobatischen Fähigkeiten nutzen. In Chronicles: India zählt wie im Vorgänger vor allem Köpfchen. Dank praktischer Indikatoren wie Sichtkegel oder hervorgehobener Verstecke kann und sollte der geneigte Assassine seine Schritte clever planen. Die Levels kann man quasi als kreative Stealth-Rätsel sehen - zwar sind sie linear aufgebaut, doch hat man als Arbaaz einige Möglichkeiten, ans Ziel zu kommen: Wachen ausschalten oder lieber unbemerkt von Versteck zu Versteck huschen? Die Gegner durch Pfiffe ablenken oder gleich eine Rauchbombe in die Menge pfeffern? Zusätzlich müssen wir Schlösser knacken, Schlüssel aus den Taschen von Feinden klauen, Schalter- oder Plattformrätsel lösen oder einen Bereich von lästigen Templern säubern.
Geht ein Plan auf, fühlt sich das ebenso befriedigend an wie in den »großen« Serienteilen. Je nachdem wie leise und unauffällig wir waren, gibt es Punkte und dafür wiederum hilfreiche Upgrades. Und die motivieren gleich für den nächsten Abschnitt. Zudem wird die behutsame Schleicherei immer wieder durch dramatischere Einlagen aufgelockert, etwa wenn wir unter Zeitdruck einen gut bewachten Agenten erreichen und verhören müssen oder von einem trampelnden Elefanten verfolgt werden.
… aber auch problematisch
Das »Problem« daran: Wer den Vorgänger Chronicles: China kennt, der wird wohl einige Déjà vus erleben. Neues Szenario hin, neue Levels her, im Grunde machen wir hier dasselbe wie in China - außer dass es diesmal auch eine Handvoll Herausforderungen außerhalb der Hauptgeschichte gibt. Klar, wir dürfen zwischen den Serienteilen der Chronicles-Trilogie keine Quantensprünge erwarten. Mehr vom guten Selben birgt jedoch die Gefahr, dass kleine Schwächen deutlicher ins Auge stechen.
Da wären zum Beispiel die Vollbremsungen, die der Spielfluss ab und an hinlegt. An sich funktioniert das Parcour-Gehüpfe geschmeidig und flott, doch immer wieder brauchen Wachen ewig, um sich umzudrehen oder Plattformen gefühlt viel zu lang, um in Sprungreichweite zu schwingen. Geduld gehört zu den Tugenden des Schleichens, aber da Chronicles: India an vielen Stellen zeigt, dass es auch anders, kurzweiliger und vor allem spannender geht, stören diese Längen umso mehr.
Rambos sollten zuhause bleiben
Etwas anders hätte man gerne auch die Kämpfe handhaben können. Wir können Wachen zwar theoretisch auf unseren Säbel spießen, praktisch ist eine blutrünstige Spielweise jedoch unsinnig. Bis auf eine Handvoll Situationen, in denen uns das Spiel sagt, dass wir Gegner töten müssen, sollten wir Leichen vermeiden, da diese auf unsere Gesamtwertung am Ende des Levels drücken.
Somit bekommen wir weniger der später im Spielverlauf wichtigen Upgrades. Das soll all jene aber nicht abschrecken, die schon mit Chronicles: China ihren Spaß hatten oder gar bisher einen Bogen um die Spin-Off-Serie gemacht haben. Chronicles: India ist, um die Einleitung wieder aufzugreifen, ein solider Mittelteil für die Trilogie.
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