Immer, wenn irgendwo ein schwieriges, actionlastiges 3rd-Person-Rollenspiel wie Ashen erscheint, kommt unweigerlich der Vergleich mit Dark Souls. Und ja, wir sind uns der Ironie bewusst, einerseits von mangelnder Originalität zu sprechen, und andererseits selbst schon wieder die Parallele zum Klassiker von From Software zu ziehen.
Doch vom Kampfsystem über viele Spielelemente bis hin zur praktisch identischen Steuerung steckt in Ashens ganz einfach sehr viel Dark Souls. Damit ist es aber nicht nur für Souls-Fans interessant, sondern auch für Abenteurer, die es ein klein wenig leichter und weniger düster mögen.
Déjà vu
In Ashen bringen wir das Licht in eine Welt, in der seit einem Jahrtausend die Dunkelheit herrscht. Den Kampf mit den Mächten der Finsternis führen wir mit allerlei unterschiedlichen Keulen und Äxten. Die schwingen wir mit leichten und schweren Attacken und klopfen damit scharenweise Fieslinge wie Banditen, Skelette, Riesenspinnen und anderes ekliges Getier weich. Wagt es ein Feind, sich gegen uns zu wehren, vermeiden wir seine Attacken über eine Ausweichrolle oder blocken mit einem Schild, falls wir eins ausgerüstet haben.
Jede dieser Aktionen zehrt an unserem Ausdauerbalken, sodass wir mit Bedacht vorgehen müssen. Einfach drauf los Prügeln ist nicht, dann geht dem namenlosen Held schnell die Puste aus. Das System hat sich über die Jahre bewährt, macht auch heute noch Spaß und lässt sich prima steuern.
Fangen wir uns doch mal einen Treffer ein, heilen wir uns über einen Zaubertrank, den sogenannten Purpursaft. Damit der Saft stets mit uns ist, füllen wir unsere Flasche regelmäßig an Rastplätzen und Saftquellen auf und verbessern ihn im späteren Spielverlauf gegen Scoria, die Währung von Ashen. Geht uns mal wortwörtlich der Saft aus und wir segnen das Zeitliche, lassen wir unsere gesamte Spielwährung fallen und werden an einem der großzügig verteilten Ritualsteine wiederbelebt.
Dann können wir die verlorenen Scoria theoretisch wieder einsammeln - aber nur, wenn wir den Ort unseres Todes erreichen, ohne vorher noch mal ins virtuelle Gras zu beißen.
Kommt flach
Das Charaktersystem in Ashen ist vergleichsweise seicht. Für den Fernkampf gibt es recht spärlich in der Spielwelt verteilte Wurfspieße, ansonsten hauen wir im Nahkampf drauf. Hier gibt es keine Zauberstäbe oder Bögen, keine Charakterwerte wie Stärke und Intelligenz. Stattdessen steigern wir direkt unsere Lebenspunkte oder Ausdauer. Das passiert oft ganz automatisch, wenn wir eine der vielen Nebenquests im Spiel abschließen.
Um diese Missionen zu erhalten, freunden wir uns zunächst mit diversen NPCs überall in der Spielwelt an und laden sie in unser zu Beginn von Banditen befreites Lager ein. Dann erteilen sie uns Quests, für deren Abschluss wir zum Beispiel ein ganz bestimmtes Monster besiegen oder einen Gegenstand beschaffen sollen.
Wahnsinnig packend ist das nicht, dafür erledigen wir derlei Aufträge ganz bequem nebenher beim Erkunden der teils ganz schön verwinkelten Spielwelt. Markierungen auf der Karte erleichtern uns dabei die Arbeit. Unser Lager entwickelt sich bei jeder Rückkehr weiter und wird langsam aber sicher zu einer kleinen Stadt. Das ist nicht nur ein spaßiger Effekt, sondern kommt auch mit vielen nützlichen Einrichtungen, von einer Lagertruhe bis zur Schmiede, die gegen Scoria unsere Waffen aufwertet.
Mit ausreichend Währung dürfen wir auch passive Charakteraufwertungen für Dinge wie mehr Leben oder erhöhte Resistenzen freischalten. Auf unseren Reisen stöbern wir zudem ab und zu neue Rüstungen auf. Je schwerer diese sind, desto besser schützen sie und, verbrauchen aber auch schneller Ausdauer.
Ein Aufwertungssystem für Rüstungen gibt es nicht. Wer es komplex mag, stört sich möglicherweise daran. In unserem rund 20-stündigen Kampf für das Licht fanden wir es aber überhaupt nicht tragisch, mehr Zeit mit der Action als mit der Charakterplanung zu verbringen.
Mangels unterschiedlicher Spielstile leidet allerdings der Wiederspielwert. Etwas mehr Waffen als die Handvoll Äxte und Keulen hätten es auch sein dürfen. Gelegenheitsspieler freuen sich aber über die abgeflachte Lernkurve.
Ein Fall für zwei
Wann immer wir ins Abenteuer aufbrechen, begleitet uns einer unserer Dorfbewohner und unterstützt uns im Kampf. Das passiert völlig automatisch. Spielen wir im Online-Modus, kann es außerdem passieren, dass wir selbst in der Welt eines Spielers auftauchen und von diesem als Dorfbewohner wahrgenommen werden und umgekehrt.
Das bedeutet, dass wir nie ganz sicher sein können, ob ein Mitstreiter gerade von der KI oder von einem menschlichen Spieler gesteuert wird, zumal es im Spiel weder Text- noch Voicechat gibt. Das ist ein spaßiges Feature, das es so ähnlich auch schon im PlayStation-Hit Journey gab.
Zu zweit vertrimmen wir die Massen an Gegnern gleich viel einfacher. Gehen wir mal zu Boden, hilft uns unser Mitstreiter wieder auf die Beine, wenn auch nicht unendlich oft. Die KI ist überraschend kompetent, bei menschlichen Spielern ist es eher Glückssache. Gelegentlich rennt mal einer in die falsche Richtung oder schaut uns beim Kämpfen tatenlos zu.
Auf Wunsch sind KI-Begleiter und Gefährten aus Fleisch und Blut deaktivierbar. Ein Code-System für selektives Koop gibt's auch, damit wir auch wirklich nur mit "echten" Freunden losziehen. Ein PvP-Modus fehlt dagegen.
Killing me softly
Ob in der abwechslungsreichen, schön gestalteten (wenn auch trotz vieler Höhlen und Seitengänge strikt linearen) Oberwelt oder in den finsteren Dungeons, in denen wir uns mit einer Laterne gegen dunkle Geister und Dämonen zur Wehr setzen - Ashen ist knackig, aber niemals zu schwer.
Dafür sorgen neben dem Begleiter-Feature recht großzügig in der Spielwelt verteilte Gegenstände, mit denen wir uns heilen können, wenn uns mal der Purpursaft ausgeht. Gerade die großen Bosskämpfe, in denen ein toll gestalteter Obermotz schon mal Heerscharen von Skeletten beschwört oder sich so lange heilt, bis wir ihm mit unserer Laterne heimleuchten, haben es in sich. Dass uns unser Gefährte im Notfall einmal wiederbeleben kann, wenn wir mit dem Saft eine halbe Sekunde zu langsam waren, bewahrt vor Frust.
Das macht die Endgegner aber keinesfalls zu leicht und schadet auch nicht dem Erfolgserlebnis, wenn wir einen dieser großen, spektakulären Kämpfe gewinnen. Allerdings gibt es gerade mal fünf dieser Bosse im Spiel.
Ashen eignet sich auch für Spieler, die zwar grundsätzlich Interesse am Genre haben, Dark Souls aber eine Spur zu heftig finden. Gleichzeitig ist dieses Abenteuer aber auch für Veteranen einen Blick wert - besonders dann, wenn man ohne Begleiter spielt.
Zudem ist das Spiel ganz einfach hübsch. Wir mögen den tollen, stimmigen Grafikstil des Spiels und freuen uns über die sanfte Gitarrenmusik in unserem Lager. Auch die englischen Sprecher sind gut. Wer die nicht versteht, liest die deutschen Bildschirmtexte, selbst wenn sich dort ein paar Flüchtigkeitsfehler eingeschlichen haben. So wird uns die komplette Story des Spiels vermittelt. Allerdings ist die kein Kracher und lädt auch nicht zur Interpretation oder zur Suche nach Geheimnissen in der Spielwelt ein.
So viel Dark Souls steckt dann doch nicht in Ashen.
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