Wild Blood im Test - Pulverfass Ehebruch

Ohje! Weil Lancelot in Gamelofts Hack’n’Slay Wild Blood seine Finger nicht von Artus’ Gemahlin lassen konnte, muss der Spieler Heerscharen von Dämonen in die Hölle zurückzujagen. Nur: Hat Wild Blood im Test mehr zu bieten als eine prachtvolle Optik?

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Artus-Saga redux: Gamelofts Konzept für die Story von Wild Bloodfür iOS und Android ist im Kern recht simpel. Man nehme eine Prise Sagen und Mittelalter, zwei Tropfen Mut in Form tapferer Recken der Tafelrunde (genauer: den Protagonisten Lancelot und Sir Gawain), einen Hauch von Leidenschaft (in Form der Königsgattin Guinevere) und eine Portion Wahnsinn (König Artus, der von der Liebelei seiner Frau nicht gänzlich begeistert scheint).

Außerdem mit dabei: Der Gestank des Todes, denn ohne die Hexe Morgana Le Fey würden die Tore der Hölle geschlossen und der König nur erzürnt (und sicherlich nicht von fauler Magie besessen) bleiben. Abgerundet wird dieses Potpourri durch nicht minder erzürnte Skelette, Dämonen und ähnliche Schreckensgestalten. Die Menge? Eine Horde.

Von Stereotypen…

Wer vom Rezept Hunger auf eine gute spielerische Aufbereitung der Artus-Saga bekommt, wird nach ersten Probieren wahrscheinlich von Bauchschmerzen geplagt. Gameloft wirft allzu bekannte Charaktere in den Ring, ohne ihnen wirkliche Tiefe zu verleihen.

Ein kurzer Abriss: Lancelot und Artus‘ Frau Guinevere haben ein Verhältnis, der gekränkte König wendet sich in seiner Verzweiflung an seine Schwester Morgana, die seine Eifersucht ausnutzt, um die Tore der Hölle zu öffnen und die Königsgattin zu entführen.

Der Pathos, den diese Geschichte beherbergt, springt aber nicht so recht über: Lancelot scheint viel eher daran interessiert, die nächstbeste Truhe ihres Inhalts zu berauben oder eine weitere Horde von Infernalen in kleine, blutige Stücke zu zerteilen, als seine Geliebte aus den Klauen Morganas zu befreien; Und als nach der ersten Befreiung einer recht üppig proportionierten Dorfbewohnerin Lancelot einen Kuss nicht ausschlagen kann (oder will?), fragt sich der Spieler, ob das ganze Drama mit ein wenig mehr Enthaltsamkeit nicht hätte vermieden werden können.

... zwischen Film und Ohnmacht

Die fehlende Tiefe der Charaktere versucht Wild Blood durch filmreif geschnittene Zwischensequenzen zu überstrahlen. Wenn Lancelot und Sir Gawain (der so plötzlich verschwindet, wie er auftaucht) vor einer Horde von Unholden fliehen und auf ein sich schließendes Burgtor zurennen oder Morgana in Drachengestalt über das Startdorf fliegt, so sitzt man auch deshalb so gebannt vor dem Display, weil alles in wunderschöner Optik erstrahlt: Herz der Grafik ist die Unreal-Engine, welche die Reise nach Avalon prachtvoll erstrahlen lässt.

Insbesondere die Charaktere und Monster, aber auch die Schauplätze gehören zu dem besseren, was derzeit auf iOS-Geräten geboten wird. Dutzende fliegende, von Urwald teils überwucherte Inseln, die mit einem Wasserfall zum Verweilen einluden, wären da nicht unzählige Gegner, die dem Ritter das Leben schwer machten, eisige Grotten, in denen Schnee durch die Gegend fegt; und all das optimiert für die Retina-Optik neuerer iOS-Plattformen. Die Kehrseite der Medaille: Wild Blood läuft über weite Strecken nicht besonders flüssig, insbesondere, wenn Lancelot seine Spezialangriffe auslöst. Die schlimmsten Einbrüche der Frameanzahl hat Gameloft allerdings per Update behoben.

Die neue Entschuldigung: Zeitreisen

Nicht jedoch das Schicksal Lancelots (und damit des Spielers). Bereits zu Beginn wird die Schwäche des Ritters deutlich: Ohne Steuerung des Spielers ist er auf seiner Mission verloren. Es reicht bereits vollständig aus, nach erfolgreichem Kampf durch eine Zwischensequenz den Spieler zum Warten zu verdonnern, um Lancelot so beispielsweise abhängig von der Hilfe Gawains zu machen, der gekonnt mit gespanntem Bogen über den Bildschirm fliegt, um einen entscheidenden Schuss abzugeben.

Richtig fatal wird die Ohnmacht des Spielers, wenn er – so viel sei verraten, um unweigerlich bevorstehendem Frust vorzubeugen – im siebten von zehn Levels souverän ein Duell mit einem meterhohen Zyklopen bestreitet, seinem eisigen Hauch und den daraus entstehenden Eiszapfen ausweicht und sich nicht von seinem (vom Blut vorheriger Kontrahenten getränkten) Hammer zu Kompott verarbeiten lässt; nur um in der darauffolgenden Zwischensequenz zerquetscht zu werden.

Wie das Spiel das vorzeitige Ableben des Protagonisten erklärt: Merlin eilt zur Hilfe, wirft den Zyklopen mit nur einem Zauber nieder und erzählt im selben Atemzug, dass nur ein legendärer Bogen dieses Geschöpf niederzustrecken vermag. Gut, den Widerspruch in der Spiellogik mag man noch verkraften, nicht aber Merlins Vorschlag: Um Lancelot zu retten, schickt er ihn in der Zeit zurück; Aller Erinnerungen beraubt, erneut gestrandet im ersten Level. Eine Erklärung, warum Lancelot dann im erneuten Anlauf (dieses Mal in höherer Schwierigkeitsstufe) den mysteriösen Bogen erhält, bleibt Gameloft ebenso schuldig wie die Antwort auf die Frage, warum ein Spiel so offensichtlich gestreckt werden muss.

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