»Nach Warface werden es Triple-A-Spiele schwer haben, ohne Free2Play zu überleben«. Crytek-Gründer Cevat Yerli lehnte sich bei einem Interview zum kostenlosen Shooter vor knapp zwei Jahren weit aus dem Fenster. Schon die PC-Version war allerdings weit von Triple-A-Qualität entfernt. Für die Xbox-360-Version durfte man also nichts Großartiges erwarten, und tatsächlich enttäuscht auch die Konsolenfassung der Ballerei in unserem Test.
Spielerisch orientiert sich Warface an Call of Duty. Will heißen: Die Karten sind vergleichsweise klein, der Fokus liegt auf Infanterie-Action, Fahrzeuge gibt es nicht. Dafür aber vier Klassen à la Battlefield: Als Sanitäter beispielsweise helfen wir gefallenen Teamkameraden wieder auf die Beine oder ballern mit der Schrotflinte rum.Warum ausgerechnet der Sani eine Waffe benutzt, die bloß auf kurze Distanz effektiv ist? Das wüssten wir auch gern. Der Schütze wiederum versorgt das Team mit praktischen Munitionspaketen, der Ingenieur platziert tückische Minen und repariert Rüstungen, und der Scharfschütze … nun ja, der schaut eben durch sein Zielfernrohr.
Klingt logisch, führt in der Praxis aber zu Balancing-Problemen, weil Erfahrungspunkte nicht nur für Abschüsse vergeben werden, sondern auch für unterstützende Aktionen. Während dem Ingenieur also gleich zwei alternative Erfahrungsquellen offenstehen, hat der Sniper schlicht gar keine. Immerhin darf er wie alle Klassen über den Boden »sliden«, um etwa unter Hindernissen durchzurutschen oder potenziell gefährliche Ecken schnell zu passieren. Das spielt sich angenehm flott, überhaupt fühlen sich Schießen, Bewegen sowie das Waffenhandling intuitiv an, einen gewissen Spaß kann man mit Warface also zweifellos haben - wenn man kein Problem damit hat, dass das Spiel nahezu nichts originell, geschweige denn herausragend macht.
Gute Spielmodi-Auswahl
Die Spielmodi etwa sind allesamt alte Bekannte. Während Team-Deathmatch, Sturm (vergleichbar mit Rush aus Battlefield) routinierte Shooter-Standards abspulen, spielt sich Jeder gegen Jeder schlicht grauenhaft - die Maps sind mit Lauerspots förmlich gepflastert, und weil die Spawnpunkte festgelegt sind, können geneigte Camper in Seelenruhe warten, bis wir wieder ins Spiel einsteigen.
Ärgerlich zudem: Die PC-Spielmodi »Capture« (eine Capture-the-Flag-Variante) und »Zerstörung« (drei Luftschläge auf Gegner anfordern) sind in der Xbox-360-Fassung nicht enthalten. Wirklich Spaß macht lediglich der schon aus Counter-Strike bekannte Bombe-Modus, denn hier greift das Klassen-System zur Abwechslung tatsächlich ins Spielgeschehen ein. Da wir beim Ableben bis zum Ende der Runde tot bleiben, ist das Heilen oder Reparieren von Rüstungen taktisch notwendig. In den anderen Versus-Modi ist ein Bildschirmtod nämlich keine große Sache, auf den kleinen Karten sind wir ein paar Sekunden später ohnehin wieder an der Front.
Wer keinen Bock auf Duelle gegen menschliche Gegner hat, stürzt sich alternativ in den Koop-Modus. Hier ziehen wir mit insgesamt fünf Spielern gegen böse Schergen der Blackwood-Organisation in die Schlacht und ballern uns relativ hirnlos durch schlauchartige Levels in Afghanistan, dem Kosovo oder Brasilien. Spezielle Ziele gibt's dabei meistens nicht, einfach das Ende erreichen und fertig. Gähn!
Der Anspruch liegt übrigens nur bedingt in der KI begründet, denn die ist auf allen der insgesamt vier Schwierigkeitsgrade dumm wie Stroh, erkennt uns oft nicht oder läuft zielstrebig an uns vorbei. Auf den höheren Schwierigkeitsgraden halten die Gegner dagegen viel zu viel aus oder sind schlicht unfair. Wegen der übermächtigen Schildgegner zum Beispiel, die uns mit einem Schlag das Lebenslicht ausknipsen, haben wir den Controller das ein oder andere Mal an die Wand gefeuert. Täglich gibt es neue wechselnde Koop-Missionen, die sich allerdings auch ziemlich schnell abnutzen.
Mikrotransaktionen
Xbox-Live-Mitglieder können sich Warface kostenlos über den Online-Marktplatz herunterladen, für neue Inhalte wie Waffen oder Verbesserungen derselben werden wir dagegen zur Kasse gebeten. Entweder mit Ingame-Dollar und -Punkten, oder aber (die schnellere Variante) mit gegen Echtgeld erhältlichen Kredits. 400 Stück kosten zum Beispiel knapp 5 Euro, je mehr man kauft, desto mehr Rabatt bekommt man.
Für 1.760 Kredits werden knapp 20 Euro verlangt, für 8.400 gar 70 Euro. Nun kann man alle Waffen zwar auch »normal« erspielen. Der Haken allerdings: Das dauert unendlich lange. So quält man sich durch ewige Koop- und Versus-Matches, nur um nach gefühlt einem Jahr etwas Neues kaufen zu können. Ebenfalls gewöhnungsbedürftig: Gegenstände nutzen sich mit der Zeit ab und müssen gegen Währung erneuert oder repariert werden. Die Preise hierfür sind zwar gering, das Konzept riecht aber dennoch stark nach Abzocke.
Technisch reißt Warface keine Bäume aus, auch wenn das Grundgerüst mit der hübschen CryEngine 3 durchaus solide ist. Die Schauplätze in Afghanistan und Co überbieten sich in ihrer 08/15-Gestaltung und holen wirklich niemanden hinter dem Ofen hervor, die Effekte wie Explosionen wirken teils wie aufgeklebt, und als trauriger Höhepunkt flimmert das Spiel oft so stark, dass man Feinde in der Distanz nicht mehr richtig ausmachen kann. Die Schussgeräusche sind dafür in Ordnung, die Sprachausgabe wiederum klingt arg hölzern und unmotiviert.
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