Man kann es drehen und wenden wie man möchte: Ableger einer beliebten Spieleserie, die durch einen Genrewechsel neue Impulse einbringen möchten, werden es bei alteingesessenen Fans grundsätzlich immer schwer haben.
Selbige waren entgeistert, als für Valkyria Revolution statt innovativer Rundentaktik wie in den Vorgängern ein Action-Rollenspiel mit Kämpfen in Echtzeit angekündigt wurde. Die Handlung entführt uns in ein fiktives Europa mit fantasievoll benannten Staaten, die namensgebende Walküre kommt auch drin vor. Davon abgesehen spielt Revolution aber in einem gänzlich anderen Steampunk-Universum als der Vorgänger und ist als Neustart zu verstehen.
Vielschichtige Rachegeschichte
Aber keine Sorge: Ein Perspektivenwechsel auf den gleichen Themenkomplex kann neue Erkenntnisse zutage bringen, und genau das gelingt Valkyria Revolution: Etwa 100 Jahre nach einem verheerenden Weltkrieg stehen eine Professorin für Historik und ihr Student vor einem verwitterten Grabstein, der fünf Verrätern gewidmet ist.
Die sollen damals den Krieg in Gang gesetzt und für persönliche Zwecke maßgeblich beeinflusst haben, um sich an feindlichen Generälen rächen zu können, die für ein traumatisches Ereignis in ihrer Kindheit verantwortlich waren. Doch dem emsigen Studenten sind einige Ungereimtheiten in den Aufzeichnungen aufgefallen. Die Professorin kennt die gesamte Wahrheit, die nicht in den Geschichtsbüchern steht, und beginnt, ihrem Studenten alles genau zu erzählen.
Wir übernehmen in Rückblenden die Rolle von Amleth, der nicht nur Anführer einer vom Königshaus unterstützten Spezialeinheit, sondern ebenso einer der fünf mutmaßlichen Verräter ist. Nach und nach erfahren wir über den Plan der Fünf, sich an feindlichen Generälen zu rächen, die für ein traumatisches Ereignis in ihrer Kindheit verantwortlich waren
Traditionsbruch
Eine großartige Besonderheit an der Valkyria-Serie war bisher, dass es keine Kriegsspiele waren, sondern Spiele mit Geschichten über den Krieg. Statt effektvoller Materialschlachten stand im Vordergrund, wie die Charaktere die gewaltsamen Konflikte verarbeiteten. Es ging um Freundschaft und Hoffnung vor dem Hintergrund ausweglos wirkender Umstände.
Revolution scheint auf den ersten Blick mit dieser Tradition zu brechen. Statt die Handlung aus der relativ nachvollziehbaren Sicht einer Miliz zu erzählen, präsentiert man hier zunächst mit Amlets Spezialeinheit eine große Truppe aus absurden Animeklischees.
Versoffene alte Männer mit gigantischen Schwertern stürzen sich gemeinsam mit einer Prinzessin im Lolitakleid in militärisch riskante Operationen, während sie munter mit Zaubersprüchen um sich werfen - und niemanden wundert's. Diesen bekloppten JRPG-Wahnsinn lieben wir zwar auch, doch er wirkt gerade in den ersten Stunden im bis dato eher nüchternen Valkyria-Universum befremdlich.
Trotzdem entfaltet sich die Geschichte zu einem der besten Aspekte von Valkyria Revolution, auch wenn sie in statischen und elendig ausufernden Zwischensequenzen abläuft. Die verschachtelte Handlung wird mit den Metakommentaren der Professorin clever kommentiert, eine klare Trennung zwischen Gut und Böse gibt es nicht. Keiner der Protagonisten behält eine weiße Weste, ebenso werden die Beweggründe der Feinde anschaulich dargelegt.
Nachrichtenkontrolle, Sanktionen, politische Intrigen oder Manipulation des Volkes: Durch den eher abgehobenen Blickwinkel wird hier ein spannender Plot möglich, der Mechaniken des Krieges beleuchtet, die für die bürgerlichen Protagonisten der vorherigen Spiele nicht ersichtlich waren.
Feature creep
Mit dem Wechsel zum Action-Rollenspiel bemüht sich das Spiel redlich, alle Anforderungen zu erfüllen, die das Genre mit sich bringt. In ausgesprochen schön gestalteten, wenn auch kleinen Arealen können wir Waffen erforschen, Textilien mit schützenden Eigenschaften entwickeln oder die Manafähigkeiten unserer Squad-Mitglieder erweitern.
Die Zauberkraft brauchen wir für Spezialattacken. Für jede einzelne Figur lässt sich darüber hinaus das KI-Verhalten festlegen. So lässt sich bestimmen, ob eine Figur lieber Gruppenmitglieder heilen oder auf Gegner zustürmen soll. Im Regelfall besteht das Team in den Missionen aus vier Mitgliedern, doch je nach Handlungsverlauf variiert die Größe der Gruppe.
Die Karte, auf der wir neue Einsätze auswählen, mutet zunächst taktisch an, und es gibt immer eine schicke Einblendung mit einem animierten Lageplan, die strategisches Vorgehen suggeriert. Doch im Spiel selbst sieht es etwas anders aus.
Im eigentlichen Spielgeschehen springen uns zahlreiche Anzeigen entgegen. Das Squad wird in Echtzeit über das Schlachtfeld bewegt, und wir können jederzeit zwischen den Mitgliedern wechseln, während die KI die anderen übernimmt. Schläge mit den Hiebwaffen werden direkt auf Knopfdruck ausgeführt, doch wir müssen eine Ausdaueranzeige beachten, die uns erst wieder angreifen lässt, wenn sie sich vollständig aufgeladen hat. Das ähnelt vom Prinzip durchaus Tales of Berseria oder Final Fantasy 15.
Die Aufladezeit lässt sich verkürzen, wenn wir die Hoheit im Gefecht gewinnen. Dazu müssen wir Basen einnehmen oder gegnerische Soldaten besonders effektiv ausschalten, indem wir beispielsweise mit direktem Ausschalten des Truppenführers Angst erzeugen. Ob wir damit Erfolg haben, sehen wir direkt: Die jeweiligen Statuseffekte des Gegners werden über seinem Kopf eingeblendet.
Anhalten lässt sich das Kampfgetümmel, sobald wir in ein Ringmenü umschalten, in dem wir magische Attacken, Items oder Sekundärwaffen wie Granaten oder Gewehre auswählen können. Um das Gameplay abzurunden gibt es die Möglichkeit, hinter Sandsäcken oder an Häuserecken in Deckung zu gehen oder sich im halbhohen Gras zu verstecken.
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