OLED-Fernseher gehören seit den letzten zehn Jahren zur Speerspitze der heimischen Unterhaltungselektronik. Sie versprechen aufgrund ihrer selbstleuchtenden Pixel höchsten Genuss bei Filmen und Videospielen dank echtem Schwarz und dementsprechend hohen Kontrastwerten für Farben. Allem voran bei der Darstellung leuchtstarker HDR-Bilder.
Doch ausgerechnet die hohe Farbdynamik der immer geläufiger werdenden HDR- und Dolby Vision-Unterstützung legt die Achillesferse der OLED-Technik schonungslos offen: bei reinen, gesättigten Farben fehlt es an Leuchtkraft. Sie ist neben der eigentlichen Farbreinheit das ausschlaggebende Kriterium für einen Fernseher und eine Schwachstelle, die Hersteller von neuen QD-OLED-Bildschirmen angreifen wollen.
Warum OLED Farbreinheit und Leuchtkraft nicht gleich gut beherrscht
Bei der klassischen OLED-Technik widersprechen sich die genannten Kriterien aufgrund der Zusammensetzung der Pixel, die aus einem blauen und einem gelben Leuchtkörper organischen Materials bestehen. Mit dieser Mischung wird ein beinahe reines Weiß erreicht.
Um aus dieser großen weißen Leuchtfläche die nötigen Subpixel in Rot, Grün und Blau zu bilden, liegen drei nebeneinander liegende Filter in entsprechenden Farben darüber. Das ist keine perfekte Methode, aber eine günstige, denn das Verbauen echter, selbstleuchtender Subpixel in den drei Grundfarben wäre sehr teuer.
Gemäß den Regeln additiver Farbmischung reichen gefilterte Subpixel in Rot, Grün und Blau aus, um jede beliebige Farbe zu darzustellen, doch weil die dafür verwendeten Filter der darunterliegenden weißen Diode Leuchtkraft nehmen, sind helle Mischfarben schwierig zu erreichen. Die Lösung für das Problem ist ein ungefilterter Teil der weißen Leuchtfläche, der einen vierten, rein weißen Subpixel ergibt. Diesen Aufbau nennt man RGB White, kurz RGBW.
Für weiße Flächen und helle Mischfarben ist diese Zusammensetzung ideal. Sonnenuntergänge in Halo Infinite, grelle Scheinwerfer in Gran Turismo 7, effektvolles Feuerwerk wie im Disney Animationsfilm Encanto und andere, besonders strahlende Bildelemente, die Cineasten gerne als Eye-Candy klassifizieren, stechen wunderbar heraus. Tiefes Schwarz und dunkle Töne schütteln OLEDs ebenfalls aus dem Ärmel, denn um einen schwarzen Pixel zu erzeugen, wird die Diode schlicht ausgeschaltet.
Problematisch wird es bei allen Farben, die auf Rot basieren und dabei wenig bis gar keine aufhellenden Weißanteile benötigen. Etwa natürliche Erdtöne, rötliche Schattierungen und gesättigte Grundfarben, also reines Rot und zu einem geringeren Anteil auch reines Grün.
Ein wunderbares Beispiel dafür ist das N des Netflix-Logos. Auf einem OLED-Gerät wirkt es auffällig dunkel und nur deswegen kontraststark, weil es von einem schwarzen Hintergrund umgeben ist. Um dieses rote N stärker hervorstechen zu lassen, müsste die weiße Diode hinter den Farbfiltern so hell leuchten, dass sie ungemein heiß würde. Sie würde dadurch schneller an Lebensdauer verlieren und das Paneel würde eher zum Einbrennen von Mustern neigen.
Dieses Handicap äußert sich durch matte gesättigte Farben und leuchtschwache dunkle Mischtöne, die Details verschlucken. In dunklen Szenen spricht man dann vom sogenannten Black-Crushing, bei dem sich gewisse Farbübergänge nicht mehr mit dem bloßen Auge unterscheiden lassen. Das resultiert aus einer eingeschränkten Farbpalette, die selbst bei Spitzenmodellen nur etwa 75 Prozent des für HDR empfohlenen Farbraums erreicht.
Das letzte Kapitel der klassischen OLED-Technik
Seitens der TV-Hersteller wurden bereits Maßnahmen zur Erhöhung der Leuchtkraft getroffen. Die naheliegendste Methode ist eine Verschiebung der allgemeinen Farbgebung, etwa durch die "lebhaften" Bildmodi.
Sie verbessern die Leuchtkraft des kompletten Bildes, verfälschen aber auch dessen Farben, was nicht nur, aber ganz besonders bei einer Zeichentrick-Serie wie Rick and Morty oder einem cartoonig stilisierten Spiel wie Kena: Bridge of Spirits negativ auffällt, weil übermäßig helle Hautfarbe sämtliche Details verschluckt und absichtlich leuchtende Farben zu grell wirken.
Hardware-Methoden sind da schon effizienter. Hersteller wie Panasonic und Philips vertrauen beispielsweise auf ein Mikro-Linsen-System, welches die Farben einzelner Pixel in sogenannten OLED-EX-Paneelen heller erscheinen lassen.
LG verbaut dagegen im hauseigenen, besten TV-Modell einen Kühlkörper, der viel von der Grundwärme aufnimmt und somit ein helleres Leuchten bei natürlichen Farben ermöglicht – siehe etwa das G2-Modell aus der Gallery-Serie, dessen Weiß-Spitzenwerte auf kleinen Flächen rund 1000 Nits erreichen.
Mehr zu Kühlkörpern in OLED-Fernsehern findet ihr hier:
Klingt nach viel, ist aber im Vergleich mit klassischen LED-TVs - die es auf mehr als 2000 Nits (bei suboptimalem Schwarz) schaffen - kein stolzer Wert, zumal sich die gesättigten Grundfarben noch immer weit darunter bewegen. Für hell ausgeleuchtete Räume reicht das gerade so, aber die Grenze des Machbaren ist bald erreicht.
Evolution durch QD-OLED
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet Samsung – also jener TV-Hersteller, der sich jahrelang OLED-Paneelen verweigerte – nun eine Lösung für das Problem präsentiert. Sie nennt sich Quantum-Dot-OLED oder kurz QD-OLED.
Bei dieser Technik sparen sich die Hersteller die Bildung einer weißen Leuchtdiode. Sie verwenden stattdessen eine blaue Grundfläche, die für jeden Pixel in drei separate Segmente geteilt wird. Warum? Weil Blau sich als naturgemäß energiereiches Licht am besten feinabstimmen und verändern lässt.
Über den drei blauen Leuchtflächen liegen nun drei sogenannte Quantum Dots in Rot, Grün und Blau. Es geht dabei um winzig kleine Halbleiterplättchen, die nicht einfach die Leuchtdiode überlagern, sondern die Wellenlänge des blauen Lichts verändern.
Die Technik hat gleich mehrere Vorteile:
Erstens: Die Leuchtkraft jeder Grundfarbe erhöht sich auf mindestens das Zweieinhalbfache eines üblichen OLED-Subpixels.
Zweitens: Mit drei leuchtkräftigen Subpixeln in Rot, Grün und Blau lässt sich prima Weiß - wie auch jede andere helle Mischfarbe - erzeugen und zwar ganz ohne weißen Subpixel. Bis zu 1500 Nits Leuchtkraft verspricht der Hersteller, inklusive besserer Farbreinheit und feineren Abstufungsmöglichkeiten, die 90 Prozent des für HDR empfohlenen Rec.2020-Farbspektrums abdecken. Die Resultate der ersten erhältlichen QD-OLED-Fernseher sind noch nicht ganz so hoch, können sich aber schon jetzt sehen lassen. Selbst das tiefe Rot des Netflix-Logos wirkt sichtbar kräftiger.
Drittens: Die Last des Leuchtmittels liegt nicht mehr auf einer einzelnen weißen Diode, sondern auf drei kleineren blauen, die im Verbund nicht so hell leuchten müssen wie eine große weiße. Es ist also zu erwarten, dass QD-OLED-Pixel bei höherer Leuchtkraft weniger Gefahr laufen, einen Burn-in-Effekt zu erzeugen.
Die erste Generation
Bevor ihr nun euer Geld zusammenkratzt und in den nächsten Technikmarkt rennt, solltet ihr euch bewusst machen, dass die neuen QD-OLED-Geräte, die dieses Jahr erschienen sind, aus der ersten Generation stammen. Sie bergen einige Nachteile, die hoffentlich in zukünftigen Modellen ausgemerzt werden.
Dazu gehört die Tatsache, dass es QD-OLED-TVs bisher nur in zwei Größen gibt, nämlich 55 Zoll und 65 Zoll. Wer einen größeren oder kleineren Fernseher benötigt, geht zumindest dieses Jahr leer aus. Außerdem liegen die drei Sub-Pixel eines Leuchtelements entgegen ihrer Aufteilung in klassischen OLED-Paneelen nicht nebeneinander, sondern in einer Dreiecks-Anordnung.
Auf das Bild eines Films oder eines Spiels hat das wenig Auswirkung. Schon gar nicht, wenn man es in einem normalen Sitzabstand betrachtet. Wohl aber bei genauer Inspektion aus der Nähe und bei der Nutzung als PC-Monitor. Die feinen Linien eines PC-Texts oder dünne weiße Objekte zeigen durch die Pixel-Anordnung oben grüne und unten rote Ränder. Angesichts der 4K-Auflösung muss man sehr nah ran, um sie zu sehen, aber sie existieren.
Bisher nur geringe Anzahl an Modellen
Des Weiteren verbauen bisher nur zwei Hersteller die neuen Paneele. Bei beiden ergeben sich aufgrund gewisser Designvorgaben Macken, die Konsolenbesitzer*innen den Deal verderben können.
So verzichtet Samsung beim GQ65S95BTXZG auf eine Unterstützung der meistverwendeten dynamischen HDR-Codierung (Dolby Vision), um dem hauseigenen Konkurrenzformat HDR10+ die Treue zu halten. Samsungs Bemühungen, einen lizenzfreien Standard zu etablieren, sind lobenswert, das heutige Beharren darauf ist jedoch unverständlich, denn HDR10+ konnte sich seit der Einführung im Jahr 2017 kaum durchsetzen. Selbst der größte frühere Partner Amazon Prime Video sattelt gemächlich auf Dolby Vision um. Dolby Vision spielt im Gaming-Sektor noch keine große Rolle, doch die ersten Anläufe sind sichtbar.
Eine zweite Macke liegt in der übermäßigen Beleuchtung normaler HDR-Inhalte im Spiele-Modus, der das gesamte Bild viel zu grell macht. Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürfte schon bald ein Software-Update erscheinen, das diesen Lapsus ausmerzt.
Immerhin: Preislich bewegt sich Samsungs neues Flaggschiff im selben Segment wie ein Oberklasse OLED-TV von LG. Wer in Spielen und Filmen auf Dolby Vision verzichten kann, erhält also ein topmodernes Paneel zu einem vertretbaren Preis.
Bei Sonys XR-65A95K sieht das schon anders aus. Dieses neue Topmodell beherrscht Dolby Vision in allen Darstellungsmodi. Nur im Spiele-Modus müssen Xbox- und PC-Gamer darauf verzichten, sofern sie VRR zuschalten wollen. In dem Fall müssen sie mit normalem HDR Vorlieb nehmen.
Angesichts des exorbitanten Preises, der (je nach Größe) rund fünfzig Prozent höher liegt als bei den Top-OLEDs der Konkurrenz und auch Samsungs QD-OLED-Gerät, ist es enttäuschend, dass der Fernseher nur zwei HDMI 2.1-Anschlüsse mitbringt, wovon einer wegen des eARC-Zugangs mit der Soundbar oder einem Sound-Receiver belegt ist. Somit bleibt nur Platz für eine weitere 4K-Konsole mit 120 Hz und VRR-Unterstützung. Die anderen beiden HDMI-Anschlüsse entsprechen dem 2.0-Standard.
Find Your Next Game - Tech.
Dieser Artikel ist Teil unserer Technik-Themenwoche, die GamePro gemeinsam mit den Kolleg*innen von GameStar und Mein-MMO präsentiert. Auf unseren Seiten erwarten euch spannende Artikel rund um die Themen Hardware, Smartphones, Zubehör und Co., ihr solltet aber auch vom 19. Oktober bis zum 21. Oktober unseren Twitch-Kanal Monsters and Explosions im Auge behalten. Dort informieren wir euch jeweils ab 18 Uhr täglich fünf Stunden lang über aktuelle Entwicklungen aus allen Technologie-Bereichen. Am Mittwoch, den 19. Oktober um 20 Uhr, ist zum Beispiel Tobi zu sehen, der über eine ganz spezielle Fernsehtechnik - den Laser-Projektoren - spricht.
Die ersten QD-OLED-Modelle mögen also Begehrlichkeiten wecken, aber sie erreichen noch nicht ganz die volle versprochene Leuchtkraft. Dennoch ist es die Technologie der Zukunft, da sie viel Spielraum für Fortschritte lässt!
Habt ihr QD-OLED schon im Blick oder reicht euch euer OLED-Fernseher?
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