Mit Tony Hawk's Pro Skater 1+2 legen Activision und Vicarious Visions nicht irgendwelche Skateboard-Spiele neu auf. Sondern zwei Ausnahmetitel, die sich um die Jahrtausendwende in Herz und Hirnrinde einer ganzen Generation grindeten, und gleichzeitig Rollbrettfahrer Tony Hawk auf einen Schlag auch außerhalb des Skateboard-Kosmos zum Star machten.
Gut 20 Jahre später gibt es jetzt die Remakes für PS4 und Xbox One und viele aus eben jener Generation fragen sich: Ist das noch genauso (gut) wie früher? Und: Können auch Neulinge damit Spaß haben?
Das Wichtigste vorweg: Die Entwickler haben mit den fast schon kultisch verehrten Originalen glücklicherweise keinen Schabernack getrieben, sondern sie behutsam angepasst, ohne dabei aber den Geist der Vorlagen zu zerstören. Die Karrieremodi der Originalspiele wurden in "Touren" umbenannt, aber nein, keine Sorge, die funktionieren ähnlich wie damals. Ihr skatet also wie gehabt durch insgesamt 17 überschaubar große, aber sehr abwechslungsreiche Skate-Parcours wie einen Hangar, eine Schule oder die Straßen von New York und hakt auf Checklisten Ziele ab.
Hinweis:
Für den Test stand uns lediglich die PS4-Version des Spiels zur Verfügung. Falls sich die Xbox-Version in bestimmten Punkten signifikant vom PS4-Pendant unterscheiden sollte, werden wir den Test entsprechend ergänzen.
2 Minuten für Ruhm und Ehre
Diese Ziele können Highscores sein, Sammelaufgaben oder das absolvieren von speziellen Tricks an bestimmten Spots in den Levels. Im Vergleich zu den Originalen gibt es auch ein paar komplett neue Ziele wie beispielsweise die Popcorneimer in Minneapolis, aber insgesamt haben sich die Entwickler mit Erweiterungen zurückgehalten, was schade, aber auch nachvollziehbar ist.
Herausfordernd wird die Zielhatz durch das schon damals knapp bemessene 2-Minuten-Limit für jeden Durchgang, das gerade aus heutiger Sicht fast schon anachronistisch wirkt, aber auch für einen angenehmen Druck beim Spielen sorgt, insbesondere wenn es um die hohen Punkte-Kombos geht. Alle Levelziele innerhalb von einem Durchgang zu erreichen ist deshalb nicht unmöglich, aber ziemlich anspruchsvoll. Für alle, die in Ruhe die Level erkunden und sich mit den Umgebungen vertraut machen wollen, gibt es aber alternativ auch einen Free-Skate-Modus ohne Zeitdruck.
Dementsprechend ähnelt der reine Ablauf den Originalen fast wie ein Ei dem anderen, und glücklicherweise setzt sich das beim Gameplay fort. Tony Hawk's Pro Skater 1 und 2 fühlen sich tatsächlich genauso an wie vor 20 Jahren, das schnell zugängliche Trick-Kombo-System hat auch in der heutigen Zeit absolut nichts von seinem Charme verloren und begeistert nach wie vor mit seiner leichten Zugänglichkeit und der hervorragenden Lernkurve.
Selbst Neulinge schütteln auch dank des gelungenen Tutorials schon nach kurzer Zeit Kickflips, Grabs und Grinds aus dem Ärmel und finden sich schneller in der Tony-typischen "Einen besseren Durchgang schaffe ich noch"-Suchtspirale wieder, als man "Ollie" sagen kann. Und langjährige THPS-Veteranen werden erstaunt sein, wie gut bestimmte Muscle Memory-Mechanismen auch nach all den Jahren greifen und wie schnell man wieder "drin" ist.
Noch mehr Kombokraft dank Reverts und Co.
Die eigentlich erst später in der Serie implementierten Moves wie Reverts, Manuals und Wallplants lassen euch nun auch in den beiden Remake-Spielen ellenlange Kombos verketten und sorgen dafür, dass sich das Punktefestival insgesamt sogar noch ein Mü runder anfühlt.
Lange ununterbrochene Trickserien - insbesondere mit den individuellen Spezialtricks der Skater - sind ohnehin die Königsdisziplin bei THPS, auch wir haben uns beim Test ständig dabei ertappt, immer wieder noch einen draufsetzen zu wollen. Puristen können im Menü trotzdem optional eine Pro Skater 1- oder Pro Skater 2-Konfiguration auswählen, dann fallen die ursprünglich noch nicht in diesen Teilen enthaltenen Mechaniken weg.
Das zeitlose Spielprinzip trägt also auch dieses Tony Hawk und ist eindeutig das absolute Highlight des Remakes, auch wenn sich hier und da natürlich doch ein paar Abnutzungserscheinungen zeigen. Denn viele Aufgaben wirken allzu dröge und auch das Erkennen von bestimmten Tricks auf engstem Raum klappt nicht immer, wir haben jedenfalls mehrfach Grinds ausgeführt, obwohl wir eigentlich einen Wallride machen wollten. Sei es drum, die sehr präzise und im Vergleich zu den Originalen sogar noch etwas direkter wirkende Steuerung verdient sich dennoch ein Extralob. Wir empfehlen übrigens ausdrücklich das Steuerkreuz - wie früher.
Alte Hasen und junge Hüpfer
Apropos früher: Natürlich sind sämtliche Skater der ersten beiden Teile mit an Bord, ihr könnt euch also auf ein Wiedersehen mit Bob Burnquist, Careem Campbell, Elissa Steamer freuen, auch wenn die - wie wir - sichtbar gealtert sind. Aber auch neue Gesichter haben es ins THPS-Roster geschafft, darunter Riley Hawk, der Sohn von Tony. Insgesamt 21 Skater und Skaterinnen stehen zur Wahl und damit ihr mit denen über die Levelziele hinaus genug zu tun habt, hat jeder eigene Herausforderungen spendiert bekommen.
Mit denen dürften alle, die für so etwas empfänglich sind, auch weit nach Abschluss der Touren beschäftigt sein, die geübte Spieler in 5 bis 6 Stunden geschafft haben sollten. Für Tony Hawk-Neulinge kann das Freischalten späterer Level hingegen etwas frustig sein, denn erst wenn eine bestimmte Menge von (teils recht anspruchsvollen) Levelzielen erfüllt sind, öffnen sich die Skateparks weiter unten auf der Liste. Allerdings gilt wie generell bei Tony Hawk-Spielen: Übung macht den Meister.
Genug zu tun
Langzeitmotivation gibt es darüber hinaus genug. In der dritten Tour etwa könnt ihr Einzelsessions fahren und online eure Statistiken vergleichen, komplett neu ist dagegen der Tempolauf-Modus. Darin gilt es, in möglichst kurzer Zeit sämtliche Levelziele eines Skateareals zu schaffen, was wir für eine sehr coole Variante halten, die vor allem für Tony-Veteranen interessant sein dürfte.
Tony Hawk's Pro Skater 1 und 2 ist darüber hinaus ziemlich vollgestopft mit freischaltbaren und teilweise per Ingame-Währung erwerbbarem Freischaltkram, der sich in etwas unübersichtlich gestalteten Menüs versteckt, darunter neue Outfits, Decks und Deck-Designs. Für jeden Charakter können zudem Zusatz-Slots für Spezialtricks geöffnet werden und vieles mehr. Dazu kommen noch umfangreiche Editoren für eigene Skaterinnen und Skater sowie ein Tool, mit dem ihr eigene Skateparks bauen könnt und das auch relativ intuitiv zu bedienen ist. Kurzum: Langweilig wird es mit den Remakes vermutlich nicht so schnell.
Spaßgarant Splitscreen-Modus
Zumal es auch eine umfangreiche Multiplayer-Komponente gibt. Online könnt ihr sowohl in lockeren Jams gegeneinander antreten, bei denen es mehr um den Spaß geht, im Wettkampf wird es dann gegen fortgeschrittene Spieler ernst. Leider gibt es keine Möglichkeit, eigene Spiele zu erstellen, diese Funktion wird aber möglicherweise noch im Laufe des Jahres nachgeliefert.
Für viele von euch dürfte ohnehin der Splitscreen-Modus interessanter sein, schließlich verbinden viele damit schöne Tony Hawk-Erinnerungen. Und natürlich ist auch dieses Mal ein Splitscreen für 2 Spieler an Bord, in dem ihr zwar mit einer reduzierten Framerate leben müsst, der aber trotzdem ein echter Garant für wahre Highscore-Schlachten auf der Couch ist.
Hochauflösende Nostalgie
Und natürlich verlieren wir zum Ende auch noch ein paar Worte über die Technik, denn wie es sich für ein 2020er-Remake gehört, erstrahlen sämtliche Kurse und Skater*innen in einem noch nie zuvor gesehenen Glanz. Wo sich vor 20 Jahren Rampen, Rails und pixelige Umgebungsdetails noch aus einem Nebel schälten, gibt es jetzt bis in kleinste Details ausmodellierte Kurse mit scharfen Texturen, tollen Lichteffekten und hervorragenden Skater-Animationen.
Klar, gefühlt sah das schon vor 20 Jahren so aus, aber schaut mal ein paar YouTube-Videos und euch wird die Kinnlade runterfallen, wie viel besser die Remakes aussehen. Schade, dass es keinen Umschaltknopf wie etwa bei den Halo 1- und Halo 2-Remastern gibt.
Etwas kurios dabei: Durch die höhere Detaildichte sind manche Missionsziele wie die Glocken im Schullevel schwieriger zu erkennen, aber das ist ebenso wie die Clipping-Fehler höchstens eine unschöne Randnotiz. Gerade heute fällt allerdings auch auf, wie leer und leblos die Level sind, denn bis auf ein paar Objekte wie Taxen oder Straßenbahnen bewegt sich in den Remake-Levels sehr wenig.
Dass es trotzdem fast zur Technik-Bestnote reicht, liegt am hervorragenden Soundtrack, der ebenso zum Tony Hawk-Spielgefühl dazugehört wie die Komboketten. Und spätestens wenn Goldfingers "Superman" aus den Boxen dröhnt, ist klar: Ja, das hier ist wie früher. Nur in schöner.
Auch für Switch?
Eine Version für die Nintendo-Konsole ist bislang noch nicht angekündigt, Data-Miner haben in der kürzlich veröffentlichten Demo-Version allerdings Steuerungsoptionen für die Switch gefunden. Eine nachträgliche Veröffentlichung ist dementsprechend nicht unwahrscheinlich.
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