Thief im Test - Everybody's darling is nobody's friend

Das Remake der Kultserie kann sich nicht entscheiden, was es eigentlich sein will – warum es am Ende weder Thief-Fans noch Action-Adventure-Liebhaber so wirklich glücklich machen kann, klären wir im Test.

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Es war einmal ein Remake, das machte (fast) alles richtig: Es bewahrte die Seele des Originals und gab ihm trotzdem einen modernen Spin, opferte einen Teil seiner Komplexität für eine höhere Zugänglichkeit, kitzelte bei Fans die richtigen Old-School-Nerven, ohne Neulinge im Regen stehen zu lassen. Die Rede ist von Deus Ex: Human Revolution, einem jener ganz wenigen Vertreter des modernen »Komm, wir rebooten einen Klassiker«-Trends, bei dem Anhänger des Originals eben nicht die Fackeln anzündeten und die Mistgabeln auspackten.

Insofern ist es erstaunlich, dass derselbe Entwickler - Eidos Montreal nämlich - beim nächsten Anlauf am gleichen Unterfangen zumindest teilweise scheitert: Denn das neue Thief ist nicht Thief genug, um Fans des Originals glücklich zu machen - aber zu viel Thief, um sich gegen die Action-Adventure-Konkurrenz im Mainstream zu etablieren. Unterm Strich bleibt zwar ein ordentliches, ja mitunter spannendes Spiel. Aber eben auch die schleichende Erkenntnis, dass Eidos Montreal besser daran getan hätte, konsequent in eine Richtung zu entwickeln, anstatt auf sämtliche Befindlichkeiten Rücksicht zu nehmen und es am Ende niemandem so wirklich Recht zu machen.

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Killergören und Nazi-Irrsinn

Die Probleme beginnen schon im Prolog. Statt Garrett als Meisterdieb zu etablieren, uns also den Eindruck zu vermitteln, dass wir im Kontext der Spielwelt eine lebende Legende steuern, arbeiten sich die Autoren an einer neuen Nebenfigur ab: Erin. Die junge Frau war offenbar mal Garretts Protegé (eine Information, die uns das Spiel so lange vorenthält, dass wir annehmen, sie wurde zu Spielbeginn schlicht vergessen) und bildet gewissermaßen den Gegenentwurf zum Protagonisten: impulsiv, draufgängerisch, kaltblütig mordend.

Der Konflikt zwischen Garrett und Erin, die zusammen ins Anwesen von Baron Northcrest einsteigen sollen, um einen sogenannten Urkraftstein zu klauen, funktioniert zwar grundsätzlich prima, ist aber nicht zu Ende gedacht: Im weiteren Handlungsverlauf nimmt Erins Schicksal nämlich eine zentrale Rolle ein, uns allerdings lässt es völlig kalt, weil das Spiel sie buchstäblich von der ersten Minute an als unsympathische Killergöre zeichnet.

Serienveteranen kennen das bereits: Im weiteren Spielverlauf treffen wir auch auf solche ... ach, das verraten wir jetzt nicht. Serienveteranen kennen das bereits: Im weiteren Spielverlauf treffen wir auch auf solche ... ach, das verraten wir jetzt nicht.

Ähnlich ergeht es auch der Stadt und ihren (wenigen) Bewohnern. Wenn nach dem Ende des Prologs plötzlich und rätselhafterweise ein ganzes Jahr vergeht, bevor Garrett wieder zu sich kommt, und sich die politische Situation in der Stadt innerhalb dieses Jahres zur faschistischen Diktatur mit angedeuteter Nazi-Symbolik entwickelt hat, dann denken wir eben nicht: Wie konnte das wohl passieren? Sondern wir denken: Ach. Denn das Spiel versäumt es völlig, diese Entwicklung in irgendeiner nachvollziehbaren Weise zu inszenieren. Wir wachen auf, und es ist Drittes Reich.

Da passt es ins Bild, dass Garrett seine einjährige Amnesie mit einem gleichgültigen Schulterzucken hinnimmt und weiterklaut, als sei nichts passiert. Das enttäuscht insbesondere im Vergleich zum intensiv erzählten ersten Thief (in Deutschland Dark Project getauft), das Garrett unversehens in einen Krieg zwischen Natur und Technik hineinschlittern ließ, der den Meisterdieb sogar sein rechtes Auge kostete und so zu einer sehr persönlichen Angelegenheit wurde. Und das, obwohl Garrett anfangs eigentlich nur eines wollte: stehlen.

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