Seite 2: The Last of Us im Test - Berührend und brutal

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Keine Pilz-Priorität

Wer Survival-Horror mit großem »H« erwartet, wird von der Gewichtung des Spiels dennoch enttäuscht sein. Etwas überraschend spielen die Fungi-Zombies in The Last of Us die zweite Geige. Joels Gegner sind in erster Linie Plünderer, Banditen und Überreste des Militärs. Das ist ein wenig Schade, denn das Design der Infizierten ist gleichermaßen originell wie verstörend. Einige der stärksten Spannungsmomente im Spiel erlebt man, wenn sich Joel buchstäblich Zentimeter entfernt an einem Clicker vorbei schieben muss und uns nur der eine Gedanke im Kopf pocht: »Bitte, lass das gut gehen!« Spielerisch jedoch, trifft Naughty Dog die richtige Entscheidung. Die menschlichen Angreifer sind intelligenter und stellen wegen ihres Waffenarsenals die größere Herausforderung dar. Die Konfrontationen mit den Infizierten umgekehrt, nutzen sich nicht ab und produzieren gruselige Höhepunkte.

The Last of Us - Story-Trailer Video starten 1:49 The Last of Us - Story-Trailer

Für das, was The Last of Us sein will, ist der Horror aber erzählerisch nicht wichtig. Es ist ein klassisches Endzeitdrama, in dessen Mittelpunkt die Beziehung zwischen Ellie und Joel steht. Er, ein eiskalter Experte im Überleben, der dazu scheinbar alles in seinem Innern abgetötet hat, wofür das Überleben überhaupt lohnen würde. Sie, das Mädchen das fröhlich sein kann im Angesicht der Apokalypse, weil sie die alte Welt nie kannte, um die Joel trauert. Die zäh genug ist, dass er sich trauen kann, sie nicht einfach nur als »morgen schon tot« abzuhaken. Das altvertraute Schema wird von Naughty Dog mit viel Fingerspitzengefühl und der nötigen Ruhe umgesetzt.

Über Monate und Tausende Kilometer hinweg, entwickelt sich zwischen den beiden eine innige Vater-Tochter-Beziehung. Für Joel ist Ellie zunächst nur ein Ding, eine Ware, die es abzuliefern gilt - ein NPC, würden Spieler dazu sagen. Doch nach und nach erweist sie sich als nützlich, als loyal und vertrauenswürdig. Sie gewinnt Joels Respekt, dann sein Vertrauen und schließlich seine Zuneigung. Dem Spieler ergeht es ähnlich, der zunächst vielleicht einen nervigen Sidekick erwartet und sich mit einem erstaunlich glaubwürdigen jungen Mädchen konfrontiert sieht. Besonders clever ist, dass wir in einigen Spielabschnitten die Rolle von Ellie übernehmen dürfen. Naughty Dog hebt die Figur so auch rein spieltechnisch aus der reinen Nebenrolle heraus und lässt uns hautnah erleben, wie kompetent, cool und doch verletzlich sie sein kann. Wenn sie nicht gerade die Atmosphäre ruiniert.

The Last of Us - Trailer: Die Infizierten Video starten 4:47 The Last of Us - Trailer: Die Infizierten

Ellie ist unsichtbar

Einer der wenigen atmosphärischen Fehltritte von The Last of Us ist nämlich die KI unserer Mitstreiter. Diese benehmen sich meist glaubwürdig, unterstützen uns im Kampf oder huschen mit uns ängstlich über die Gänge. Leider orientieren sie sich dabei aber allein an Joel - nicht an den Gegnern. So kann es sein, dass wir in feinstem Ninja-Modus einen Gegner umrunden, nur um zu sehen, wie Ellie ihn frontal aus dem Weg rempelt, um uns zu folgen. Für den Computergegner existiert Ellie gottlob solange nicht, bis Joel entdeckt wird. So marschiert er stoisch weiter und sondert seine »Wo sind die beiden nur?«-Sprüche ab. Das verhindert, dass wir nach vier Stunden die PS3 durch die Decke treten wie beim Torabschlag des führenden Teams in der 92 Spielminute. Aber es ist ein alberner Störmoment, der in einem Spiel wie diesem stark hervorsticht.

Das Spiel erzeugt trotz recht linearer Level ein wunderbares Gefühl von Weite. Das jeweilige Etappenziel unserer Reise – hier die Brücke – ist meist im Hintergrund zu sehen und gibt ein gutes Gefühl für die Dimensionen. Das Spiel erzeugt trotz recht linearer Level ein wunderbares Gefühl von Weite. Das jeweilige Etappenziel unserer Reise – hier die Brücke – ist meist im Hintergrund zu sehen und gibt ein gutes Gefühl für die Dimensionen.

Überhaupt wird trotz des hohen Produktionsniveaus deutlich, dass Naughty Dogs neuester Titel von einem Uncharted-Budget weit entfernt ist. Nach einem absolut fantastischen Spieleinstieg marschieren wir viel zu lange durch flach ausgeleuchtete, graue Level die trotz ihres hohen Detailgrades eigenartig stumpf wirken. Auch die wundervoll-widerlichen Designs der Infizierten leiden unter einer mitunter zu detailarmen Texturierung. Erst nach dem ersten Drittel, wenn mehr und mehr offene Bereiche unter hellem Tageslicht das Spiel bestimmen, findet The Last of Us zu einer durchgehend ansprechenden Optik.

Bemerkenswerter Abwechslungsreichtum und das Gefühl von Weite und Verfall machen hier schnell alle Unzulänglichkeiten vergessen. Bedeutend gleichmäßiger ist hingegen der Aufbau der Spielmechanik. Das Schema »durchquere überschaubares Areal gefüllt mit Gegnern« ist klar spielbestimmend. The Last of Us bemüht sich aber mit Erfolg um Abwechslung: Verfolgungsjagden, Reitausflüge, Tauchpassagen, Verschieberätsel, Baller-Einlagen und ein-zwei sehr schön gemachte »Endgegner« sorgen dafür, dass nie Monotonie ausbricht.

The Last of Us - Entwickler-Video: Gegenstände, Erkundung + Kämpfe Video starten 5:18 The Last of Us - Entwickler-Video: Gegenstände, Erkundung & Kämpfe

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