Seite 2: South Park: Der Stab der Wahrheit im Test - Apokalypse im Bergdorf

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Charakterschwäche

Auch bei der Charakterentwicklung serviert Der Stab der Wahrheit lediglich Durchschnittskost. Am Anfang basteln wir unseren Helden oder unsere Heldin, legen aber erst mal nur mit vorgegebenen Frisur- und Klamotten-Schablonen das Aussehen fest. Für eine Klasse entscheiden wir uns etwas später, zur Wahl stehen Krieger, Magier, Dieb und, ähem, Jude.

Die Heldentypen unterscheiden sich jedoch ausschließlich in ihren fünf Spezialfähigkeiten, die wir mit Levelaufstiegen erwerben und weiter verbessern. Charakterwerte sind Fehlanzeige, durch das Sammeln von Facebook-Freunden schalten wir lediglich zusätzliche Perks à la »mächtigere Distanzangriffe« frei. Außerdem lehren uns Cartman & Co. im Kampagnenverlauf vier spezielle Furz-»Zaubersprüche«. Nett, aber da wäre mehr Tiefgang drin gewesen, zumal wir uns wegen des niedrigen Schwierigkeitsgrades nicht mal über die Perks und Ausrüstung spezialisieren müssen.

Fähigkeiten Jeder Charakter hat fünf Kampftalente, die wir durch Levelaufstiege freischalten und verbessern.

Perks Mit gesammelten Facebook-Freunden schalten wir Perk-Punkte frei, die wir dann in besondere Vorteile investieren.

Magie Im Spielverlauf lernt unser Held vier spezielle Furz-»Zauber«.

Inventar Im Inventar rüsten wir unseren Recken aus, sonderlich viel nützliche Ausrüstung erbeuten wir aber nicht.

Apropos: Auch die Items lassen zu wünschen übrig. So erbeuten wir zwar regelmäßig Waffen und Rüstungen, doch die unterscheiden sich allenfalls im Schadens- oder Schutzwert, Gegenstände mit wirklich originellen Eigenschaften müssen wir mit der Lupe suchen. Es reicht also im Regelfall, einfach den stärksten Prügel und die dickste Klamotte anzulegen.

Immerhin können wir Waffen und Rüstungen mit jederzeit austauschbaren Upgrades aufrüsten, um etwa unserer Stahlrohr-Keule zusätzlichen Elektroschaden oder unserem Musikanten-Kostüm einen höheren Verteidigungsbonus zu spendieren. Taktischen Tiefgang erzeugen aber auch die Upgrades nicht, meist liegt auf der Hand, welches das beste ist.

Konsolenspieler müssen während bestimmter Szenen mit solchen hämisch betexteten Platzhalterbildern leben. Konsolenspieler müssen während bestimmter Szenen mit solchen hämisch betexteten Platzhalterbildern leben.

Die Zensur
South Park: Der Stab der Wahrheit erscheint trotz einheitlicher USK-Freigabe ab 18 Jahren in zwei unterschiedlich stark gekürzten Versionen: Während die deutsche PC-Fassung lediglich um verfassungsfeindliche Symbolik sowie die aus Adolf-Hitler-Samples bestehende Nazi-Zombie-Sprache erleichtert wurde, müssen Konsolenspieler (europaweit) zudem auf einige Analsonden- und Abtreibungs-Minispiele verzichten.

Während dieser Sequenzen wird eine Nachricht der South-Park-Macher eingeblendet, die sich in ihrem typischen, ätzenden Ton über europäische Spieler lustig machen und kurz erklären, was eigentlich gerade passiert. Importspieler aufgepasst: Während die PS3-Version der ungekürzten US-Fassung wie gewöhnlich Regionalcode-frei ist, hat Ubisoft die amerikanische Xbox-360-Version mit einer Ländersperre versehen.

Albern kämpfen

Alter Bekannter: In der Kanalisation haust Mr. Hankey, der Weihnachtskot. Alter Bekannter: In der Kanalisation haust Mr. Hankey, der Weihnachtskot.

So weit, so wenig Anspruch. Dann müssen's eben die rundenbasierten Kämpfe richten, in denen wir neben unserem Hauptcharakter stets einen von sechs Begleitern befehligen. Der kreuzbrave Paladin Butters etwa heilt uns im Gefecht, der stotternde Barde Jimmy lullt die Gegner mit einem Schlaflied ein, und Prinzessin (!) Kenny schießt mit dem Bogen oder überredet die Gegner mit einem Kuss dazu, sich ihr Mittagessen noch mal durch den Kopf gehen zu lassen.

Unseren Kameraden können wir auch während des Kampfes jederzeit auswechseln, dann muss er jedoch eine Runde aussetzen. Wenn wir an der Reihe sind, dürfen wir mit jedem unserer Charaktere zunächst einen Gegenstand einsetzen (etwa einen Heil- oder Manatrank) und danach entweder normal zuschlagen oder eine Spezialattacke ausführen.

Sämtliche Angriffe und Talente verbindet Der Stab der Wahrheit mit simplen Reaktionsspielchen, wir müssen mit dem richtigen Timing vorgegebene Controller-Buttons drücken. Falls das nicht hinhaut, richten wir weniger Schaden an oder verfehlen sogar komplett.

Das klingt nervig und aufgesetzt, entwickelt in der Praxis aber einen überraschend guten und intuitiven Spielfluss; es kann schon sehr befriedigend sein, den Gegner mit einem perfekt getimten Schlag aus den Latschen zu hauen. Eine große Herausforderung sind die Minispiele allerdings nicht, bald drücken wir die Tasten für sämtliche Attacken im Schlaf.

Der Wachmann ist einer der ersten Bossgegner im Spiel. Mit der Gasmaske schützen wir uns vor seinem Pfefferspray. Der Wachmann ist einer der ersten Bossgegner im Spiel. Mit der Gasmaske schützen wir uns vor seinem Pfefferspray.

Apropos Attacken: Die Spezialfähigkeiten dienen zwar fast allesamt dazu, bei einem oder mehreren Gegnern Schaden anzurichten, sind aber klasse inszeniert und herrlich albern. Als Jude etwa beschneiden wir Gegner, um ihre Abwehr zu schwächen, oder lassen durch wildes Tastenhämmern biblische Plagen auf die Gegner niederhageln.

Butters hingegen darf sich in den riesigen Professor Chaos verwandeln, dessen vernichtende Attacke wir per Glücksrad-Klick bestimmen. Und Kenny kann ein Regenbogen-Einhorn herbeirufen - das ihn aufspießt, wenn wir beim Reaktionsspielchen zu langsam sind. Es hat Kenny getötet! Das Schwein! Auch hier atmet Der Stab der Wahrheit also mit jeder Pixelpore den Geist von South Park.

Lampen auf Elfenköpfe

Mr. Marsh lehrt uns einen neuen Zauber. Mr. Marsh lehrt uns einen neuen Zauber.

Taktischen Anspruch darf man dennoch getrost mit der Lupe suchen, mit genügend Heiltränken gewinnen wir selbst Bosskämpfe problemlos. Gut, hin und wieder sollten wir schon überlegen, welchen Gegner wir wann angreifen - beispielsweise zahlt es sich aus, Elfen-Priester zuerst umzupusten, weil die sonst andere erledigte Spitzohren wiederbeleben. Und ja, insbesondere Obermotze haben interessante Spezialfähigkeiten, ein gewisser Politiker etwa ruft CIA-Leibwächter herbei, die ihrerseits eigene Angriffsmanöver auffahren.

Vor harte Herausforderungen stellt uns Der Stab der Wahrheit dennoch überaus selten, selbst den Endkampf gewinnen wir auf der höchsten Anspruchsstufe einigermaßen bequem. Was nicht heißt, dass er nicht verdammt absurd und witzig ist.

Reguläre Gefechte (also alle, die wir nicht gegen Bosse führen) dürfen wir zudem radikal verkürzen - und zwar mit den Beschwörungen. Wenn wir die zugehörigen Nebenaufträge erfüllt haben, dürfen wir einmal pro Spielkapitel einen bestimmten Charakter als Final Fantasy-ähnlichen Schutzengel herbeirufen, der alle Gegner sofort umhaut. Unser Favorit ist Jesus, der barmherzige Sohn Gottes mäht seine Gegner einfach nieder - mit einem M16-Sturmgewehr.

Für die Bürgermeisterin sollen wir Obdachlose aus South Park vertreiben. Für die Bürgermeisterin sollen wir Obdachlose aus South Park vertreiben.

Einige Kämpfe lassen sich auch umgehen oder zumindest erleichtern.Wer die Welt mit offenen Augen erkundet, entdeckt nämlich nicht nur Schätze und unzählige Blödeleien, sondern kann auch die Umgebung gegen seine Gegner einsetzen. Beispielsweise lassen wir per Fernangriff verdächtig schief aufgehängte Lampen auf Elfenköpfe krachen. Oder wir locken die Widersacher mit einem ferngezündeten … Leibwind in eine Pfütze, die wir dann per Generator unter Strom setzen. Das geht freilich nur an vorgegebenen Stellen, ermöglicht uns aber immer wieder, noch vor dem eigentlichen Kampf alle oder zumindest einzelne Gegner auszuschalten. Die vollen Erfahrungspunkte gibt's dafür übrigens trotzdem.

Wobei Erfahrung, Talente, Items und Attribute hier sowieso zweitrangig sind, wer mit dem Taschenrechner vor dem Bildschirm hockt oder ein komplexes Rollenspiel erwartet, wird mit Der Stab der Wahrheit absolut nicht glücklich. Das Bergdorf-Abenteuer lebt von seiner Stimmung und seinem dennoch feinen Spielfluss, South-Park-Sympathisanten verschmerzen den Mangel an Tiefgang zudem locker. Denn dafür sind die Charaktere mit ihren Geschichten zu interessant, dafür ist die Inszenierung zu gelungen.

So steht und fällt der Spielspaß letztlich mit dem eigenen Interesse am South-Park-Universum. Wer den Brachialhumor der Serie mag, kommt definitiv auf seine Kosten. Da hat die Umsetzung mit einfachen Mitteln viel erreicht. Wie das Original eben.

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