Die Sniper Elite-Reihe hat sich seit ihrem Start vor fast genau 20 Jahren mit ihrem packenden Stealth-Action-Mix in etliche Herzen gespielt – unter anderem auch in meines. Sniper Elite 5 markierte für mich vor knapp drei Jahren einen echten Serienhöhepunkt, den offenbar auch Entwickler Rebellion als solchen wahrgenommen hat.
Jedenfalls orientiert sich das Studio beim neuen Serienteil Sniper Elite: Resistance für die PS5, Xbox Series X/S und PC extrem stark am direkten Vorgänger und setzt in nahezu allen Bereichen auf bereits Bewährtes ohne wirklich große Überraschungen.
Der neue Hauptcharakter kann die lahme Story nicht retten
Die Geschichte von Resistance spielt parallel zu den Ereignissen des fünften Teils und schmeißt euch erneut in das von den Nazis besetzte Frankreich des Jahres 1944. Hier sollt ihr als Scharfschütze hinter feindlichen Linien verdeckte Operationen ausführen.
Anders als in den bisherigen Serienteilen steuert ihr aber nicht US-Sniper Karl Fairburne, sondern schlüpft in die Rolle des britischen Agenten Harry Hawker.
Der kommt im Verlauf des Spiels den Plänen einer tödlichen Wunderwaffe der Nazis auf die Schliche, die das Blatt im Zweiten Weltkrieg noch einmal entscheidend wenden könnte und muss das natürlich verhindern.
Resistance erzählt also mal wieder dieselbe ausgelutschte Geschichte, die absolut vorhersehbar und ohne große Höhepunkte vor sich hindümpelt und dieses Mal sogar auf einen klaren Gegenspieler verzichtet.
Man kann natürlich argumentieren, dass das für ein Spiel dieser Art vollkommen ausreicht, trotzdem gibt es bei Sniper Elite in diesem Bereich mittlerweile merkbaren Stillstand und für den nächsten Teil sollte sich Rebellion mal wieder etwas frischeres einfallen lassen.
Gewohnt gutes Gameplay
Die Story gehört nicht zu den Stärken von Sniper Elite: Resistance, beim Gameplay sieht die Sache allerdings schon ganz anders aus. In der Kampagne des Spiels klappert ihr nach und nach acht größere Einsätze ab, die Hawker an ebenso abwechslungsreiche wie schick designte Schauplätze wie einen Staudamm, ein ausladendes Weingut oder eine Festungsstadt verschlagen.
Hier gilt es dann unter anderem Flak-Stationen zu sabotieren, einen Informanten zu treffen oder in streng geheime Fabriken einzudringen.
Grundsätzlich sind die Einsatzgebiete offen ausgelegt und erlauben meist mehrere Wege zum Ziel. Wildes Geballer ist allerdings nicht zu empfehlen, vielmehr solltet ihr erstmal mit dem Fernglas die Lage checken, Wachposten markieren und euch ihre Laufwege einprägen, um dann nach und nach durch die Level zu huschen und Wachposten möglichst ungesehen auszuschalten.
Beim Test ist mir aufgefallen, dass insbesondere die Methode, Gegner mit einem Pfiff oder Flaschenwurf ins hohe Gras zu locken, fast schon zu effektiv ist. Denn von dem Gestrüpp, in dem sich Harry sehr effektiv verbergen kann, gibt es auf den Maps auffällig viel – genau wie von Kisten, in denen sich leblose Körper ganz praktisch verstecken lassen.
Abseits davon kann Hawker auch auf andere Hilfsmittel wie Tretminen oder laut knisternde Ablenkungs-Attrappen zurückgreifen und das Experimentieren damit macht auch in Resistance wieder eine Menge Laune. Schade allerdings: Im Vergleich zu Sniper Elite 5 gibt's keine neuen Items in der Sniper-Sandbox.
Geschossen wird in Resistance natürlich auch und wie in der Serie üblich, müsst ihr über lange Distanzen etwa den Sinkflug der Kugel berechnen, was auf Wunsch aber vom Spiel übernommen wird. Außerdem empfiehlt es sich, Schussgeräusche von anderen Schallquellen wie Glockengeläut oder lauten Generatoren übertönen zu lassen.
Bei Treffern – die gerade auf lange Distanzen enorm befriedigend sein können – kommt erneut die berühmt-berüchtigte Röntgen-Killcam zum Einsatz, die dann ziemlich detailliert zeigt, welchen Schaden die Kugel beim Feind hinterlässt. Wer darauf keine Lust hat, kann die Häufigkeit anpassen, in der die Kamera zum Einsatz kommt oder sie auch komplett ausschalten.
Deutsche Version
Die deutsche Version von Sniper Elite: Resistance erscheint ungeschnitten und mit einer USK-Freigabe ab 18 Jahre. Sämtliche Gewaltszenen sowie Nazi-Symbolik sind auch hierzulande enthalten.
Gleiche Stärken, gleiche Schwächen
Neben den Hauptmissionen lassen sich in den Gebieten auch noch optionale Aufgaben erledigen, unter anderem wollen zusätzliche Informationen und Dokumente entdeckt oder weniger essentielle Ziele zerstört werden.
In jedem Areal könnt ihr zudem einen besonders wichtigen Nazi erledigen. Wer Sniper Elite kennt, bekommt also auch in Resistance das übliche Programm geboten, das funktioniert aber nach wie vor ziemlich gut – zumindest wenn man sich auf das vergleichsweise langsame Tempo des Spiels einlässt.
Jedes Areal ist wie ein großes Puzzle, das erst einmal gelesen werden muss und es macht richtig Spaß, den besten Weg zu den Missionszielen zu finden und dabei möglichst unentdeckt zu bleiben. Spannung kommt vor allem dadurch auf, dass Hawker nur ein paar Treffer verträgt und stets in deutlicher Unterzahl ist, das sorgt für eine sehr dichte und intensive Atmosphäre.
Getrübt wird diese allerdings durch die trotz separater Einstellung deutlich schwankende Gegner-KI. Mal sehen euch die Nazi-Soldaten auch bei Nacht und in größerer Entfernung, mal nehmen sie uns überhaupt nicht wahr. Die Intelligenz der Feinde war noch nie eine große Stärke der Serie und daran ändert sich auch in Resistance nichts.
Generell fällt zudem auf, wie ähnlich das Spiel seinem direkten Vorgänger ist. Die Fertigkeiten, die ihr mit entsprechenden Punkten in drei Talentbäumen freischalten könnt, sind beispielsweise dieselben wie in Sniper Elite 5.
Schon damals fühlten sich viele davon zu wenig lohnend an, etwa die erhöhte Tragekapazität für bestimmte Gegenstände, das ist dieses Mal also nicht anders. Als zusätzliche Motivation taugt das System dennoch, ebenso wie die freischaltbaren Waffen und Modifikationsteile, die es entweder für erledigte Missionen oder das Entdecken von Werkbänken in den Levels gibt.
Schwierigkeitsgrad und Accessibility-Einstellungen
Abseits der Einstellungen für das Gegnerverhalten lässt sich die Schwierigkeit von Sniper Elite: Resistance sehr graduell anpassen, beispielsweise durch die Reduzierung von HUD-Anzeigen oder angepasster Widerstandsfähigkeit von Harry Hawker.
Außerdem gibt es in den Optionen einen separaten Barrierefreiheits-Reiter, bei dem sich unter anderem diverse Modi für Farbenblinde, Details für Texteinblendungen sowie Zielhilfen einstellen lassen.
Neue Missionsarten, ordentlicher Umfang
Wer die Augen in der Kampagne aufhält, kann die neben Harry Hawker vermutlich größte Neuerung von Sniper Elite: Resistance finden. Insgesamt gibt es nämlich sieben Propaganda-Missionen, die allerdings erst freigeschaltet werden müssen, wenn ihr die passenden Plakate in der Kampagne findet und einsammelt.
In den Propaganda-Missionen übernehmt ihr die Rolle von anderen Widerstandskämpfern und müsst unter Zeitdruck beispielsweise alle Gegner erledigen. Das ist letztendlich nicht mehr als ein Highscore-Gebolze, aber trotzdem eine nette Dreingabe – auch wenn es direkt zum Launch ruhig mehr dieser Missionen hätten sein dürfen.
Bezüglich des Umfangs kann ich bei Resistance abseits davon aber nicht viel meckern. Die Kampagne bewegt sich diesbezüglich jedenfalls auf dem Niveau bisheriger Teile, ich hatte den Abspann als überaus routinierter Fan der Reihe nach knapp 10 Stunden erreicht.
Ausreichend Wiederspielreiz ist dank optionaler Ziele und Sammelgegenstände auch nach dem Abschluss der Kampagne geboten, die ihr auf Wunsch auch zu zweit im Koop spielen könnt. Im Sniper-Doppel spielt sich das Ganze etwas action-orientierter, aber nicht weniger spaßig.
Darüber hinaus gibt es auch noch einen Versus-Multiplayer für bis zu 16 Personen, eine Invasions-Variante, in der man anderer Spieler*innen in deren Kampagne ein bisschen ärgern kann und einen Koop-Überlebensmodus gegen Gegnerwellen, also insgesamt ein sehr ordentliches Paket.
Season Pass
Der optional oder in der Deluxe Edition des Spiels enthaltene Season Pass bringt zukünftig einige neue Inhalte, darunter 3 weitere Kampagnen-Mission sowie zusätzliche Waffen- und Skin-Pakete.
Technisch lief die von mir gespielte Xbox Series-Version ohne Probleme, Rebellions hauseigene Asura-Engine macht wie schon in den Vorgängern einen sehr ordentlichen Job. Mir haben einmal mehr vor allem die toll und teilweise enorm detailliert gestalteten Einsatzgebiete gefallen, in anderen Bereichen wie beispielsweise bei einigen Animationen oder der Darstellung von Gesichtern hat Sniper Elite aber mittlerweile merkbaren Nachholbedarf.
Fazit der Redaktion
Tobias Veltin
@FrischerVeltin
Ich verstehe jetzt, warum Rebellion den neuen Teil nicht Sniper Elite 6 genannt hat. Harry Hawkers Premiere fühlt sich nämlich in vielerlei Hinsicht eher wie ein Zwischenschritt oder DLC als ein wirklich neuer Serienteil an. Und das lässt mich insgesamt etwas zwiegespalten zurück.
Wer das grundlegende Spielprinzip mag und hier keine neuen Impulse erwartet, wird mit Resistance mit Sicherheit wieder seine Freude haben – ich hatte sie jedenfalls. Denn der Mix aus viel Schleicherei und etwas weniger Action spielt sich erneut sehr rund und hat durch die dichte Atmosphäre wieder etwas sehr Einnehmendes. Resistance ist more of the same und das in einem durch und durch guten Sinne.
Dennoch werde ich das Gefühl nicht los, dass sich Rebellion hier etwas zu sehr auf dem Sniper Elite 5-Konzept ausgeruht hat und größere Anpassungen wie beispielsweise am Fertigkeiten-System definitiv nicht geschadet hätten. An meiner Empfehlung für das Spiel ändert das aber nichts, denn Sniper Elite: Resistance zementiert für mich den Status der Reihe als Geheimtipp für Stealth-Fans – mit all ihren Stärken, aber eben auch ihren Schwächen.
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