Die Fäuste sprechen lassen
Hat man den Dreh raus, ist es ungemein befriedigend, einem Gangster mit Faustschlägen die Vorderzähne zu verbiegen, herumzuwirbeln und zwei weiteren einen Drehkick zu verpassen. Dann den Angriff des nächsten zu kontern, ihn zu Boden zu werfen, um ihm mit einem Ruck den Arm zu brechen, sich einen weiteren Widersacher zu packen und ihn – bäm! – frontal gegen eine Mauer zu ballern.
Im Lauf des Spiels lernt man immer wieder neue Knochenbrecher-Moves, die Abwechslung in die Schlägereien bringen. Zum Beispiel durch gesammelte Jade-Statuen, die man Shens altem Sensei ins Kampfsport-Dojo liefert. Oder durch Erfahrungspunkte, die in den Missionen verdient werden: Während sich die Polizei-Erfahrungspunkte eher im Schusswaffengebrauch auswirken, bringen Triadenpunkte fiese Straßenkampftricks ein.
Doch wie funktioniert das mit den Erfahrungspunkten genau? Nimmt man in der offenen Spielwelt eine Mission an, wirken sich die Aktionen auf das Punktekonto aus, und zum Schluss wird abgerechnet: Ist man ordentlich hart zu Werke gegangen, hagelt es Gangster-Boni, während Unfälle und verletzte Unschuldige Abzüge in der Polizeinote bedeuten. Für das gesetzeskonforme absolvieren von Polizeiaufgaben wie etwa Abhörmissionen oder das Infiltrieren der Straßenrennszene wird das Gesetzeshüterkonto aufgefüllt.
Die erste Spritztour
Doch bis wir richtig loslegen dürfen, dauert es ein wenig. Zuerst steht noch eine Verfolgungsjagd zu Fuß auf dem Programm. Wir sprinten einem Flüchtigen hinterher, die Jagd geht dabei über Zäune, Hinterhöfe, Mauern und sogar Dächer. Hier kommt ein simples Parkour-System zum Einsatz, Shen flankt so elegant über Hindernisse und erklimmt in einer fließenden Bewegung Mauern. Die Spielmechanik ist so simpel wie effektiv: Kurz vor einem Hindernis drücken wir auf die Aktionstaste – drücken wir zu spät, kommt Shen bei der Hetzjagd ins Straucheln. Solche äußerst dynamischen Verfolgungsjagden erwarten uns im Spielverlauf immer wieder.
Den ersten Kontakt mit der offenen Welt von Hongkong haben wir hingegen erst nach etwa 45 Minuten Spieldauer. Wir setzen uns in ein Auto, fahren los. Verdammt, was macht der Typ auf unserer Spur? Nach einem weiteren Beinahe-Crash mit einem wild hupenden Fahrzeug wird uns klar: Hier herrscht Linksverkehr! Okay, das erfordert ein wenig Umgewöhnung. Aber schon bald ist uns die ungewohnte Verkehrsführung in Fleisch und Blut übergegangen.
Unser erstes Auto ist eine lahme Klapperkiste, die nur bockig in die Kurven geht. Zeit für einen neuen fahrbaren Untersatz. Kein Problem, der Straßenrand ist ja zugeparkt. Wir halten neben einem Flitzer, dessen schnittiges Aussehen unseren Ansprüchen eher gerecht wird, steigen aus, drücken auf die GTA-Zaubertaste und steigen ein. Ja, das ist besser, viel besser! Das Fahrverhalten der Autos unterscheidet sich je nach PS-Zahl deutlich. Fasziniert von den toll nachgebildeten Straßenzügen der Metropole folgen wir einfach der Hauptstraße – und verfahren uns prompt hoffnungslos.
Auf einer serpentinenreichen Straße irgendwo in den Hügeln Hongkongs rufen wir schließlich die Karte auf, machen uns ein Bild der Umgebung. Wir sind hier ... unser Ziel ist dort ... uff, das sind ja unzählige Kilometer! Eigentlich hatten wir bei unserer Spritztour Absperrungen erwartet, die uns wie bei GTA IV daran hindern, anfangs zu weit in die Spielwelt vorzudringen. Doch Sleeping Dogs lässt uns sofort auf das gesamte Stadtgebiet los: Auf einer Insel von GTA-Ausmaßen hat man die wichtigsten Stadtteile samt ihrer typischen Erscheinungsbilder in vier Gebieten eingedampft. Logisch, eine 1:1-Umsetzung würde den Rahmen sprengen und den Spieler tatsächlich überfordern.
Trotzdem stimmt hier alles: Die versifften Seitenstraßen, die Neonreklamen, die Hochhäuser des Bankenviertels, selbst die Touristenattraktion Victoria Peak, den höchsten Hügel Hongkongs, kann man besuchen, um die tolle Aussicht zu genießen. Wie in den meisten Open-World-Spielen können wir unser Ziel anklicken und den von GTA »inspirierten« Radarschirm als Navi benutzen. Das ist schon viel besser! So macht es noch mehr Spaß, durch Videospiel-Hongkong zu cruisen.
Gangster, Gesetzeshüter und Karaoke
In Sleeping Dogs gibt es zwei Hauptauftraggeber: Die Polizei und die Triade. Die Missionen werden freigeschaltet, indem man eine nach der anderen abschließt – dann ploppen auf der Karte jeweils neue Symbole auf. Die Polizeieinsätze sind dabei in Fälle gegliedert, die mit der Haupthandlung nichts zu tun haben. Hier muss Shen zum Beispiel an mehreren illegalen Straßenrennen teilnehmen, um schließlich den Drahtzieher hopps zu nehmen. Nur gelegentlich meldet sich Shens Vorgesetzter per Handy, um ihn etwa in eine Wohnung zu schicken, wo er Wanzen installieren soll.
Die Triadenstory behandelt hingegen Machtkämpfe, Racheaktionen – und auch einige »Babysitter-Einsätze«, in denen Shen hochrangige Gäste der Triadenoberhäupter oder hübsche Mädels chauffieren und ausführen muss. Zum Beispiel in Karaoke-Bars, wo er bei primitiven, aber durchaus lustigen Singstar-Klonen seine Sangeskünste beweist (per Analogstick, ohne Mikrofon). Von den Damen, die er dabei trifft, erhält der Charmebolzen sogar Telefonnummern, die zu einer weiteren Missionsart führen: Ein Anruf genügt, um sich mit den Ladies zu einem Date zu verabreden.
So geht Wei beispielsweise mit der hübschen Blondine Amanda auf Sightseeing-Tour. Das bedeutet nicht nur Abwechslung vom ständigen Geprügel und den Autorennen, sondern bringt dem Spieler auch noch Boni ein. So arbeitet zum Beispiel Amanda an einem Buch über Hongkongs Tempel und zeichnet Wei auf der Übersichtskarte die Lage aller Gesundheitsschreine ein – pro fünf entdeckter Schreine steigert sich seine Lebensenergie.
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