»Uns kann man nicht verschaukeln«
Die CSU-Sozialministerin Christine Haderthauer behauptet, die USK sei von der Medienwirtschaft bezahlt. Ihre Gutachter würden die schlimmsten Gewaltszenen gar nicht vorgelegt bekommen.
Marek Brunner: Der Vorwurf wäre immer derselbe, ob die USK nun aus Steuergeldern und direkt aus Verfahrensgebühren finanziert werden würde. Natürlich muss eine Firma für eine Dienstleistung bezahlen. Bezahlt wird nach Aufwand und Verfahren, nicht nach Rating oder Firmensitz. Die Gutachter sehen alle spielerisch und jugendschutztechnisch relevanten Szenen. Das wird auch immer wieder aus den Gutachten deutlich.
Gibt es interne Kontrollmechanismen?
Marek Brunner: Wenn ein Sichter wirklich Szenen vorenthalten sollte, würde das aufgrund der Gutachter, Sichtertexte und des Archivs der USK ans Licht kommen, und der Sichter hätte hier keinen Job mehr und in der Branche sicher auch nicht. Wie stellt man sich das auch vor? Die Gutachter haben Sichtertexte mit dem Spielinhalt, haben Feature-Listen, Anleitungen und Cover, es gibt schon Trailer, Previews und alles. Soll ich als Sichter »Nein« sagen, wenn ich vom Gutachter gebeten werden, auf den Kopf zu schießen? Soll ich einfach sagen »Ja, es ist ein zeitlicher Bruch, aber es gibt hier keine blutige Zwischensequenz«? Die Gutachter sind zu 65 Prozent selbst Spieler, der Ständige Vertreter der OLJB hat inzwischen über 12.000 Spiele gesehen, die kann man nicht verschaukeln.
Seit 2003 ist eine Alterskontrolle im Handel verbindlich. Trotzdem halten sich nicht alle Verkäufer daran. Nachdem die Familienministerin Ursula von der Leyen ihren Gesetzesentwurf hinsichtlich jugendlicher Testkäufer zurückgezogen hat: Haben Sie noch Ideen, wie man Jugendschutz besser umsetzen könnte?
Marek Brunner: Ich finde die Testkäufe weiterhin eine gute Idee und rede explizit von ausgewählten und betreuten Jugendlichen. Meiner Meinung nach gibt es keine andere praktikable Lösung, um zu sehen, ob die Regeln eingehalten werden oder nicht.
Der Kriminologe Christian Pfeiffer meint, die USK urteile in vielen Fällen zu zahm. Und laut USK-Broschüre müssen Ab-16-Titel »gewaltlose Spielanteile und unrealistisch wirkende Spielelemente« enthalten. Was ist denn zum Beispiel an Counter-Strike gewaltlos und unrealistisch?
Marek Brunner: Das ist einfach. Die deutsche Version ist ja durchaus schon entschärft. Und dass Waffenkauf, Duckjumps, abgeriegelte Karten und Rundenzeiten etwas mit Krieg in der Wirklichkeit zu tun haben, kann wirklich keiner sagen. Das sah ja auch die BPjM ähnlich und indizierte die US-Version von Counter-Strike nicht, wegen des kommunikativen und sportlichen Charakters. Dennoch finden die Gamer Freigaben zu hart, die Industrie auch, einige Politiker finden sie zu lasch. Es ist schwer, mit den normalen Mitteln einer GmbH eine riesige Aufklärungskampagne zu starten, um unsere Position klar zu machen.
Im Fall vonDead Spacegab es zunächst keine Kennzeichnung, es war damit indizierungsgefährdet. Letztlich erhielt es doch ein USK-Prüfsiegel, obwohl es nicht weiter geschnitten wurde. Wie kann das sein?
Marek Brunner: Beim Aufbau der USK wurde stark auf plurale, ungebundene Gremien geachtet. Jeder Mensch wird mit seinem Wissen und seinem Bauchgefühl seine Entscheidung vertreten, genau wie vor Gericht können Kriterien dann aber eben ganz verschiedenen ausgelegt werden. Im Fall von Dead Space war das dritte Gremium der Beirat der USK, der das Szenario und den eigentlichen Spielablauf vor die Gewaltspitzen stellte. Auch wenn der Beirat die Entscheidung der Gutachter verstand, gewichtete er gewisse Elemente eben anders.
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