»Schießen Sie bitte in den Kopf!« - Der USK-Cheftester im Interview

Er überfährt Passanten, zündet Lazarett-Zelte an und versucht, Pixelleichen zu stapeln: Marek Brunner hat einen außergewöhnlichen Beruf. Im Interview erklärt der Leiter der USK-Testabteilung seinen Alltag und spricht über Counter-Strike, Zensur und traurige Erotikspiele-Hersteller.

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Spieler wissen es: Das Kürzel USK steht nicht nur für »Unabhängiger Staat Kroatien«, sondern auch für Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle. Dahinter verbirgt sich aber kein seelenloser Spaßbremsen-Apparat, es arbeiten pfiffige Menschen dort, die ihren Einsatz für den Jugendschutz sehr ernst nehmen. Das beweist der Leiter der Testabteilung, Marek Brunner. Wir sprachen mit dem Berliner über seine Arbeit, Zensur, so genannte »Killerspiele« und über Mütter, die ihren DSL-Router mit ins Bett nehmen, damit der Sohn nicht ständig World of Warcraft spielt.

Marek Brunner ist Leiter der USK-Testabteilung und selbst leidenschaftlicher Computerspieler. Marek Brunner ist Leiter der USK-Testabteilung und selbst leidenschaftlicher Computerspieler.

Kürzlich kam es zu einer LAN-Party-Absage, weil Lokalpolitiker den Verzicht von »Killerspielen« gefordert hatten. Genannt wurden Counter-Strike 1.6 und Warcraft 3 - das erste Spiel hat die USK ab 16 Jahren freigegeben, das zweite ab 12. Wie fühlt es sich an, wenn die eigene Arbeit mit derartigen Aktionen lächerlich gemacht wird?

Marek Brunner: Es gibt eben verschiedene Wahrnehmungen von Spielen. Wer meint, die USK wäre zu lasch, meint damit letztendlich auch die Arbeit der Bundesländer, die sowohl die Gutachter stellen als auch den Ständigen Vertreter benannt haben. Aber Menschen werden immer alles in ihrer Macht Stehende tun, um ihre Welt vor dem Untergang zu bewahren. Es wäre nur schön, wenn man vorher ein paar Wissenschaftler und Profis aus dem Spielesektor anhören würde.

Aus Sicht einiger Politiker ein »Killerspiel«: Warcraft 3 (ab 12). Aus Sicht einiger Politiker ein »Killerspiel«: Warcraft 3 (ab 12).

Es gibt Kritik an der Struktur der USK. Die Gutachter spielen nicht selbst, sondern lassen sich die Programme von USK-Testern vorstellen. Die seien als Spieler nicht objektiv.

Marek Brunner: Die praktische Frage ist: Wer soll denn Spiele spielen? Wird nicht jeder ein Spieler, der Spiele spielt? Würden die Gutachter spielen, würde das nicht nur enorme Zeit und Unsummen verschlingen, die Vorteile einer solchen Aktion wären zudem kaum sichtbar.

Welches Auswahlverfahren müssen Tester bei der USK durchlaufen?

Marek Brunner: Unsere Sichter werden gecastet. Es gibt eine Warteliste von 200 angehenden Testern, wir greifen uns die besten heraus. Neue Tester setzen wir zum Training erst einmal nur an bereits geprüfte Titel. Danach folgen Titel ohne Altersbeschränkung. Erst später lassen wir den Neuen auf die höheren Ratings los. Weibliche Sichter gibt es übrigens keine, die Männer waren bisher immer besser.

Die neuen USK-Kennzeichen gelten seit Juni (das Bild zeigt USK-Geschäftsführer Olaf Wolters und Monika Griefan, Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion für Kultur und Medien, bei der Vorstellung). Die neuen USK-Kennzeichen gelten seit Juni (das Bild zeigt USK-Geschäftsführer Olaf Wolters und Monika Griefan, Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion für Kultur und Medien, bei der Vorstellung).

Die USK-Tester arbeiten mit einem schlauen Büchlein, das sich geheimnisvoll »Sichterbibel« nennt. Was steht da drin?

Marek Brunner: In der Sichterbibel stehen die Testgrundregeln für alle Genres. Was muss also wie durchgespielt, wer muss virtuell überfahren, erschossen oder geschlagen werden, welche Parteien sind wie zu spielen. Es ist praktisch ein »Worst Case«-Szenario mit allen bisher bekannten Wegen und Umwegen durch alle Genres. Alle Neuerungen, wie das In-Brand-setzen von Rot-Kreuz-Zelten in militärischen Strategiespielen, Regeln zum Online-Glücksspiel oder auch verbotene Symbole und erlaubte Abweichungen sind enthalten. Das Heft soll die Sichter zur Sorgfalt mahnen, gleichzeitig aber auch zu den fiesesten Aktionen inspirieren. Kann man Pixelleichen stapeln, um durch das Fenster den Zielraum zu erreichen? Solche Fragen müssen sich die Sichter jeden Tag stellen.

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