Keine Kämpfe, keine Waffen
Der achtjährige Held des Spiels greift nie zur Waffe, weder aktiv noch um sich zu verteidigen. Bei den wenigen Gefahren, die in der insgesamt zwar sehr friedlichen, aber teilweise auch gruseligen und bedrückenden Welt existieren, hilft die Flucht oder die direkte Umgebung. Den wachsamen Augen eines zornigen Greifvogels entgehen wir durch geschicktes Navigieren in Höhlensystemen und überdachten Ruinen. Mit speziellen Lichtkugeln, die in der Welt verteilt sind, lassen sich dunkle Kreaturen vergraulen, die uns in bestimmten dunklen Regionen unsere Lebensenergie entziehen wollen.
Das Spiel kommt nicht nur ohne Text, sondern auch komplett ohne jegliche HUD-Einblendungen aus. Die Entwickler legen den Fokus auf eine elegante, aber klare Designführung, die uns dezente Hinweise in der Spielwelt gibt. Vorsprünge, an denen wir uns festhalten können, sind mit einem farbigen Moosbewuchs markiert, alte Wandmalereien deuten an, was es mit den großen Windrädern im aktuellen Abschnitt auf sich hat, und wenn wir die Orientierung verlieren, hören wir das leise Bellen des Fuchses, der uns wieder auf den richtigen Pfad führt.
Ein ganz besonderes Highlight des Spiels ist sein orchestraler Soundtrack. Der Musiker David García Díaz schafft es mit seinen fantastischen Kompositionen, eine zweite, wichtige Erzählebene in dieser eigentlich stummen Spielerfahrung zu etablieren. Egal welches Gefühl der Junge in der Spielwelt durchlebt, die Musik trägt einen großen Teil dazu bei, uns an der emotionalen Erfahrung teilhaben zu lassen.
Wortloses Kunstwerk
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ein Spiel namens Rime (alte Schreibweise von rhyme, auf deutsch: Reim) komplett auf Text und Sprache verzichtet. Das wunderschöne Celshading-Abenteuer des spanischen Entwicklerstudios Tequila Works schafft es trotzdem, dass wir uns am Ende einen Reim darauf machen können, was wir in den rund fünf bis sechs Stunden zuvor erlebt haben.
Trotz des durchwegs sehr surrealen Settings ist nach dem Abspann völlig klar, warum die Welten derart gestaltet sind und warum der Junge diese Areale durchläuft. Zwar funktioniert das Spiel auch dank der tollen Rätsel und Präsentation bereits auf einer rein mechanischen Stufe, die rührende Auflösung im Epilog gibt dem ganzen Spiel aber noch eine zusätzliche, emotionale Ebene - auch wenn wir glauben, dass das künstlerische Potential des Mediums an dieser Stelle noch nicht ganz ausgereizt wurde.
Ist die Story einmal erledigt, lohnt sich ein erneutes Spielen nur für Sammler, die gerne alle versteckten Gegenstände und Collectibles finden wollen. Nach dem Beenden der Story können die einzelnen Level mit einer Anzeige der fehlenden Secrets direkt über das Hauptmenü angesteuert werden. Zumindest eine kleine Motivation gibt es dafür: Der interaktive Epilog verändert sich leicht, wenn alle verlorenen Gegenstände in der Welt gefunden wurden. Wer auf solche Sammelaufgaben keine Lust hat, kann diese jedoch getrost ignorieren.
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