Festival der Fehler
Dazu wirken viele Sequenzen lieblos aneinandergereiht oder derart unlogisch, dass man eigentlich nur noch lachen kann. Beispiel gefällig? Wir werden vor einem Motel von einem dicken Typen angegriffen, der sich dort mit einer (wohlgemerkt fremden) jungen Frau unterhalten hat. Nachdem wir den Kerl vermöbelt haben, werden wir - ohne Dialog oder eine andere Überleitung - plötzlich Zeuge, wie Jake mit eben jener jungen Frau ein ausgiebiges Schäferstündchen hält (natürlich in voller Biker-Montur) - bevor wir nach dieser Szene wieder vor dem Motel herumstehen. Was? Warum? Das Spiel schweigt so eisern wie ein Gang-Kronzeuge nach einem Schlägerbesuch.
Überhaupt sind Frauen in Ride to Hell: Retribution reine Lustobjekte mit fantasievollen Namen wie »Prostituierte 1«. Es hat fast den Anschein, als hätten die Entwickler krampfhaft Sex-Elemente in die »Wir sind so hart«-Rockergeschichte einbauen wollen.
An anderer Stelle muss Jake über einen Zaun kommen, der unter Strom steht. Doch statt mit einem geklauten Tanklaster einfach durch das Hindernis zu brettern, fährt er erst mehrere Kilometer zu einem Staudamm mit dem dazugehörigen Umspannwerk und zerstört es - na klar!
Nicht mal der Held kann die vor Logiklücken, Plattitüden und Klischees überschäumende Story retten. Wie denn auch, dafür bräuchte er ja Mimik, coole Sprüche und überhaupt so etwas wie einen Charakter. Hat er aber alles nicht, der Holzpfosten wirkt wie eine Karikatur der Figur, die die Entwickler wohl beabsichtigt hatten. Spätestens hier wird das zarte Pflänzchen, das mit dem interessanten Szenario gesetzt wurde, rücksichtslos zertrampelt.
Steinzeit-Technik
Auch technisch merkt man dem Spiel an, dass die Entwicklung vor ein paar Jahren eingestellt, aber dann doch irgendwie wiederbelebt wurde - man hätte es bleiben lassen sollen. Ride to Hell: Retribution sieht gelinde gesagt jämmerlich aus. Flimmernde Objekte und Texturen, die selbst vor zehn Jahren schlecht ausgesehen hätten, hakelige Animationen, Ruckler und noch vieles mehr vermengen sich zu einem ungenießbaren Grafikcocktail der übelsten Sorte. Dazu kommen zig Bugs, Grafikfehler und andere Probleme wie in Wänden herumzappelnde Pizzaschachteln oder aus dem Nichts auftauchende Polizeiautos oder Kisten. Beim Sound zeigt sich ein ähnlich erschreckendes Bild.
Die generische Rockmusik schrammelt nebenbei zwar einigermaßen stimmig vor sich hin, der Rest der Klangkulisse wirkt aber so, als habe man einen betrunkenen Affen ans Mischpult gelassen. Die Schussgeräusche beispielsweise klingen, als klopfe jemand auf ein Mikrofon, und die Motorräder rangieren akustisch zwischen einer mittelgroßen Hummel und einer Elektro-Zahnbürste. Viel mehr bleibt dann auch nicht zu berichten, denn bis auf vereinzelte Umgebungsgeräusche gibt es schlicht keinen Sound. Keinen! Sound! Keine Schrittgeräusche, kein Vogelgezwitscher, kein gar nichts! Sogar die englische Sprachausgabe ist mit unpassenden Sprechern, mieser Betonung und teils unverständlichem Genuschel absolut missraten - aber das passt bei dieser programmierten Vollkatastrophe bestens ins Bild.
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