Das Jahr 2019 stand für Pro Evolution Soccer bislang unter keinem guten Stern. Nicht nur musste Konami im Mai 2018 den Verlust der Champions League und Europa-League Lizenzen an den großen Konkurrenten FIFA verkraften, kurz danach beendete auch Borussia Dortmund seine mehrjährige Partnerschaft mit den Japanern und wechselte ebenfalls ins EA-Lager. Ein herber Rückschlag in Sachen Lizenzen für den Underdog Pro Evolution Soccer 2019, der im Test aber aus dieser Not eine Tugend macht und den Verlust an anderer Stelle kompensiert.
Lizenz-Attacke
Die europäische Königsklasse - und damit ein echtes "Pfund" - hat PES also verloren, was Konami aber nicht daran gehindert hat, etliche andere Lizenzen ins Boot zu holen und damit eins der dicksten Pakete zu schnüren, das die Serie bislang hatte.
Unter anderem sind neun neue komplett lizenzierte Ligen im Spiel (siehe Auflistung unten) und es gibt Premium-Partnerschaften mit Einzelteams wie dem FC Liverpool, Arsenal London und dem AC Mailand. Über die Relevanz dieser Lizenzen lässt sich natürlich streiten, zumal auch die Bundesliga bis auf den FC Schalke 04 und Bayer Leverkusen immer noch nicht adäquat vertreten ist, Fakt bleibt aber, dass es selten derart viele echte Teams und Spieler in Konamis Fußballserie gab wie in PES 2019.
Keine wirkliche Überraschung indes: Auf dem Platz ist PES 2019 wie schon seine Vorgänger eine echte Macht, was vor allem an tollen Mischung aus enorm realistischen Animationen, nachvollziehbarem Spielverlauf und Ballphysik liegt. Wie in jedem Jahr hat Konami einige neue Bewegungen hinzugefügt und insbesondere in den Wiederholungen sind Außenristpässe, angetäuschte Bewegungen oder Kopfbälle eine echte Augenweide.
Die virtuelle Körperlichkeit des Spiels hat im Vergleich zum letzten Jahr gefühlt noch einmal etwas zugelegt, an baumlangen Verteidigern wie Naldo ist es beispielsweise besonders schwer vorbeizukommen oder gar ein Kopfballduell zu gewinnen.
Ballphysik zum Verlieben
Durch das Abschirmen und Wegblocken des Balles gebt ihr den angenehm clever agierenden KI-Kollegen zudem Zeit, in entscheidende Lücken zu stoßen und durch das recht realistische Spieltempo könnt ihr durch schnelle Richtungswechsel oder Sprints Gegner hervorragend narren. Auch das Ablaufen von Bällen in der Defensive ist enorm befriedigend.
Kombiniert mit der hervorragenden Ballphysik, dank der das Spielgerät immer wieder nachvollziehbar von Schienbeinen oder Torpfosten abprallt ergibt sich ein Spielablauf, der sich bei entsprechendem Können sowohl sehr gut selbst steuern lässt, durch unvorhergesehene Situationen aber auch stets für Überraschungen sorgen kann.
Spielerische Unterschiede im Vergleich zu PES 2018 sind allerdings kaum bis gar nicht zu spüren. Das von Konami überarbeitete Schusssystem fühlt sich prinzipiell nicht wesentlich anders an als in den Jahren zuvor, allerdings ist die richtige Positionierung zum Ball wichtiger denn je, um einen kraftvollen Schuss loszulassen. Zentral vor dem Sechzehner abgefeuerte Schüsse auf die unteren Torecken kamen uns zudem etwas zu effektiv vor.
Kopfbälle sind ebenfalls vergleichsweise knifflig auszuführen und weniger effektiv als in den letzten Jahren, hier ist das Timing nun noch entscheidender. Das hat aber natürlich auch seinen Reiz, denn so ist jedes erzielte Kopfballtor ein absolutes Hochgefühl. Ausschließlich ärgerlich ist hingegen, dass die KI-Torhüter selbst auf den höheren Schwierigkeitsstufen sehr zögerlich herauslaufen, wenn wir allein in den Strafraum durchbrechen, was dann oft für gefühlt zu leicht erzielte Tore sorgt.
Neu und gut: Schnellwechsel-System
Die neue sichtbare Ermüdung der Spieler äußert sich tatsächlich optisch. Gegen Ende eines Matches könnt ihr beispielsweise beobachten, wie einige Spieler von Krämpfen geplagt zu Boden gehen und eine Auswechslung signalisieren, was ihr dann auch dringend tun solltet, da die Kicker von diesem Zeitpunkt an kaum mehr für ein ordentliches Spiel zu gebrauchen sind. Diese Ermüdungserscheinungen gab es allerdings auch früher schon, nur eben ohne den entsprechenden Grafikeffekt.
Ungemein praktisch und vor allem sinnvoll finden wir dagegen die Schnellwechselfunktion, mit sich die Spieler auch während einer kurzen Spielunterbrechung austauschen lassen, ohne dafür ins Strategiemenü wechseln zu müssen. Unter dem Strich ist PES 2019 damit in spielerischer Hinsicht eine Wucht und kann in diesem Bereich das schon sehr ausgefeilte PES 2018 toppen.
Modi: Alles wie immer
Während PES 2019 auf dem Platz erwartungsgemäß seine Stärken ausspielt, herrscht bei den Modi dieses Jahr deutlich merkbarer Spielstand. Ihr habt wie gewohnt die Wahl aus diversen Offline-Modi wie der Meister Liga, Werde zur Legende (in dem ihr nur einen Spieler steuert), sowie die Teilnahme an Ligen oder Turnieren.
Insbesondere der Meister Liga-Modus offenbart wieder einmal recht komplexe Mechanismen wie den langsamen Aufbau eines Teams, dessen Prozess euch zum Beispiel ins Scouting und das langsame Heranführen von Jugendspielern einbindet und bei dem es viele Dinge wie etwa das Gehaltsbudget zu beachten gilt.
Hier wurde allerdings nur behutsam gefeilt, uns kommen in diesem Jahr beispielsweise die Preise für Spieler etwas realistischer vor, aber generell tritt die Meister-Liga insbesondere bei Präsentation und Aufmachung auf der Stelle. Und auch der Trainings-Modus könnte dringend ein Update vertragen, denn so schön und sinnvoll das Trainieren von Feinheiten wie hohen Pässen oder Tacklings sind, so einfallslos ist Konami beim Präsentieren dieser Disziplinen und spult zudem exakt dasselbe Programm wie in den Vorjahren ab.
Dass es in Sachen Modi-Innovation anders zeigt beispielsweise FIFA in diesem Jahr mit der Einführung eines erweiterten Anstoß-Modus und erst im letzten Jahr führte Konami bei PES den 3-gegen-3-Koop-Modus ein.
Löbliche Ausnahme: myClub
Immerhin hat der myClub-Modus etliche Anpassungen spendiert bekommen. Optisch nähert sich der Modus Fifa Ultimate Team an, etwa mit den eigenständigen Spielerkarten und der Animation bei einer Neuverpflichtung. Sehr angenehm: Konnten im letzten Jahr Duplikats-Spieler nicht für andere Zwecke genutzt werden, könnt ihr sie nun zusammenführen und dadurch einen anderen Spieler holen.
Außerdem gibt es nun neue Agenten-Sorten und Übungsleiter sowie regelmäßige Online-Turniere, was das gesamte System unter dem Strich noch ausgereifter macht. Wie gut diese Neuerungen letztendlich greifen, kann natürlich nur eine Langzeitbetrachtung zeigen.
Natürlich könnt ihr auch ganz normal gegen andere Spieler aus aller Welt antreten, entweder in gerankten Wettbewerbs-Matches oder Spielen, die keine Auswirkungen auf die eigenen Statistiken haben. Lobenswert sind dabei die Filtereinstellungen wie die eigene Leistungsklasse oder die Einschränkung bei Netzwerkverbindungen.
Bei unseren ersten Online-Partien gegen zufällige Gegner konnten wir keinen nervigen Input-Lag feststellen, allerdings gab es bei der Verbindung hier und da minimale Stotterer bei denen das Bild für den Bruchteil einer Sekunde hängen blieb.
Grafisch verbessert
Technisch wird der ein oder andere beim Blick auf die Bilder sagen: "Das sieht ja aus wie PES 2018!". Wir sagen: Das mag tatsächlich zunächst den Anschein haben, wenn man die 18- und 19er-Varianten aber direkt miteinander vergleicht fällt sofort die deutlich verbesserte Lichtengine auf, die das Spielgeschehen noch etwas plastischer wirken lässt. Die bereits erwähnten Animationen sowie die gut wiedererkennbaren Gesichter der lizenzierten Kicker sind auf einem extrem hohen Niveau, was man vom Sound dagegen nicht unbedingt behaupten kann.
Der Kommentar von Marco Hagemann und Hansi Küpper hat hier und da zwar einige unterhaltsame Sprüche zu bieten, viel zu oft kommen die Analysen aber abgehackt oder gar ganz unpassend aus den Boxen. Die Soundwertung rettet aber immerhin die ordentliche Stadionatmosphäre mit zahlreichen wiedererkennbaren Fangesängen für die entsprechend lizenzierten Clubs.
Übersicht: Lizenzierte Ligen und Teams
Folgende Ligen sind komplett lizenziert mitsamt den entsprechenden Teams im Spiel:
- Jupiler Pro League (Belgien, neu)
- Superliga (Dänemark, neu)
- Ligue 1 Conforama (Frankreich)
- Dominos's League 2 (Frankreich)
- Eredivise (Niederlande)
- Liga NOS (Portugal, neu)
- Premjer-Liga (Russland, neu)
- Ladbrokes Premiership (Schottland, neu)
- Raiffeisen Super League (Schweiz, neu)
- Spor Tot Süer Lig (Türkei, neu)
- Superliga Quilmes Clásica (Argentinien, neu)
- Campeonato Brasileiro (Brasilien)
- Campeonato Scotiabank (Chile, neu)
- Liga Águila (Kolumbien)
Mit diesen Teams hat Konami eine Partnerschaft, es sind also auch die zugehörigen Stadien im Spiel
- FC Barcelona
- FC Liverpool
- FC Arsenal
- FC Schalke 04
- AC Mailand
- Inter Mailand
- AS Monaco
- Celtic Glasgow
- Glasgow Rangers
- Corinthians
- CR Flamengo
- SE Palmeiras
- FC Sao Paulo
- CR Vasco Da Gama
- Colo Colo
- Atlético River Plate
- Alianza Lima
- Sporting Cristal
-
CA Independiente
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