Der Kuchen mag im ersten Portal eine Lüge gewesen sein, aber beim Nachfolgespiel handelt es sich um die reine, leckere Wahrheit. Und zugleich eines der kreativ herausforderndsten Fortsetzungsvorhaben, das sich ein Spieleentwickler antun kann. Denn war der Vorgänger noch ein kleiner, feiner, überraschender Puzzle-Snack, hat Valve Portal 2 als eigenständiges Vollpreisspiel entwickelt, mit gut zwölf Stunden lang währender Story und einem neuen Koop-Mehrspielermodus. Der liebgewonnene Low-Budget-Indie wurde quasi auf Blockbuster-Format gestreckt -- klingt nach einem Rezept für Desaster, ist aber erstaunlich gutgegangen. Portal 2 baut auf dem Fundament des Vorgängers mit einigen brillanten neuen Puzzle-Elementen auf, schickt uns durch eine Vielzahl von kniffligen Testräumen, gibt Einblicke in die Außenwelt, erklärt die Geschichte von Aperture Science und beschert uns nach einigen Story-Wendungen ein herzerwärmendes Happy-End.
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Das 2007 im Rahmen der Orange Box (und später auch um ein paar Rätsel erweitert als Xbox-Live-Arcade-Download) veröffentlichte Portal war ein Testkammerspiel, bei dem wir uns in der Rolle des menschlichen Versuchskaninchens Chell unter dem wachsamen Auge der Künstlichen Intelligenz GLaDOS durch eine Reihe von Räumen tüftelten. Zentrale Bedeutung hatte dabei der Einsatz der Portalkanone, einer Wurmloch-erzeugenden Gerätschaft aus den Labors der im Half-Life-Story-Universum angesiedelten Firma Aperture Science. An bestimmten Flächen lassen sich damit Portale erzeugen, durch die man gehen, fallen oder sie als Durchreiche für andere Objekte verwenden kann. Richtig an Reiz gewinnt das Portal-Hopping durch die realistische Physik. Durch einen tiefen Fall in ein Portal sammeln wir genug Momentum, um am anderen Wurmloch-Ende mit ausreichend Karacho herauszuschießen und damit klaffende Abgründe zu überspringen. Diese Grundprinzipien werden Einsteigern in den ersten Räumen von Portal 2 schnell beigebracht, bevor weitere Komponenten dazukommen, die sich im Spielverlauf zu immer atemberaubenderen Puzzle-Konstrukten zusammenfügen. Das ringt auch Portal-Profis Ehrfurcht ab.
Das Rätselspiel mit Story
All das Puzzeln und Tüfteln wird durch eine in zehn Kapitel unterteilte Story zusammengehalten, die einen guten Spielrhythmus bietet. Zwar herrscht kein Mangel an Puzzle-Testkammern, aber diese unterbricht Portal 2 immer wieder durch Handlungsereignisse und sogar einen Ausflug an die frische Luft. Die Portal-Odyssee beginnt damit, dass wir abrupt aus einem Stasis-Tiefschlaf geweckt werden -- mit einigen Jahrhunderten Verspätung. Aperture Science ist menschenleer und befindet sich im fortgeschrittenen Verfallsstadium. Der für das Wohlergehen der Versuchskaninchen zuständige Droide Wheatley bietet sich als Fluchthelfer an. Dabei führt uns der neurotisch-nervöse, hektisch brabbelnde Roboter durch die ersten leichten Puzzle-Räume, in denen wir rasch unser einziges Hilfsmittel erbeuten, die Portalkanone. Dann sucht Wheatley nach einer Abkürzung, um uns schneller aus dem Gebäude zu leiten, und betätigt dabei versehentlich einige Sicherungen zu viel. Die Folge: GLaDOS wird wiedererweckt -- jene unheimliche Künstliche Intelligenz, die wir am Ende des Vorgängerspiels besiegt geglaubt hatten. Und die unheimlich nachtragend ist: Für den Rest unseres Lebens will sie uns testen!
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Aber keine Sorge, langwierig und eintönig geht es in Portal 2 nicht zu. Zwar serviert uns GLaDOS 22 neue Testräume, »fast wie in alten Zeiten« und angereichert mit ersten zusätzlichen Puzzle-Elementen, aber die wendungsreiche Story hat Überraschungen parat. Ein Story-Twist in der Spielmitte ist mit einem willkommenen, zwei Kapitel währenden Umgebungswechsel verbunden. Den Testkammern entkommen, erforschen wir die Außenwelt und navigieren zwischen den Industrie- und Forschungsanlagen von Aperture Science. Die sind zwar menschenleer, aber als Stimme der Vergangenheit ist Aperture-Gründer Cave Johnson zu hören, dessen Sprachaufzeichnungen abgespielt werden, wenn wir einen neuen Bereich betreten -- ein Hauch von Bioshock. Johnson macht nicht nur allerlei mehr oder weniger lustige Tumor-Humor- Bemerkungen über Experimente und Versuchsnebenwirkungen; durch seine Monologe erfahren wir auch, wie Aperture Science überhaupt unter die Kontrolle einer Computerintelligenz gelangte. Das macht das bislang recht abstrakten Portal-Universum etwas greifbarer. So angenehm die Weiten dieser Außenlevels fürs Auge auch sind, einen Nachteil haben sie: Es gibt ein paar Stellen, an denen das Entdecken des nächsten Ziels oder Ausgangs zum Suchspiel ausartet. Mit Hilfe der Zoom-Funktion erkennen wir so manche in der Ferne verborgene Portal-Platzierungsfläche. Das ist kein Ding der Unmöglichkeit, aber ansatzweise mühsam.
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