Vor langer Zeit im Wilden Westen: Zwei Revolverhelden treffen sich Schlag Zwölf, nur einer kehrt zurück. Der Gewinner ist offensichtlich der bessere Schütze - oder der aufmerksamere Kakteenflüsterer. Die stachligen Wüstenpflanzen retten im Automatenspiel Gun Fight (1975) mehr Cowboys das Leben als Knarren und Pferde zusammen und zwingen die beiden Widersacher zu clever platzierten Schüssen.
Zwei Cowboys und ein paar Kakteen: so einfach ist die Deckungs-Mechanik in Videospielen geboren. Doch sie soll sich in den nächsten Jahrzehnten stark verändern und weiterentwickeln. Wir jagen dem Deckungs-Phänomen deshalb durch die Geschichte der Videospiele nach.
Das System von Gun Fight ist so simpel wie unverwüstlich und taucht immer wieder in Spielen auf. Im Klassiker Space Invaders (1978) etwa schützen Bunker die Abwehranlagen der Menschheit, zerfallen unter Alien-Dauerbeschuss aber auch schnell in ihre Einzelteile.
Die futuristische Rolling Thunder-Reihe (1986-1993) präsentiert die Sternstunde der oft unterschätzten Tür: Im 2D-Kampf gegen maskierte Schurken entschlüpft der Spieler immer wieder Geschossen und Granaten durch die Öffnungen in der Hintergrundgrafik.
Die beiden frühen Third-Person-Shooter Cabal (1988) und Devastators (1988) ähneln sich nicht nur in ihrem Pseudo-3D wie ein Rambo-Klon dem anderen, sondern schicken ihre Helden im Kampf gegen Diktatorenschergen auch immer wieder hinter Hindernissen in Deckung. Weil die Kisten und Mauern nur ein paar Treffer aushalten, kann sich der Spieler nicht dauerhaft dahinter verschanzen, sondern muss - auch in Anbetracht des Zeitlimits - ständig vorrücken.
Der Held des Sidescrollers Blackthorne (1994) sieht zwar ebenfalls wie der Halbbruder des Bandanaträgers mit dem Bogen aus, erledigt seine Ork-Gegner (!) aber im klassischen 2D-Kampf. Beide Seiten nutzen dabei Felsen, um sich zu verstecken und vor dem Zorn des Gegenübers in Deckung zu gehen.
Zwischenfrage: Wie versteckst du dich so?
Obwohl sich der Light-Gun-Shooter Time Crisis (1994) und das inzwischen legendäre System Shock (1995) auf den ersten Blick nicht stark ähneln, werfen die beiden Spiele doch eine wichtige Frage auf: Ist nicht fast jeder Shooter ein Deckungs-Shooter? Stur im Bleihagel stehenzubleiben führt jedenfalls in keinem Vertreter des Genres zum Erfolg?
Doch nur weil wir als Spieler irgendwie Beschuss vermeiden können, wartet nicht jedes Spiel gleich mit einem echten Deckungssystem auf. Das definiert sich nämlich erst durch die handfeste Interaktion mit dem Objekt - ob durch Tastendruck oder spezielle Manöver. Beide Kriterien fehlen den Vorläufern Gun Fight und Space Invaders noch, lassen sich aber beispielsweise in Blackthorne schon erkennen.
Im Fall von Time Crisis und System Shock zeigt sich der Unterschied ebenfalls deutlich. Während ersteres den Spieler durch Druck auf ein Pedal in Deckung gehen lässt, müssen wir uns in System Shock einfach nur nahe an Wände und hinter Gegenstände bewegen, um nicht gesehen oder getroffen zu werden, und spähen die Umgebung aus indem wir uns zur Seite lehnen.
Nicht in der First-, sondern in der der Third-Person-Perspektive schleicht der Held in Metal Gear Solid (1998) auf der Playstation durch die Gänge der Foxhound-Basis. Rückt Solid Snake nahe an eine Wand, drückt er sich automatisch dagegen und kann so ungesehen um Ecken lugen. Diese Art von Deckungssystem ist zwar nicht auf den Kampf ausgelegt, verleiht dem Ganzen durch die Beliebtheit des Spiels aber weiteren Auftrieb.
Erst Winback (1999) für den N64 bietet zum ersten Mal ein eher gefechtsorientiertes System: sich hinter Objekten zu verstecken und von dort aus Gegner auszuschalten ist zwingend notwendig, um die Feindbegegnungen überhaupt zu überleben. Mit einem bloßen Tastendruck ist es im Light Gun-Shooter Police 911 (2000) nicht getan, hier gehen die Spieler in Deckung indem sie sich tatsächlich ducken - eine Besonderheit im Genre, wenn auch eine auf Dauer ziemlich anstrengende.
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