Fordernd aber nie frustrierend
Aber Otus fliegt nicht einfach nur von Gegner zu Gegner. Überall in der Welt und auf dem Weg zum nächsten Relikt warten Rätsel, die gelöst werden möchten. Die sind zwar alle nicht übermäßig kompliziert (Stift, Taschenrechner oder Google braucht hier niemand), aber die Lösung ist nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich.
So ist es zum Beispiel logisch, eine Wolke zu einem Kelch zu tragen und dort auszuquetschen, um den Kelch mit Wasser zu füllen. Wie man allerdings mit der Schrotflinte zwei Fackeln gleichzeitig anzünden soll, obwohl sie nur einen Schuss hat, verlangt schon ein bisschen mehr Knobelarbeit.
Liebenswerte Wunderwelt
Aber sogar ohne Rätsel und Kämpfe hätte Owlboy trotzdem noch einen flattrigen Platz in unserem Herzen. Denn das Design, sowohl von Otus und seinen Freunden als auch von der Welt selbst, ist einfach herzergreifend liebenswert. Das Spiel erfindet mit den typischen Settings wie der grünen Oberwelt, einer Lavawelt, einer Eiswelt und engen Tempelkorridoren das Rad natürlich nicht neu.
Dafür strotzen die Welten allerdings nur so vor Details. Hutzelgnome mit spitzen Hüten, ein Krimskramsladen, in dem jeder Zentimeter Wand vollgestellt ist, oder ein Gentleman-Fisch mit Schnurrbart und Zylinder - bisweilen vergessen wir in Owlboy vor lauter Gucken das Kämpfen.
Eulen brauchen keine Karten
Der einzige Wermutstropfen in der wundervollen Welt war die fehlende Karte. Eulen haben nämlich einen so fantastischen Orientierungssinn, dass sie keine Map brauchen. Eulen vielleicht nicht, unsere Testerin schon. Zwar wird der aktuelle Auftrag immer im Menü angezeigt, davon wissen wir aber noch lange nicht, ob wir vor dem letzten Speichern jetzt nach oben oder nach unten fliegen wollten. Ab und an hat das zu ziemlicher Verwirrung geführt.
Wenn wir jedoch viel Zeit damit verbringen, den richtigen Tunneleingang zu finden, treffen wir dabei umso mehr Nebenfiguren. Und die sind mit so viel Liebe zum Detail designt, dass keiner der Dorfbewohner dem anderen gleicht.
Der ortsansässige Forscher ist belesen und trägt ein Buch als Hut, der Eulenkommandant sieht mit seiner Kampfuniform besonders schnittig aus und der entspannte Sonderling, der mit einer Sakéflasche auf dem Kopf in einer heißen Quelle hockt, verbessert sogar unseren Gesundheitsbalken, wenn wir es nur lange genug mit ihm aushalten. Viele der NPC belohnen uns fürs Zuhören. Ein Gespräch lohnt sich also.
Die Eule mit den tausend Gesichtern
Und dann wäre da natürlich noch Otus selbst. Der Flatterkeks spricht kein Wort, ist mit seinen riesigen Augenbrauen und seiner vielfältigen Mimik so ausdrucksstark, dass er das auch gar nicht muss. Es gibt den stolzen Otus, den ängstlichen Otus, den zweifelnden Otus, den wütenden Otus, den glücklichen Otus, den nachdenklichen Otus und noch viele Otusse (?) mehr.
In Anbetracht der Beschränkungen, die der Pixelgrafikstil mit sich bringt, ist es umso erstaunlicher, wieviel Otus sagen kann, ohne überhaupt zu sprechen. Aber eigentlich ist es auch ganz gut, dass Otus nicht spricht und alle anderen nur Dialogfenster haben. So kommen der wunderschöne Soundtrack und die Stimmung der Welt viel besser durch. Gerade bei den Dialogfenstern mussten wir allerdings schmunzeln: Alle Umlaute wurden in der deutschen Fassung durch den Buchstaben X ersetzt. In den meisten Fxllen hat das aber nicht sonderlich gestxrt.
Alles in allem lebt Owlboy nicht hauptsächlich von seinen abwechslungsreichen Kämpfen oder seinen klugen Rätseln, denn die haben andere Spiele auch. Auch die charmante Pixelgrafik wurde in den letzten Jahren bis an die Grenze des Aushaltbaren ausgereizt. Das, was Owlboy einzigartig macht, ist der Eulenjunge selbst. Otus, seine Freunde und sogar seine Feinde geben dem Spiel einen ganz eigenen Charakter, von dem viele AAA-Titel nur träumen können.
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